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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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lag in ganzer Pracht auf dem Rücksitz, die Schnauze an Nolans Käfig gedrückt.
    Selbst Tarchers kitschiges Zuckerschlösschen sah in diesem Regen trübe und traurig aus. Na ja, was soll’s, dachte ich und sprintete vom Auto zur Tür. Dort drehte ich mich noch einmal um und bedeutete Laura, im Wagen zu bleiben, was sie auch tat.
    Dann wurde mir klar, wie schutzlos sie dort war. Ich rannte durch das Sauwetter zurück zum Wagen, machte die Tür auf, zog meine SIG-Sauer aus dem Schulterhalfter und reichte sie ihr. »Halte sie griffbereit«, sagte ich und schlug die Tür wieder zu.
    Ein Dienstmädchen in Sweatshirt und Jeans ließ mich ins riesige Foyer und bat mich zu warten. Besser, ich tropfte hier auf den glänzenden Marmorboden als drinnen im Wohnzimmer aufs sündteure Parkett.
    Cotter Tarcher tauchte pfeifend aus der im hinteren Teil des Hauses gelegenen Küche auf. Er blieb wie angewurzelt stehen, als er mich sah.
    »Was ist? Haben Sie Jilly gefunden?«
    »Nein. Ich bin hier, um den Schlüssel zum Seagull Cottage abzuholen. Ihr Vater hat uns, mir und Laura, erlaubt, ein Weilchen da zu wohnen.«
    »Warum?«, fragte er und verfolgte dabei, wie ich auf den Boden tropfte. Er trug eine Jogginghose und Turnschuhe. Und er war knochentrocken. Ich ignorierte seine Frage. »Arbeiten Sie und Ihr Vater beide zu Hause?«
    »Meistens schon. Ich mach gewöhnlich so gegen fünf Schluss und gehe entweder in den Fitnessraum oder zum Joggen. Warum wohnen Sie und Laura Scott in unserem Cottage?«
    »Weil man versucht hat, sie umzubringen, und mit mir zusammen ist sie dort sicherer, als ganz allein in Salem. Ein bisschen feucht zum Joggen, nicht?«
    »Ja. Wollte gerade in den Keller und mich an die Eisen machen. Wo ist Laura Scott?«
    »Im Auto.«
    »Kennt sie Jilly?«
    »O ja, sie kennt Jilly sehr gut.«
    Da kam Alyssum Tarcher rechts von mir die Treppe hinunterstolziert. Er wirkte arrogant und intelligent. Seine Augen funkelten in diesem Moment vielleicht sogar noch härter als die seines Sohnes. Er kam mir irgendwie größer als gestern Abend vor.
    »Agent MacDougal«, sagte er und schüttelte mir die Hand. »Hier ist der Schlüssel zum Seagull Cottage. Ich habe dafür gesorgt, dass alles sauber ist und, angesichts dieses Wetters, auch dafür, dass die Heizung funktioniert. Und das Telefon. Diese Laura Scott ist also bei Ihnen?«
    »Ja, sie wartet im Auto auf mich. Da man versucht hat, sie umzubringen, trägt sie jetzt immer meine Waffe bei sich.« Ich hätte wohl Grubster und Nolan erwähnen sollen, aber bei Vermietern wusste man nie, und ich wollte nicht, dass ihm die Haustiere einen Vorwand boten, uns gleich wieder rauszuschmeißen. Ich bedankte mich und wandte mich zum Gehen.
    »Agent MacDougal, rufen Sie mich an, falls es ein Problem gibt - was auch immer.«
    »Genau«, sagte Cotter gehässig, »mein Vater kaut leidenschaftlich gerne auf Problemen rum und spuckt Lösungen aus.«
    Alyssum Tarcher lachte und versetzte seinem Sohn einen freundschaftlichen Hieb auf die Schulter.
    »Wer ist da, Aly?«
    Elaine Tarcher wartete nicht erst auf eine Antwort, sondern lief leichtfüßig die Treppe hinunter. Sie trug, wie ihr Sohn, einen Jogginganzug und Turnschuhe und sah kaum älter aus als Cal. Cal. An Cal hatte ich schon seit... nun ja, seit einer ganzen Zeit überhaupt nicht mehr gedacht. »Kommen Sie mir lieber nicht zu nahe, Mrs. Tarcher«, sagte ich und nickte ihr grüßend zu. »Ich tropfe.«
    »Das kann ich sehen. Wir haben über diese Sache mit den Schlaftabletten gehört. Geht es Ihnen gut?«
    »Ja, mir geht’s prima. Hat Ihnen Mr. Tarcher gesagt, dass Laura Scott und ich ein Weilchen im Seagull Cottage wohnen werden?«
    »Selbstverständlich. Er hat außerdem erwähnt, dass man versucht hat, Miss Scott umzubringen. So etwas sind wir hier nicht gewöhnt, Agent MacDougal. Sie scheinen jede Menge Ärger mitgebracht zu haben. Wir mögen hier
    keine Gewalt, das kennen wir in Edgerton nicht. Bis zu dieser Sache mit dem armen Charlie Duck jedenfalls. Haben Sie schon etwas von Jilly gehört?«
    Das verneinte ich, und drei Minuten später sprintete ich im heftigen, kalten Regen, der immer schlimmer zu werden schien, zum Auto zurück. Selbst nachdem die Wagenheizung fünf Minuten auf vollen Touren gelaufen war, bibberte ich noch. Laura hatte eine von ihren Jacken vor dem kaputten Fenster befestigt. Das hielt zwar den Regen ab, aber die Wärme entwich dennoch.
    Ich fuhr kurz bei Paul vorbei. Zum Glück war er nicht zu Hause. Um die

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