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Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Titel: Wo Schneeflocken glitzern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathryn Constable
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gesehen«, erwiderte Sophie wahrheitsgemäß.
    »Wirklich? Bist du sicher?«, fragte die Prinzessin, und ihr Gesicht verdüsterte sich, als hätte Sophie sie irgendwie enttäuscht. »Du wirst mich doch nicht anlügen, mein Kind?«
    »Ich lüge nicht«, protestierte Sophie.
    »Dann gibt es also keine Diamanten in London?«
    »Doch, natürlich gibt es die, aber ich hab noch nie welche gesehen«, sagte Sophie. Plötzlich schämte sie sich. Vielleicht hatte die Prinzessin sie ausgewählt, weil sie dachte, dass Sophie aus einer reichen Familie stammte, wie die meisten anderen Mädchen an der Schule. Ein peinliches Missverständnis!
    »Wenn Sie was über Diamanten wissen wollen«, murmelte Sophie, »dann müssen Sie Delphine fragen.«
    Die Augen der Prinzessin funkelten vor Zorn – von einer jähen Wut, wie Sophie es schon im Ballsaal erlebt hatte. »Delphines Diamanten interessieren mich nicht«, zischte sie und hielt inne, als sei ihr etwas eingefallen. »Ivan hat mir gesagt, dass du mit dem Jungen geredet hast.«
    »Es tut mir leid«, sagte Sophie schnell. Na bitte – sie hatte doch gleich gewusst, dass ihr Glück nicht andauern würde. Und jetzt war die Prinzessin böse auf sie. »Er hat so gefroren, weil wir zu spät dran waren … Ich wollte mich nur bei ihm bedanken …«
    »Tu das nicht – sprich nicht mit ihm«, fauchte die Prinzessin. »Er wird dir nur Lügen über die Volkonskis erzählen. Ein schmutziger domovoi ist er, wie alle Dienstboten, die hiergeblieben sind.« Sophie zuckte zusammen. Die Prinzessin hatte dieses Wort – domovoi  – ausgespuckt wie etwas unsagbar Widerwärtiges.
    » Domovoi? «, wiederholte Sophie verwirrt.
    » Domovoi sind böse Geister«, erklärte die Prinzessin. »Sie leben in den Häusern der Menschen und bringen nichts als Unheil. Eigentlich sollen sie bei den groben Arbeiten in Haus und Hof helfen – die Pferde versorgen, den Ofen ausputzen.« Beschwörend beugte sie sich zu Sophie vor. »Aber sie sind nicht wie wir. Man kann ihnen nicht trauen.«
    »Dann ist er ein Geist?«, fragte Sophie.
    Die Prinzessin lachte, aber es lag keine Wärme darin. »Oh, natürlich ist er kein Geist! Aber er schleicht durch den Palast, als wäre er einer. Du musst auf der Hut sein, Sophie. Ein domovoi kommt nachts zu dir ins Bett und erstickt dich! Wenn dir einer begegnet, musst du ihn fragen: ›Zum Guten? Zum Bösen?‹ Dann ist er gezwungen dir die Zukunft vorherzusagen.«
    »Aber wo wohnt er denn? Hat er irgendwo einen Platz zum Schlafen?«, fragte Sophie entsetzt, weil die Prinzessin so schlecht über den Jungen redete. Sie sah ihn vor sich, wie er auf sie gewartet hatte, seine schneebedeckten Schultern und froststarren Hände, die Viflijankas vereiste Zügel hielten. Der Junge hatte nicht den Eindruck gemacht, als wollte er ihr etwas Böses. Was hatte er noch mal zu ihr gesagt? V oj Volkonski ?
    »Was weiß ich? Vielleicht unter einer Treppe.« Die Prinzessin lachte wieder. »Oder im Ofen …« Sie schaute Sophie an, schien abzuwägen, was sie als Nächstes sagen sollte. »Ich hätte ihn fortjagen sollen, als ich in den Palast zurückgekehrt bin«, sagte sie langsam. »Aber Ivan hat ihn ins Herz geschlossen.«
    »Warum haben Sie uns hierhergebracht? Warum ausgerechnet wir? Miss Ellis …«, fing Sophie an, verstummte aber, als sie zu sehen glaubte, wie sich das Gesicht der Prinzessin verdüsterte, wenn auch nur sekundenlang.
    »Ich dachte, es würde euch hier gefallen«, sagte die Prinzessin mit ruhiger Stimme. »Ich dachte, wir könnten vielleicht … Freunde werden.« Eine blaue Ader zog sich an ihrer Wange herunter, wie ein Baumwollfaden.
    »Ich bin ja auch froh, dass Sie uns eingeladen haben«, stieß Sophie hervor und hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen, weil es so idiotisch klang.
    »Dann gefällt dir also der Winterpalast der Volkonskis?«, fragte die Prinzessin ganz leise.
    »Ja!« Sophies Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
    »Obwohl er so heruntergekommen und verfallen ist«, murmelte die Prinzessin nachdenklich und schaute auf die stockfleckige Tapete, als könne sie nicht glauben, was Sophie gerade gesagt hatte. »Hier ist doch nichts, was dich interessieren könnte.«
    »Oh, doch, alles an den Volkonskis ist interessant!«, protestierte Sophie.
    »Aber du hast nie von ihnen gehört, ehe du hierhergekommen bist, nicht wahr?«, fragte die Prinzessin langsam.
    Sophie schüttelte den Kopf. Sie hätte gern etwas Kluges gesagt, um die Prinzessin nicht zu

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