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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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von Elaine Tarcher war, wenn sie mich anspringt, würde ich auch nicht länger zögern als bei ihrer Tochter. Die Frau war nicht mal annähernd so alt wie ihr Mann. Ich wusste, dass sie mindestens Ende Vierzig sein musste, wenn man Cotters Alter in Betracht zog, aber das sah man ihr schlichtweg nicht an. Ich fand überhaupt nichts Bemitleidenswertes an ihr. Vielleicht hatte Elaine Tarcher ja einen besonders guten Schönheitschirurgen, aber falls das der Fall war, dann konnte man wahrhaftig nichts dagegen haben. Am Resultat gab’s jedenfalls nichts auszusetzen. Sie sah aus wie Mitte Dreißig, keinen Tag älter. Sie trug ein schwarzes Cocktailkleid, hauchdünne schwarze Seidenstrümpfe und zierliche schwarze Sandalen mit hohen Pfennigabsätzen. Sie hatte das gleiche dichte braune Haar wie Cal, das sie jedoch in einem modischen, flotten Kurzhaarschnitt trug, der sehr gut zu ihr passte. Sie wirkte damit sowohl natürlich als auch elegant. Mindestens ein halbes Dutzend Männer standen um sie herum, und sie ließ sich von ihnen bewundern. Ich hörte sie lachen, ein charmantes Lachen, voll und tief und sehr intim. Ich fand überhaupt nicht, dass sie irgendwie lächerlich wirkte.
    Alyssum Tarcher rief nach Maggie. Sie zuckte mit den
    Schultern, drückte meine Hand und ließ mich stehen. Ich beschloss, Elaine und ihren Zirkel von Kavalieren zu beobachten.
    »Meine Mutter wird gewöhnlich für dumm und oberflächlich gehalten, ein schmückendes Anhängsel, nichts weiter, aber das stimmt nicht.«
    Ich lächelte Cal Tarcher an, die lautlos neben mich getreten war. Ihre Augen waren kein bisschen mehr verklärt. Sie war wieder ganz Fräulein Mauerblümchen, hatte eine scheußliche schwarze Bluse gegen eine andere scheußliche schwarze Bluse eingetauscht. Auch die Brille saß ihr wieder ordentlich auf dem Näschen. Die Bluse musste sie wechseln, weil ich ihre zerrissen hatte. Bloß schade, dass sie einen unerschöpflichen Vorrat von den Dingern zu besitzen schien.
    »Stell mich bitte vor, Cal.«
    Sie blickte einen Moment lang schweigend zu mir auf und sagte dann: »Ich wünschte, du würdest nicht bei Paul wohnen.«
    Ich konnte fühlen, wie sie sich aufgebäumt hatte, um mich noch tiefer in sich aufzunehmen und schluckte. »Das wünschte ich auch, aber daran lässt sich nun mal nichts ändern.«
    »Der alte Charlie Duck hat meine Mutter heiß verehrt. Sie wird morgen auf seiner Beerdigung auch etwas sagen. Du kommst doch? Das ist ihr einziges Gesprächsthema heute Abend. Sie redet nur über diesen Mord. Hat sie ganz schön aus der Fassung gebracht.«
    »Sicher komme ich. Vielleicht kann Jilly ja auch kommen.«
    »Wann fährst du wieder? Nach Washington zurück?«
    »Ich weiß nicht«, entgegnete ich. »Vielleicht bleibe ich noch ein paar Tage.« Ich dachte an Laura und verspürte auf einmal heftige Gewissensbisse, weil ich mit Cal geschlafen hatte. Ich wusste, dass das lächerlich war, aber ich konnte nicht anders.
    Dann lernte ich Elaine Tarcher und alle ihre versammelten Verehrer kennen, außerdem auch Miss Geraldine, die Ligavorsitzende und Bürgermeisterin von Edgerton. Sie war eine herausgeputzte alte Schachtel mit einer messerscharfen Zunge und blassblauen Augen, denen nichts entging. Sie tönte: »Also, mein Junge, Sie sind hierher gekommen, um herauszufinden, was mit Ihrer Schwester passiert ist. Tja, jetzt wissen Sie’s. Sie ist in einer Kurve ins Schleudern gekommen und mit ihrem Porsche über eine Klippe gerast. Ich habe Jilly mindestens ein Dutzend Mal gesagt, sie soll vorsichtiger sein, aber sie sang immer nur und wollte nichts hören. Wie ich hörte, geht es ihr wieder gut. Das freut mich.«
    »Genau so hat es Jilly auch geschildert«, bemerkte ich.
    »Wie lange wollen Sie in Edgerton bleiben?«
    »Geraldine, du gibst Mr. MacDougal ja das Gefühl, nicht willkommen zu sein, und das stimmt nicht«, bemerkte Elaine Tarcher vorwurfsvoll. Das war das erste Mal, dass sie sich zu Wort meldete, seit ich mich dem Grüppchen angeschlossen hatte. Bis dahin hatte sie mich aufmerksam gemustert, mich still einzuschätzen versucht. Von Herumflirten war keine Spur. Ich fragte mich, ob sie mich als potentiellen Kandidaten für ihre Tochter sah. Als ihr Mann zu uns herantrat, rückte die Kavalierstruppe wie beiläufig ein wenig in den Hintergrund.
    Alyssum nickte seiner Frau zu und drückte dann einen Kuss auf Miss Geraldines schlaffe Wange. »Du hast unseren Gast bereits kennen gelernt, Geraldine?«
    »Scheint ein ordentlicher Junge

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