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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Holzpyramide, ergriff Charlies silberne Urne und hielt sie hoch über seinen Kopf. »Auf Charlie!«, rief er. Alle fielen in seinen Ruf ein und schritten dann in einer langen Reihe hinter Alyssum Tarcher aus der Kirche.
    »Ach du meine Güte«, sagte Sherlock.
    »Tolle Show«, sagte Savich.
    Laura ergriff meine Hand. »Ich will nicht mitgehen«, sagte sie. »Ich will den Friedhof nicht sehen.«
    »Das müssen wir auch nicht. Niemand erwartet das von uns. Schließlich sind wir nur Gäste.« Ich sah Rob Morrison neben Maggie Sheffield stehen und musste unwillkürlich an Detective Castanga denken. Margaret war früher einmal meine Frau.
    »Und wer sind Sie, verdammt noch mal?«
    »Das ist Cotter Tarcher, Leute. Er ist Alyssums einziger Sohn.«
    Cotter beachtete die beiden Frauen überhaupt nicht, sondern funkelte Savich mit wütendem Blick an. Savich hob fragend eine dunkle Augenbraue.
    »Hier haben wir das schwächste Glied in der Kette«, flüsterte ich Laura zu.
    »Ich hab Sie was gefragt, Mann. Was haben Sie hier zu suchen? Sie gehören nicht hierher. Niemand hat Sie eingeladen.«
    »Doch, ich«, mischte ich mich ein. Ich nickte Sherlock und Savich zu und richtete es so ein, dass Cotter sah, dass ich Laura an der Hand hielt. »Es sind Freunde von mir.«
    Cotter knirschte: »Ihr alle habt hier nichts zu suchen.«
    Savich grinste gefährlich, ein Grinsen, das Cotter hätte alarmieren müssen. Savich wusste ganz genau, was er tat. Er hatte Cotter blitzschnell eingeschätzt. »Nette Feier, Sportsfreund. Alle Sprecher waren recht talentiert. Warum haben Sie nichts gesagt? Keine Religion? Kein Talent?«
    Cotters Augen blitzten wutentbrannt auf. Der Typ war im Nu von Null auf Hundert. Was war bloß mit dem los? Er war reizbar wie ein Bulle. Savich hatte ihn zwar clever provoziert, aber niemand war überraschter als ich, als Cotter plötzlich ausholte, um Savich einen Faustschlag zu versetzen. Ich rührte mich nicht; ja, Cotter tat mir sogar ein wenig Leid. Was Sherlock betraf, sie warnte noch: »O nein, du Idiot.« Zu spät.
    Savich ergriff blitzschnell Cotters Faust und drückte sie herunter. Dann versuchte Cotter es mit einem Fußtritt, aber vergebens. Savich schnappte sich sein Bein und schleuderte ihn durch die Luft. Cotters Handgelenk ließ er erst in letzter Minute los, als dieser rücklings in einem Blumenarrangement landete. Das Ganze verlief rasend schnell und erschien vollkommen mühelos.
    Sherlock blickte mit in die Hüften gestemmten Armen auf Cotter hinunter. »Warum führen Sie sich eigentlich so kindisch auf?«
    »Reißen Sie sich zusammen«, mahnte Savich. »Und werden Sie erwachsen.«
    »Ihr seid doch alle nur Dreck. Große FBI-ler, dass ich nicht lache. Ihr werdet nie was rauskriegen.« Cotter stemmte sich mühsam hoch und stapfte wütend davon.
    »Der Mann hat echt ein Problem«, sagte Laura.
    »Er ist ein Psychopath«, sagte ich. »Glaubt also, wir würden nichts rauskriegen, was?« Ich sah, wie er mit Alyssum Tarcher redete, der den Kopf schüttelte. »Als ich ihm zum ersten Mal begegnete, dachte ich noch, er wäre bloß ein unreifer Hitzkopf. Aber nach der heutigen Vor-
    Stellung frage ich mich, ob er nicht auch mit drinsteckt. Daddys rechte Hand vielleicht?«
    »Sein Vater sieht aus wie ein Aristokrat, ein Rassehund unter lauter Promenadenmischungen«, bemerkte Sherlock. »Was Cotter angeht, der sieht aus wie eine feiste kleine Bulldogge.«
    »Ich glaube, Cal und Cotter sind anders«, sagte Laura, »Cal benimmt sich zwar auch ziemlich komisch, aber Mac würde sie nie als Psychopatin bezeichnen.«
    »He«, sagte ich, »Cal ist harmlos gegen den kleinen Mistkerl. Und zumindest wissen wir so viel über Cal Tarcher: Sie hat einen tollen Geschmack, was Männer betrifft.«
    Ich sah, dass Alyssum Tarcher zu mir herüberblickte. Seine Miene war eiskalt, aber seine Augen waren auf einmal ebenso glühend wie die seines Sohnes.

18
    Gegen halb sechs Uhr nachmittags fuhr ich mit Savich zum Haus in der Liverpool Street Nummer zwölf. Paul war zu Hause. Auch Maggie Sheffield war bei ihm. Ihr Streifenwagen und Pauls Wagen standen einträchtig nebeneinander in der Auffahrt. Sie brüllten einander so laut an, dass wir es sogar auf der Veranda hörten. Wir blieben einen Moment neben einer Blumenampel stehen, die ein ganzes Stück glücklicher aussah als ich. Stumm standen wir da und hörten zu.
    »Du widerlicher kleiner Wurm«, hörten wir Maggie kreischen. »Wag das ja nie wieder, hörst du, Paul, oder ich reiß dir

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