Wo niemand dich sieht
einem Gruselfilm. Fehlte bloß noch, dass irgendwo ein Werwolf heulte.
In diesem Moment hörte ich etwas, ein Rascheln, links von mir, auf der Landseite, dann bewegte sich etwas, wie schwere Schritte, dann Stille, dann raschelte es erneut.
Ich wartete reglos, mit angehaltenem Atem. Nichts. Als ob das, was sich mir nähern wollte, angehalten hätte. Ich wartete noch ein wenig länger, dann noch länger. Immer noch nichts. Allmählich fragte ich mich, ob mir meine Sinne nicht einen Streich gespielt hatten. Ich sah tatsächlich schon überall Werwölfe.
Mir fiel ein, wie Cal gesagt hatte, sie würde sich nachts nie auch nur in die Nähe des Friedhofs wagen, dass die Bäume nach einem greifen wollten, dass sie sich unter der Erde mit ihren Wurzeln um die Särge schlangen und sie zerdrückten. Damals hatte ich es für verrückt gehalten. Aber jetzt hörte ich auch schon unheimliche Geräusche und machte mich selbst verrückt. Schluss damit.
Ich spazierte zu den Klippen und starrte über das unbewegte, tintenschwarze Meer. Es erstreckte sich unendlich weit, weiter als die tief hängenden grauen Wolken, die einen austricksten; man hatte den Eindruck, dass das Wasser einfach in ihnen verschwand. Nach Norden und Süden blickend, konnte ich die Küstenlinie erkennen -Nebelschwaden zogen über das Treibholz, das sich in unregelmäßigen Haufen auf dem felsigen Strand angehäuft hatte. Schwarze Felsen ragten wie missgebildete Wächter aus den Fluten, einzeln und in Gruppen, auch direkt unter mir, wo sich das Wasser schäumend an ihnen brach, wieder und wieder, ohne Rast und Ruh. Ich überlegte, wie es wäre, immer hier zu leben. Würde ich Frieden finden oder verrückt werden?
Ich wandte mich um, verharrte einen Moment, um mich wieder in den Griff zu bekommen, und ging zur Hütte zurück. Seagull Cottage lag am Ende eines gewundenen Feldwegs, der sich in südwestlicher Richtung bis zu den Klippen und zu diesem Häuschen schlängelte. Die Straße, von der dieser Weg abzweigte, lag nur etwa eine halbe Meile entfernt, doch konnte ich sie in der Dunkelheit und bei diesem Wetter nicht entdecken. Keine Scheinwerfer zu sehen, nicht mal in der Ferne. Ich überprüfte die Fenster der Hütte und blickte nach Süden, zu den kahlen Hügeln, die sich erstreckten, so weit das Auge reichte. Jeder konnte über diese öde Landschaft zu unserer Hütte gelangen. Das gefiel mir nicht. Unwillkürlich fragte ich mich, ob wir nicht die größten Hornochsen von ganz Oregon waren, uns hier direkt unter Tarchers Nase einzunisten. Ich setzte mein Leben aufs Spiel, aber, und das war noch viel wichtiger, Lauras ebenfalls. Ich schüttelte den Kopf. Nein, kneifen kam nicht in Frage. Für Laura sicher auch nicht.
Ich blickte die Hütte an. Alle Fenster waren verschlossen, die ausgebleichten Karovorhänge waren zugezogen. Mehr konnte ich nicht tun.
Ich hatte wieder Kopfschmerzen. Kein Wunder. Mein Körper fühlte sich an, als wäre er mit einer Abrissbirne zusammengeprallt. Ich war so müde, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Aber innerlich war ich ganz kribbelig.
Als ich das kleine Schlafzimmer betrat, stand Laura in einem langen Nachthemd neben dem Bett und schaute mich an.
»Hi«, sagte sie mit voller, kehliger Stimme. Es hörte sich unglaublich sexy an. Mit wenigen Schritten war ich bei ihr. Sie schmiegte sich an mich, hob ihr Gesicht zu mir auf und küsste mich auf den Mund.
Meine Müdigkeit war wie weggeblasen. Ich kannte diese Frau erst seit wenigen Tagen und doch begehrte ich sie mehr, als ich je eine Frau begehrt hatte. Es gab keine Lügen mehr zwischen uns. Keine einzige.
Meine Hände waren überall, in ihrem Haar, ach, ihr Haar. Ich vergrub mein Gesicht darin, meine Finger, ich strich über ihren Rücken, umfasste ihren Po und drückte sie an mich.
»Das ist doch verrückt«, schnaufte ich und lächelte in ihr wunderschönes Gesicht, das jetzt förmlich glühte. Sie rang nach Luft, war ebenso erregt wie ich.
»Dann brauche ich mich ja nicht zurückzuhalten«, raunte sie, biss mich ins Ohrläppchen, hakte dann ihr Bein um mein Knie und stieß mich rücklings aufs Bett. Anschließend ließ sie sich auf mich fallen, küsste mich, riss ungeduldig an meinen Haaren, wollte mehr. Auch ich küsste sie lachend. Gott, ich hätte Bäume ausreißen können, so gut fühlte ich mich auf einmal.
Innerhalb von Sekunden hatte ich mich entkleidet und ihr das Nachthemd über den Kopf gezogen und in eine Ecke gepfeffert. »O Gott, ich
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