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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Jillys Zimmer war mittlerweile voller Leute. Maggie und Paul waren vor einer knappen Viertelstunde eingetroffen. Ich sah, dass Dr. Coates nun auch Paul die Hand schüttelte. Er nickte Laura Scott zu und sagte dann zu Maggie: »Sheriff, ich schlage vor, Sie gehen jetzt alle nach Hause. Mrs. Bartlett wird bis morgen tief und fest schlafen. Gehen Sie nach Hause.«
    »Aber was ist, wenn sie nicht wieder aufwacht?«, fragte ich zutiefst beunruhigt. Mir war alles andere als wohl gewesen, als ihr vorhin dann doch die Augen zugefallen waren und der Kopf zur Seite gerollt war.
    »Keine Sorge«, erklärte Dr. Coates. »Was das betrifft, da kenne ich mich aus. Ein Koma ist wie ein Alptraum. Sobald man einmal aufgewacht ist, ist es vorbei. Es mögen zwar ein paar Erinnerungen an den Alptraum oder das Koma Zurückbleiben, aber er kommt nur äußerst selten wieder, glauben Sie mir.«
    Da widersprach Maggie: »Sie täuschen sich, Doktor. Alpträume kommen durchaus wieder.«
    Aber Dr. Coates zuckte nur mit den Achseln. »Sorry, der Vergleich hinkt wohl ein wenig. Sollte mir einen neuen einfallen lassen.«
    »Trotzdem ist es eine großartige Neuigkeit«, sagte Maggie und schüttelte ihm erneut die Hand. Zu Laura sagte sie: »Warum kommen Sie nicht mit zu mir? Es ist schon ziemlich spät.«
    »Nein, danke, Sheriff, nett von Ihnen«, entgegnete Laura. »Aber mein Kater braucht seine Medizin. Außerdem muss ich morgen arbeiten.« Sie ging auf Paul zu, und ich fragte mich, ob sie ihm wohl eine scheuern würde. Nein. Sie musterte ihn bloß ein paar Sekunden stirnrunzelnd, dann trat sie zurück und verließ das Zimmer. Ich war ihr sofort auf den Fersen. Über die Schulter sagte ich noch zum Arzt: »Bin gleich wieder da.«
    Ich wartete, bis wir außer Hörweite des Zimmers waren, dann hielt ich Laura an der Hand fest, damit sie stehen blieb. Ich zog sie in eine Fensternische. »Sie sagten, Sie hätten nicht mit Paul geschlafen. Entweder sind Sie eine bemerkenswerte Schauspielerin und Lügnerin oder Sie haben wirklich nicht mit ihm geschlafen.«
    »Ich bin eine ganz brauchbare Schauspielerin und Lügnerin, wenn’s die Umstände erfordern. Noch einmal, Mac: Ich hatte nie was mit Paul. Ich kann mir gar nicht vorstellen, mit Paul zu schlafen.«
    Ich glaubte ihr, was nur noch mehr Fragen aufwarf.
    »Fragen Sie Paul.«
    »Ja, das werde ich.« Ich zwang mich, mich von ihr abzuwenden und trat ans Fenster. Von dort blickte ich zu dem finsteren, wolkenverhangenen Himmel hinaus. Eine
    Gruppe von Föhren säumte den großen Parkplatz und bog sich im auffrischenden Nachtwind. Es war stockfinster.
    Ich hörte, wie sie hinter mich trat, konnte sie fühlen. Sie vibrierte vor Lebendigkeit. Wie sie sich wohl anfühlen mochte, wenn ich sie anfassen würde, richtig anfassen?
    »Gute Nacht, Mac. Ich bin froh, dass Jilly aufgewacht ist.« Sie tätschelte flüchtig meine Wange, wandte sich um und ging. Ich sah ihr nach, wie sie die Glastüren aufstieß und sich durch eine kleine Gruppe von Krankenhauspersonal drängte, das gerade seinen Dienst beendet hatte, sowie einige späte Besucher. Ich konnte einfach nicht anders. Ich rannte hinter ihr her, streckte schon die Hand aus, um sie aufzuhalten, da drehte sie sich plötzlich zu mir um und sagte: »Wenn ich den Sheriff richtig verstanden habe, dann sind Sie vom FBI. Sie arbeiten für die Regierung. Maggie sagte, Sie seien hergekommen, um ihr dabei zu helfen, herauszufinden, was Jilly in jener Nacht zugestoßen ist. Fragen Sie sie. Finden Sie’s raus. Und dann sagen Sie’s mir bitte. Was Paul betrifft, können Sie mir getrost glauben. Um ehrlich zu sein, bin ich lange keinem Mann mehr begegnet, mit dem ich mir vorstellen könnte, ins Bett zu gehen. Außer vielleicht mit Ihnen. Gute Nacht. Grubster wartet auf mich. Und Nolan knabbert sich vermutlich schon durch seine Käfigstäbe.«
    »Ist wohl schon lange auf diesen Pillen«, rief ich ihr hinterher.
    »Sind Sie jetzt auch noch ein Tierarzt? Geben Sie’s auf, Mac. Ich komme morgen wieder, um Jilly zu besuchen.«
    »Wieso hat Paul Sie nicht angerufen und Ihnen erzählt, was mit Jilly passiert ist?«
    »Woher soll ich das wissen?«, rief sie zurück, ohne sich umzudrehen oder stehen zu bleiben. »Fragen Sie ihn doch selber. Er ist schließlich Ihr Schwager, oder nicht? Kennen Sie ihn denn gar nicht?«
    Ich ließ sie gehen. Was hätte ich auch tun sollen? Mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern eilte sie zu ihrem Auto. Sie schaute sich kein einziges Mal um. Ich

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