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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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was ist los?«
    Ich hörte nicht auf, im Wohnzimmer umherzulaufen. »Ich muss gehen«, sagte ich. Ich musste raus hier, an die frische Luft. Was zum Teufel war nur los mit mir? Blöde Frage, ich wusste genau, was los war. Ich hatte mich permanent überanstrengt, und das rächte sich jetzt. Eine solch betäubende Müdigkeit hatte ich seit über einer Woche nicht mehr verspürt, bis jetzt. Ich wusste, ich sollte Laura noch weiter unter Druck setzen, aber mir fiel beim besten Willen nicht ein, was ich sie sonst noch fragen könnte.
    »Bis später, Laura«, sagte ich und ging. Ich hörte, wie sie meinen Namen rief, sah mich aber nicht um. Nolan krächzte mir auch noch hinterher.
    Ich rollte sämtliche Wagenfenster herunter, suchte mir eine Rock-’n’-Roll-Station im Autoradio und drehte voll auf. Ich hielt sogar an einem McDonald’s an, um mir noch einen Kaffee zu kaufen.
    Ich sang lauthals »King of the Road«, und als ich den Text nicht mehr wusste, summte ich mit, so laut ich konnte. Ich konnte meine Augen kaum offen halten. Immer wieder schlug ich mit der Stirn aufs Lenkrad. Dreioder viermal kam ich von der Straße ab und bekam einen Riesenschrecken, doch immer gelang es mir, den Wagen wieder auf die Fahrbahn zu lenken. Einmal raste ich beinahe in einen entgegenkommenden Laster und glaubte schon, mein letztes Stündlein hätte geschlagen. Seine Hupe dröhnte mir im Kopf. Der Schreck klärte mir einen Moment lang den Verstand. Doch dann war sie wieder da, diese überwältigende, alles verschlingende Müdigkeit.
    Ich wusste, dass ich es nicht mehr bis Pauls Haus schaffen würde. Mir brach der Schweiß aus, wenn ich daran dachte, dass ich vorhin, mit dem Laster, beinahe ins Gras gebissen hätte. Das Krankenhaus, dachte ich. Ja, bis zum Krankenhaus konnte ich’s schaffen. Es waren bis dahin nur noch sechs, sieben Minuten. Es gelang mir, den Wagen einigermaßen auf meiner Seite der Fahrbahn zu halten. Nur etwa ein halbes Dutzend entgegenkommender Fahrzeuge hupten mich an. Endlich, ich konnte es kaum glauben, dass ich es geschafft hatte, lenkte ich den Wagen in die Auffahrt zur Notaufnahme, wobei ich noch einen Busch mitnahm. Ich sah noch, wie meine Finger versuchten, den Motor abzuschalten, es aber nicht mehr schafften. Dann sackte ich vollkommen kraftlos zusammen. Und weil mir keine andere Wahl blieb, ließ ich mich versinken.
    Komisch, aber das Letzte, was ich hörte, war eine Hupe, laut dröhnend, dicht an meinem Ohr.

12
    »Aufwachen, Mac. Los jetzt, wachen Sie auf, das geht schon.«
    Ich wollte nicht. Zu mühsam. Schlafen, einfach schlafen. Wieder drang die Stimme in mich, leise und insistierend. Ich kannte diese näselnde Stimme von irgendwoher, und ich konnte sie nicht ausstehen. Ich bekam Schädelweh davon. Endlich gelang es mir, etwas zu lallen: »Hauab.«
    Die näselnde Stimme befahl: »Nichts da. Kommen Sie, Mac, machen Sie die Augen auf. Zeigen Sie mir, dass Sie noch leben.«
    »Sicherlebich«, nuschelte ich wütend. Es reichte mir jetzt langsam. Wenn ich den Arm hätte heben können, dann hätte ich diese nervige Stimme ganz bestimmt zum Schweigen gebracht. »LassmichinRuh.«
    Ich hörte, wie der Mann kurz mit jemandem sprach. »Hauen Sie ihm ein paar runter«, sagte eine Frau. Es war Mrs. Himmel.
    >Hauen Sie ihm ein paar runter< - typisch Frau. »Nee«, krächzte ich, »bitte nicht schlagen.«
    »Wird schon; er kommt schon«, näselte die nervige Stimme, und ich hätte schwören können, dass ich den Atem des Mannes auf meiner Haut spürte. Auf meiner Haut? Was sollte das nun wieder heißen? Ich fühlte etwas Eiskaltes auf meiner nackten Brust. Wo zum Teufel war mein Hemd? Warum hatte ich es nicht an?
    »Lebensfunktionen sind stabil«, bemerkte nun ein anderer Mann. Seine Stimme kannte ich überhaupt nicht. »Ja, jetzt wacht er auf.«
    Das nervte mich noch mehr, dass dieser Löffel nun auch noch seinen Senf dazugeben musste.
    »Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Dreck«, knurrte ich. »Niemand hat Sie gefragt.«
    Der mit der nasalen Stimme lachte. »Wird noch ein Weilchen dauern, bis er wieder ganz da ist. Lassen Sie ihm noch ein bisschen Zeit. Er macht sich ansonsten prima.«
    »Ja«, pflichtete ich der Näselstimme bei. »Machen Sie, dass Sie weiterkommen.« Dann öffnete ich die Augen und starrte ins Gesicht von Dr. Sam Coates, Jillys Arzt mit der nervigen Näselstimme.
    »Ahh«, sagte er und lächelte auf mich herab. »Da sind Sie ja wieder. Können Sie mich verstehen, Mac?«
    »Ja, sicher kann ich

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