Wo niemand dich sieht
ansetzt. Ach Mac, es war einfach schrecklich. Ich konnte überhaupt nichts machen, und du warst völlig weggetreten. Dann merkte ich, wie du allmählich wieder zu dir kamst, nur ein bisschen, und da fing ich an, auf dich einzureden, bis du schließlich aufhören konntest.«
»Weißt du, wo wir sind?«
»Nein. Bin selbst erst seit einer Stunde wieder klar im Kopf. Es ist Nacht, so viel weiß ich. Meine Uhr sagt, dass es kurz nach zweiundzwanzig Uhr ist.«
Es gab keine Fenster in dem winzigen Raum. Er war fast viereckig, nicht mehr als zehn Quadratmeter groß. Es gab nur die eine Pritsche, davor einen uralten, ausgefransten Läufer und in einer Ecke eine Toilette und ein Waschbecken.
»Es war zirka zwanzig Uhr, als sie uns mit der Eissäure bombardierten«, überlegte ich.
»Aber wie viel Zeit ist inzwischen vergangen? Stunden? Tage? Ein Tag? Ich weiß nicht, Mac. Aber ich sag dir eins: Wenn ich im Moment eine Knarre hätte, ich würde nicht zögern, den Ersten, der zur Tür hereinkommt, niederzuschießen. Ich kann nicht fassen, dass sie das getan haben. Und sie haben sogar noch gelacht.«
»Wie viele?«
»Es waren drei Männer. Dann kam der Mann, den ich für ihren Anführer halte, rein und schickte sie weg.« Sie hielt einen Moment inne und sagte dann: »Sie sprachen Spanisch. Ich bezweifle stark, dass wir noch in Oregon sind.«
»Vielleicht in Mexiko«, überlegte ich.
»Kann sein«, stimmte sie mir zu. »Oder in Kolumbien. Erinnerst du dich noch an den DEA-Beamten, der vor ein paar Jahren in Mexiko gefoltert und ermordet wurde? Und niemand hat was unternommen?«
Ich blickte ihr fest in die Augen. »Hör zu, Laura. So darfst du nicht denken. Das hilft überhaupt nichts. Du weißt nicht, wo Sherlock und Savich sind?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich war allein, als ich wieder zu Bewusstsein kam. Als man mich hierher brachte, war dies Zimmer leer. Ich wusste nicht, wo du warst, aber dann kamen zwei Männer und schleiften dich hier rein. Du schienst nur halb bei Bewusstsein zu sein. Man warf dich auf die Pritsche und gab dir eine Injektion. Fünf Minuten später haben sie dich auf mich angesetzt. Tiere sind das.«
»Ich frage mich, was passiert wäre, wenn ich mich nicht wieder in die Hand bekommen hätte? So wie ich mich fühlte, hätte ich wahrscheinlich weitergemacht, bis meine Pumpe aufgibt oder die Droge schließlich nachlässt. Vielleicht wollten sie das sehen. Vielleicht haben sie Wetten auf mich abgeschlossen oder so was.«
Sie wich ein wenig zurück. »Aber du hast dich gebremst, Mac.«
Ich küsste ihren Mund. Dann strich ich ihr Haar zurück und fuhr mit dem Daumen über ihre Augenbrauen. »Ich merkte schließlich, dass du es warst. Ich liebe dich, Laura. Ich könnte dir nie wehtun.«
»Also, dann lass uns diesen Schlamassel hier hinter uns bringen und dann heiraten. Was hältst du davon, Mac?«
Ich konnte kaum glauben, dass ich neunundzwanzig Jahre alt werden musste, um diese Frau zu finden. Ich küsste sie auf die Nasenspitze. »In genau dieser Reihenfolge.«
Ich blickte die kleinen Eisenringe im Holzfußboden an. Hatte man das schon öfter gemacht? Irgendeine Frau hierher gebracht, um sie dann zu vergewaltigen? Einer nach dem anderen? Diese Droge war unheimlich. Ich war noch immer ganz hart.
Ich musterte Laura genauer. Ihr langes Haar umhüllte sie wie ein seidener, glänzender Vorhang. Nicht zu fassen. »Die haben dich gekämmt?«
»Ja«, gestand sie, ohne mich dabei anzusehen. »Und nicht nur das. Man hat mich gewaschen, auch die Haare, und mich mit Parfüm besprüht. Das haben sie von zwei Frauen machen lassen, während sie dabei zusahen. Keine der Frauen sprach Englisch. Dann brachte man mich in diesen Raum hier. Ich hatte das Gefühl, dass die Bastarde das nicht zum ersten Mal machten.«
Erneut zog ich sie an mich, und diesmal roch ich ihr Parfüm. Musk. Jähe Lust schoss in mir hoch, nicht alles überwältigend, aber ich wollte lieber nichts riskieren. »Ich hab Durst«, sagte ich. Ein wenig Distanz zwischen mir und ihr machte es mir leichter. Ich ging zum Waschbecken. Es war ebenso alt wie der Bettvorleger, rostig und voller Sprünge. Aber das Wasser war kühl und schien klar zu sein. Ich wusch mir das Gesicht. Lauras Geruch verschwand wieder. Auch das schwere, dumpfe Gefühl in meinem Kopf ließ ein wenig nach. Ich konnte wieder mehr als einen Gedanken auf einmal fassen, mehr als einen Eindruck auf einmal aufnehmen. Aber mein einziger Gedanke war, die Kerle zu killen. Den
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