Wo nur die Liebe Zählt: Die Creeds (German Edition)
seiner besten Hemden. Außerdem hatte er sich zum ersten Mal seit seiner Rückkehr nach Lonesome Bend rasiert. Wenn sein Haar nicht länger und zotteliger gewesen wäre als Conners, hätte ein Bruder dem anderen nun zum Verwechseln ähnlich gesehen.
Und dem nicht genug, hatte Brody nicht nur Kaffee gekocht, als Conner nach seinem Ausflug zu Natty McCalls Haus zurückkam, sondern auch noch Eier mit Speck auf dem alten Holzofen gebraten.
Schweigend nahm Conner die Kaffeekanne vom Herd und schenkte sich ein. Seit er Tricia auf der Kellertreppe so einen Mordsschreck eingejagt hatte, konnte er an nichts anderes mehr denken als an sie. Insofern war es geradezu eine Erleichterung, sich über seinen Bruder zu ärgern.
„Morgen“, rief Brody fröhlich, als ob er Conner gerade erst bemerkt hätte.
Mit zusammengekniffenen Augen musterte Conner seinen Bruder argwöhnisch. Seit Brody von zu Hause abgehauen war, hatte er sich daran gewöhnt, sein Leben als getrennter Zwilling zu verbringen. Darum war es geradezu schockierend, sich selbst auf der anderen Seite der Küche stehen zu sehen.
„Seit wann kannst du kochen?“, fragte er, nachdem er den ersten Schock überwunden und einen Schluck Kaffee getrunken hatte. Erst dann zog er sich den Mantel aus und hängte ihn an einen Haken an der Hintertür.
„Das habe ich mir beibringen lassen“, antwortete er leichthin. „Glaub es oder nicht, aber hier und da war ich in den letzten Jahren auch mal mit einer Frau zusammen.“
Conner verdrehte die Augen. „Indem du ihr eine Keule über den Schädel gezogen und sie an ihrem Haar in deine Höhle geschleift hast? Wo du ihr dann befohlen hast, einen Topf Bohnen über dem Feuer zu kochen?“
Brody warf ihm einen Blick zu, und Conner entdeckte zu seinem Unbehagen so etwas wie Trauer darin. „So habe ich das nicht gemeint“, sagte er leise.
„Richtig.“ Conners Stimme war auf einmal heiser, und ihn durchdrang ein Gefühl, das er nicht benennen konnte. Er betrachtete seinen Bruder von Kopf bis Fuß. „Was soll das mit den Klamotten?“
Wieder blitzte Brodys Grinsen auf, schnell und großspurig. Er spießte ein Stück Speck mit einer Gabel auf und drehte es um. „Mein Kram ist in der Reinigung. Hoffe, das macht dir nichts aus.“
Mit finsterem Blick schwang Conner ein Bein über die lange Bank auf der einen Seite des Küchentischs, trank von seinem Kaffee und versuchte zu kapieren, was hier verflixt noch mal vor sich ging.
„Ist dir doch schnuppe, ob es mir was ausmacht oder nicht.“ Darauf entgegnete Brody nichts, stattdessen kümmerte er sich weiter um das Frühstück in der Pfanne und schenkte sich zwischendurch frischen Kaffee ein. Dabei pfiff er leise durch die Zähne. Dieses unmelodische Gepfeife war Conner schon früher auf den Wecker gefallen, aber jetzt raubte es ihm den allerletzten Nerv.
„Wenn du schon unbedingt hierbleiben musst“, sagte er zu Brody, „warum schlägst du dein Lager dann nicht drüben bei Kim und Davis auf?“
Brody ließ sich mit der Antwort Zeit, füllte die Eier auf eine Platte und häufte ungefähr ein Dutzend Speckstreifen darüber.
„Das hätte ich vielleicht sogar gemacht“, antwortete er endlich, knallte die Platte auf den Tisch und ging zum Schrank, umTeller und Besteck zu holen. „Aber sie haben schon jemanden, der auf das Haus aufpasst. Und wie sich herausgestellt hat, ist sie nicht gerade mein größter Fan.“
Conner unterdrückte ein Lachen und setzte eine ausdruckslose Miene auf, als Brody sich ihm gegenüber hinsetzte. Wahrscheinlich war es Carolyn Simmons, die immer auf das eine oder andere Haus aufpasste.
„Carolyn“, sagte er.
„Was ist mit ihr?“, fragte Brody.
„Ich frage mich nur, wie du es geschafft hast, dass sie dich schon jetzt nicht leiden kann.“
„Ich habe nicht gesagt, dass Carolyn mich nicht leiden kann“, erklärte Brody mit funkelnden Augen. „Ich sagte, dass sie nicht gerade mein größter Fan ist.“ Er hielt inne, aß ein Stück Speck und ergänzte: „Wir haben eine gemeinsame Vergangenheit.“
Soweit Conner wusste, hatte Brody sich im letzten Jahrzehnt nicht ein einziges Mal in der Nähe von Lonesome Bend blicken lassen, und Carolyn war erst vor ein paar Jahren hierhergezogen. „Was für eine Vergangenheit?“, fragte er darum.
Brody seufzte, legte Messer und Gabel in der Mitte des Tellers über Kreuz und stützte mit nachdenklichem, vielleicht sogar düsterem Gesicht die Ellbogen auf dem Tisch ab. Sein Blick war in die Ferne
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