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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Fremder. Sie hatte keinen Grund, mir zu misstrauen.
    Ich fragte: »Kennen Sie meinen Vetter?«
    »Rob Morrison? Nein, nicht dass ich wüsste.«
    »Sie hätten es bestimmt nicht vergessen, wenn Sie ihm begegnet wären - er ist ein Triathlet, hat einen unheimlich austrainierten Body.«
    Sie seufzte tief auf, die Hand auf den Busen gepresst und verdrehte die Augen. Nein, als unscheinbar konnte man sie beim besten Willen nicht bezeichnen. Ihre Augen blitzten. »Nein, bedaure. Ich kenne die Bartletts - Jilly und Paul Bartlett.«
    »Die Welt ist klein«, sagte ich und fragte mich dabei, ob meine Stimme wohl zitterte. »Ich kenne sie ebenfalls.« Ich nahm einen Löffel Kokosnusssuppe und schob nach: »Sie sind ein bisschen jünger als Jilly, also können Sie nicht zusammen studiert haben. Woher kennen Sie sie?«
    »Wir haben uns vor etwa fünf Monaten kennen gelernt, hier in der Bibliothek in Salem. Wir sind ins Gespräch gekommen. Sie war auf der Suche nach Artikeln
    über Unfruchtbarkeit. Ich schlug ihr vor, doch ins Internet zu schauen, ich würde ihr zeigen, wie das geht, aber sie sagte, mit Computern könne sie absolut nichts anfangen. Danach trafen wir uns regelmäßig ein-, zweimal pro Woche, manchmal hier, manchmal in Edgerton. Paul habe ich vor drei Monaten kennen gelernt.«    
    Ich lehnte mich an die dunkelrote Rücklehne der Plastikbank in unserer Sitznische, nahm meine Gabel und spielte damit herum. Jilly hatte Laura erzählt, sie könne nichts mit Computern anfangen? Jilly war ein wahres As, wenn’s um Computer ging, schon immer. Und was sollte dieser Blödsinn über Unfruchtbarkeit? Schließlich sagte ich: »Sie und Jilly sind also befreundet.«
    »Ja.«    
    »Und Sie waren nicht Paul Bartletts Geliebte?«
    Sie legte den Kopf schief, wobei ihr wunderschönes langes Haar ihr über die linke Schulter bis fast auf ihren Teller fiel. »Was soll das, Mr. MacDougal? Hat Jilly Sie hergeschickt? Was geht hier vor?«
    »Miss Scott, ich habe Sie angelogen. Ich bin nicht Dozent an der Willamette University. Ich habe keine blasse Ahnung von der Habsburger Monarchie, geschweige denn von der dort üblichen Heiratspolitik. Ich kam nur her, um Sie kennen zu lernen. Mein Name ist wirklich Ford MacDougal, das war nicht gelogen. Ich bin Jillys Bruder. Sie liegt im Tallshon Bezirkskrankenhaus im Koma.«
    Ihr dicker Porzellanlöffel fiel klappernd in ihre Suppenschale. Sie wurde kalkweiß. Ich fürchtete schon, sie würde gleich ohnmächtig werden. Ich war schon halb aus meiner Sitznische, bevor ich mich stoppte. Nein, ihr fehlte nichts. Ich war derjenige mit dem Dachschaden.
    »Es tut mir Leid, dass ich Sie angelogen habe, aber ich würde es immer wieder tun, egal, was ich von Ihnen
    halte.« Wenn mein Boss das gehört hätte, der hätte sich krank gelacht.
    Sie riss sich wieder zusammen. »Mein Gott, Jilly liegt im Koma? Aber das ist doch verrückt. Nein, das ist unmöglich.«
    »Wieso?«
    »Weil ich letzten Dienstagabend noch bei ihr zu Besuch war.«

7
    So blöd war ich mir nicht mehr vorgekommen, seit Mrs. Zigler, meine Englischlehrerin, mir gesagt hatte, dass Wutbering Heights kein Schicki-Micki-Distrikt von London wäre.
    Ich konnte Laura Scott nur sprachlos anglotzen wie ein Vollidiot. Endlich brachte ich meine Lippen dazu, sich wieder zu bewegen. »Sie waren Dienstagabend bei Jilly und Paul?«
    »Ja, es war eine Art Party, zumindest haben es die beiden so bezeichnet. Ich musste früh wieder weg, deshalb weiß ich nicht, was danach noch war.«
    »Wer war alles auf dieser Party?«
    »Na ja, bloß Paul, Jilly und ich. Wie ich es verstanden habe, sollten später noch andere Leute kommen. Ich bin, wie gesagt, schon recht früh gegangen. Grubster - Sie wissen schon, mein Kater - war krank, und ich musste ihm seine Medizin geben. Ach, das ist nicht weiter wichtig. Was ist mit Jilly? Wie ist das passiert? Wird sie wieder gesund?«
    »Sie liegt im Koma. Keiner kann sagen, ob und wie sie sich davon erholt.«
    »Aber was ist passiert?«
    »Sie ist mit ihrem Porsche über eine Klippe ins Meer gerast, das an dieser Stelle etwa sechs Meter tief ist. Ein Polizist hat sie rausgezogen. Sie hat mir vor kurzem gesagt, dass Sie sie betrogen hätten. Was meinte sie damit?«
    Sie schüttelte den Kopf, wobei ihre Haarmähne wieder gefährlich nahe ans Chicken Satay geriet. »Komisch. Wieso sollte sie so was sagen? Deshalb sind Sie also zu mir gekommen? Um festzustellen, ob ich Ihre Schwester betrogen habe? Ich weiß nicht, wovon Sie

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