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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Zu primitiv.«
    Ich folgte ihr durch das Gedränge. Es mussten inzwischen mindestens fünfzig Leute anwesend sein, alle in völlig unterschiedlichem Alter und alle festlich herausgeputzt. Alle schienen sich prächtig zu amüsieren, bedienten sich kräftig am Büffet, einem fast sieben Meter langen, fein gedeckten Tisch, der sich geradezu unter der dargebotenen Speisenvielfalt bog - Austern Rockefeller, Fischfilets in Zitrone, Nudeln mit Pesto und sonnengetrockneten Tomaten und vieles mehr.
    Die Küche war die Kommandozentrale. Ohne ihre Schritte zu verlangsamen, schlüpfte Cal zwischen dem wimmelnden Partypersonal hindurch zu einem riesigen Kühlschrank, in dem sie für eine Weile verschwand. Als ihr Oberkörper wieder auftauchte, hatte sie zwei Dosen Coors in der Hand. »Cotter war vor uns da. Das ist alles, was noch übrig ist. Na ja, in der Garage wäre zur Not noch ein Sixpack.«
    »Danke, das ist herrlich«, sagte ich, öffnete meine Dose und prostete ihr wortlos zu. Ich liebe Bier.
    »Wie alt ist Cotter?«
    »Er ist achtundzwanzig, zweieinhalb Jahre älter als ich. Ich weiß, ich sehe nicht älter aus als achtzehn, aber das bin ich nicht. Sie fragen sich sicher, warum wir in unserem Alter noch zu Hause wohnen.«
    »Stimmt. Aber ich bin nicht so unhöflich, zu fragen.«
    »Aber unhöflich genug, mich zu fragen, ob ich auf Jilly eifersüchtig bin, ja? Wie kommen Sie bloß auf so eine Idee?«
    »Hab so was gehört. Wieso wohnen Sie und Cotter noch zu Hause?«
    Sie lachte, nahm einen Schluck Bier und führte mich dann aus der lauten, chaotischen Küche in ein kleines Hinterzimmer, eine Art Bibliothek, wie es aussah. Sie war leer, und es war finster darin. Cal schloss die Tür und knipste eine kleine Tiffany-Schreibtischlampe an.
    Sie stellte ihr Bier auf dem Schreibtisch ab und blickte mich dann an. »Tja, Jilly irrt sich. Ich bin nicht eifersüchtig auf sie. Ehrlich gesagt wollte ich sie sogar malen. Aber sie hat mich andauernd vertröstet.«
    »Paul und Maggie erwähnten, dass Sie Künstlerin sind. Was malen Sie denn so?«
    »Na ja, meist Landschaften, aber Gesichter interessieren mich auch sehr. Jilly hat unglaubliche Wangenknochen. Die möchte ich malen und auch ihre Augen. Ihre Augen sind der Schlüssel zu ihrer Persönlichkeit. Bei Ihnen ist es dasselbe, Mac. Sie haben wunderschöne Augen. Dunkelblau, wie eine stürmische Nacht. Romantische Augen.«
    »Mir kommt gleich das Bier hoch.«
    Da versteinerte sie, schüttelte sich kurz, wie um aufzuwachen und schenkte mir ein strahlendes Lächeln. Ein ziemlich falsches Lächeln. »Wie fühlen Sie sich? Sie sehen kräftiger aus, fitter als gestern.«
    »Ich fühl mich prima.«
    »Cotter lebt noch zu Hause, weil Vater es so will. Er möchte, dass Cotter alles über seine Geschäfte lernt. Er hat Cotter zwar erlaubt, auf die UCLA zu gehen, ja hat ihn sogar dazu gedrängt. Cotter hat in nur vier Jahren seinen MBA in Wirtschaftswissenschaften gemacht. Das Problem ist nur, ich glaube nicht, dass Vater Cotter je für kompetent genug hält, die Geschäfte zu übernehmen. Er muss schon sterben, bevor Cotter zu irgendwas kommt. Na ja, Cotter jedenfalls glaubt, dass mein Vater ewig lebt.«
    »Cotter will also raus aus dem allem?«
    »Nein, Cotter will alles übernehmen; er will ans Ruder. Ich hab ihm schon gesagt, dass ein Zwerg wie er es schwer haben wird. Er sollte sich doch wenigstens Plateauschuhe kaufen, vielleicht hilft das ja. Große Männer wie unser Vater oder wie Sie, die respektiert man. Cotter sieht außerdem aus wie ein Zigeuner. Oder wie ein Gangster. Viel zu finster.«
    »Und was sagt Cotter dazu?«, erkundigte ich mich interessiert.
    »Ich glaube, er hat sich Plateauschuhe von einem Versandhaus schicken lassen. Vielleicht hat er sie ja im Moment sogar an, ich weiß nicht. Aber er sieht trotzdem aus wie ein Gangster. Da kann er machen, was er will.«
    »Sie sind ja auf einmal so mitteilsam, Miss Tarcher. Was bedeutet Cal eigentlich?«
    »Das wollen Sie gar nicht wissen, glauben Sie mir.« Sie machte zwei Schritte auf mich zu und legte ganz langsam ihre Hände auf meine Brust. »Es steht für Calista. Ich mag dich, Mac.«
    Ich ergriff ihre Hände und zog sie sanft weg. »Danke. Also ich finde Calista gar nicht so schlecht, aber Cal ist besser. Viel natürlicher. Ich weiß nicht, was ich von Ihnen halten soll, Cal. Ich glaube, die Fassade, die Sie der Welt zeigen und wie diese Welt darauf reagiert, muss Sie köstlich amüsieren.«
    Sie entzog mir ihre Hände und

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