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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Midge.
    »Sie schläft, Mr. MacDougal«, sagte Mrs. Himmel leise und zog Jilly sanft die Decke bis ans Kinn. »Es geht ihr gut. Ihr Puls und ihre Atmung sind in Ordnung. Lieber Gott, es ist herrlich zu erleben, wie sich ein Patient so rasch erholt. Sie ist im Nu wieder auf den Beinen, Sie werden sehen. Und jetzt sollten Sie nach Hause gehen und sich in Ihr Bett legen. Sie sehen ein klein bisschen zittrig ums Kinn aus.«
    »Ja, mein Kinn könnte etwas Schlaf vertragen.«
    Sie lächelte mich nur an.
    Na ja, sie hatte ja Recht. Aber ich wollte noch so viel von Jilly erfahren. Doch das konnte warten. Ich wäre ja blöd, wenn ich mich so herunterwirtschaften würde, dass ich wieder auf der Nase läge. Die Leute, die ich Freunde nannte, würden mir das nie verzeihen. Ich konnte Quinlan, einen FBI-Kollegen, richtig hören, wie er mich mit seiner Bassstimme einen Waschlappen schimpfte. Zwanzig Minuten später stellte ich meinen Wagen in der Auffahrt vor Paul und Jillys Haus ab und ging hinein. Ich zog mich aus bis auf die Boxershorts und lag schon fünf Sekunden später in den Federn.
    Ich träumte, ich wäre Kellner in einem Nachtclub, mit einem weißen Geschirrtuch über dem Arm und einem vollen Tablett in der Hand, aber ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, wer was bestellt hatte. Also wanderte ich ziellos in diesem riesigen Raum umher und suchte und suchte, bis ich fast den Verstand verlor. Überall im Raum standen runde Stehtische, um die sich Menschen drängelten. Jilly war ebenfalls da und steppte zwischen den Tischen herum wie ein Profi-Stepptänzer. Die Leute pfiffen ihr anerkennend zu und klatschten. Bis auf ihre Stepptanzschuhe war sie splitternackt. Ein Mann, dessen Gesicht ich nicht erkennen konnte, rannte mit einem schwarzen Mantel hinter ihr her, ja, wedelte aufgeregt damit herum.
    Als ich aufwachte, war es fast neun Uhr morgens. So gut hatte ich nicht mehr geschlafen, seit das mit der Autobombe passiert war. Zum ersten Mal fühlte ich mich beinahe wieder normal. Ich streckte mich und dehnte meine Muskeln. Beim Rasieren lächelte ich mich sogar an. Gott sei Dank, ich sah nicht mehr aus wie Haferschleim.
    Paul war nicht zu Hause. Wahrscheinlich war er schon wieder zu Jilly ins Krankenhaus gefahren. Ich konnte ja dort mit ihm reden.
    Eine halbe Stunde später war ich ebenfalls dort.

8
    Als ich um die Ecke zum Warteraum im dritten Stock bog, hörte ich Maggie Sheffields Stimme. »Alles, was ich dir sagen kann, Cotter, ist, dass Charlie Duck einen Schlag auf den Kopf bekommen hat und gestorben ist, kurz nachdem er es noch geschafft hatte, zu DocLambert rüberzukriechen.«
    »Und wer hat’s getan? Gibt’s denn gar keinen Hinweis auf den oder die Täter?«
    »Ich kann dir nur so viel sagen: Ich verstehe nicht, wie man einen harmlosen alten Mann wie ihn ermorden konnte. Wir sind doch hier nicht in Salem oder Portland, verdammt noch mal. Das hier ist Edgerton, ein Kaff, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Ich weiß nicht, ob hier je schon mal ein Mord geschehen ist, aber irgendjemand hat Charlie Duck getötet und dann sein Haus durchsucht.«
    Ich trat ins Wartezimmer und sah den Sheriff im Gespräch mit einem jungen Mann, den ich nie zuvor gesehen hatte. Er war etwa in meinem Alter, eher klein und ziemlich bullig gebaut - unübersehbar ein Bodybuilder. Er hatte auf den ersten Blick etwas Gefährliches. Schon seltsam, dass ausgerechnet ich das dachte, aber es war so. Ich verabscheute den Kerl auf Anhieb.
    »Cotter Tarcher«, sagte der Miniatur-Schwarzenegger und nickte mir gnädig zu. »Sie sind Jillys Bruder?«
    »Stimmt. Ford MacDougal. Und Sie sind Cals Bruder?«
    »Ach ja, hab ganz vergessen, dass Sie Cal schon kennen gelernt haben. Sie hat Sie ja alle drei in Pauls Haus angetroffen. Sie kommen doch zur Party heute Abend? Miss Geraldine hat Geburtstag, und den feiern wir jedes Jahr. Meine Alten haben sich entschieden, die Feier trotz Charlies Tod nicht abzublasen.«
    »Es war Mord, Cotter«, warf Maggie ein.
    »Um ehrlich zu sein, die Party hatte ich ganz vergessen«, meinte ich. »Jilly ist raus aus dem Koma. Alles, woran ich gedacht habe, ist sie.« Cotter Tarcher sah richtig finster aus, ein finsterer kleiner Pitbull mit struppigen schwarzen Haaren und einem dunklen Bartschatten auf der James-Cagney-Visage. Ich wette, die Frauen witterten die Gefahr in ihm und fühlten sich davon angezogen. Aber wenn sie nur ein bisschen Verstand hätten, wären sie vor ihm auf der Hut. Cal hatte gesagt,

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