Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
genug.
    »Welcher Tag ist heute?«
    Er musste die Antwort zweimal wiederholen, bevor ich verstand. Donnerstag. Wir hatten also einen Tag verloren.
    »Wo sind wir, Pater?«
    Er schaute mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Sie sind nicht weit von Dos Brazos.«
    Wieder ertönten Stiefelschritte. Sie wurden langsamer. Wir saßen in der Falle. Durch das schmale Fenster da oben kam nicht einmal der dünnste Knabe. Der alte Mann sah uns an und sagte dann langsam: »Es bleibt keine Zeit mehr. Schnell, versteckt euch unter dem Bett. Um die Männer kümmere ich mich schon.«
    Falls er vorhatte, uns zu verraten, hatten wir noch schlechtere Karten, wenn wir unter dem Bett steckten. Aber es blieb uns keine Wahl. Laura und ich zwängten uns eilig unter das durchhängende Bett in der Ecke. Zumindest hing die fransige Decke über die Kante bis fast zum Boden. Wir passten gerade noch darunter. Ich lag auf der AK-47, Laura klemmte hinter mir, und ihre Knarre drückte mir ins Kreuz.
    Die Tür ging auf, ohne dass geklopft wurde. Ich sah mindestens drei Paar Stiefel. Ein Mann mit einer schrillen Stimme sagte auf Spanisch: »Pater, sind Sie schon lange hier?«
    »Si. Ich bin beim Frühstück.«
    »Sie haben nichts gehört? Keine Leute, die vorbeigelaufen sind?«
    »Nein, senor, bloß Sie und Ihre Männer. Que hacesf Was ist passiert? Brennt es?«
    »Nein, nein, nichts dergleichen. Ein Mann und eine
    Frau - Ausländer wir haben sie für die Polizei festgehalten. Sie sind entkommen. Keine Sorge, Pater, wir finden sie schon.«
    Der Priester sagte nichts darauf. Ob er ihnen ein Zeichen gab? Nein. Die Männer wandten sich um und gingen zur Tür. Dann sagte einer plötzlich: »Pater Orlando, die Frau namens Hestia sagte mir, dass ihr Sohn große Schmerzen hat. Sie möchte, dass Sie gleich nach ihm sehen. Geht das? Meine Männer werden Sie begleiten, damit Sie vor den beiden Ausländern sicher sind.«
    »Ich komme«, sagte der Priester. Er trug alte Birkenstocksandalen ohne Socken. Seine Füße waren vernarbt und abgelaufen wie alte Baumstümpfe.
    Endlich schloss sich die Tür. Wir krochen unter dem Bett hervor.
    »Das war ganz schön knapp«, sagte Laura und klopfte sich den Staub ab. Ich starrte zu dem kleinen Tisch hinüber. Drei weiche Tortillas lagen da einfach so neben dem Teller. Ich hatte noch immer ziemlichen Hunger. Ich nahm sie, rollte die drei zusammen, gab Laura von der Ersten einen großen Bissen und stopfte mir den Rest in den Mund.
    »Langsam komme ich mir wieder wie ein Mensch vor.«

22
    Wir befanden uns in einer Art Kaserne oder besser gesagt in einem Barackenlager, da die Gebäude aus Holz bestanden. Es gab hier mehr Gänge und Flure als in einem Kaninchenbau. Die ersten beiden Zimmer, in die wir hineinsahen, waren leer, aber im dritten lag ein Mann unten in einem Stockbett und schlief mit dem Rücken zu uns. Er rührte sich nicht. Wir schlossen leise die Tür und suchten weiter. Savich und Sherlock mussten irgendwo sein.
    Wir schlichen uns wieder in den Korridor. Als wir an eine Ecke kamen, bedeutete ich Laura, hinter mir zu bleiben, ging in die Hocke und warf einen raschen Blick um die Ecke. Ich ließ fast meine Tortillas fallen, so überrascht war ich. Keine fünf Meter von mir entfernt standen mindestens zehn Männer unterschiedlichsten Alters, gekleidet in Armee-Drillichhosen und Armeestiefel. Sie hatten Haltung angenommen, die Waffe an der Schulter, den Rücken mir zugekehrt. Keiner sagte ein Wort, keiner rührte sich. Ich konnte sie nicht mal atmen hören.
    Ein älterer Mann Anfang fünfzig stand vor ihnen. Er war in Zivil, trug ein weißes Hemd, das am Kragen ein wenig offen stand, eine dunkle Anzughose und italienische Designerschuhe. Er hatte einen funkelnden Glatzkopf. Es sah aus, als hätte er sich den Schädel absichtlich kahl geschoren, um mehr Eindruck zu machen. Er war groß, fast so groß wie ich, und ein mächtiges Muskelpaket. Über seinem Arm hing ein weißer Laborkittel. Er sprach in schnellem Spanisch. Das meiste davon verstand ich. Ich zog gerade wieder den Kopf zurück, als er sagte: »... wir müssen den Mann und die Frau unbedingt finden. Es sind gefährliche amerikanische Agenten, die uns zerstören wollen. Falls ihr sie seht, dürft ihr sie nicht töten. Das ist strikt untersagt.«
    Ich flüsterte Laura zu: »Da vorn sind ein Dutzend Soldaten. Der Mann, der die drei anderen zurückgepfiffen hat, war das ein ziemlich großer, muskulöser Glatzkopf?«
    »Nein, es war ein anderer.«
    »Der

Weitere Kostenlose Bücher