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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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abschneiden und verkleidete sich als Mann, um unerkannt zu bleiben, sodann verließ sie, nur von einigen Bediensteten & treuen Höflingen begleitet, dieses Land, das ihr so wenig Liebe erwiesen hatte.
    Ihr Ziel war Innsbruck, wo sie öffentlich ihrer Ketzerei abschwören wollte. Unschwer vermag man sich vorzustellen, wie besorgt die Kirchenoberen jede ihrer Bewegungen verfolgten. So ein großer Schritt sie auch war, bedeutete die Abdankung für sich genommen nichts: Noch konnte Kristina jederzeit auf das Opfer ihres Glaubens verzichten, das einen so großen Wert für die Kirche besaß. Mein Meister war nicht der Geringste, der die Reise der Königin begleitete, indem er die Briefe las, die die Spione des Vatikans an den Quirinal sandten.
    Am 23 . Dezember traf sie in Willebroek ein, wohin Erzherzog Leopold, Gouverneur der Niederlande, ihr entgegengekommen war. Nach einem üppigen Diner schifften sie sich auf einer Fregatte ein, welche sie auf einem Kanal bis nach Laeken am Stadtrand von Brüssel brachte. Die Fahrt über spielten Kristina & der Erzherzog Schach, während unaufhörlich Feuerwerk den Himmel zu ihren Köpfen erleuchtete. Und am nächsten Abend, dem Weihnachtsabend, befanden sie sich mit einigen herausragenden Persönlichkeiten im Palast Leopolds, jenem Orte, an dem einhundert Jahre zuvor Karl V. abgedankt hatte, um den Rest seines Lebens der frommen Betrachtung der Werke unseres Herrn zu widmen.
    In jener Nacht war es, dass sie unter Anleitung von Pater Guemes, Dominikaner seines Standes, im Angesicht Gottes dem Protestantismus abschwor …
    Kircher gestand mir, dass man in gewissen Kreisen ob dieser Nachricht höchlichst erleichtert war. Dennoch gaben die Berichte, die am Tag nach diesem denkwürdigen Ereignis in großer Zahl eintrafen, zu Besorgnis Grund: Weit von der Demut entfernt, die einer frisch Konvertierten geziemen würde, führte Kristina von Schweden in Brüssel ein, wie es hieß, sehr bewegtes Leben. Fest folgte auf Fest, Empfang auf Empfang, & Kristina vertrieb sich die Zeit mit allerlei aufsehenerregenden Aktivitäten. Sie spielte Billard, übrigens meisterlich, in rein männlicher Gesellschaft, sie nahm auf dem Lande & sogar in den Straßen der Stadt an Pferdeschlittenrennen teil & trieb es so weit, unpassende Rollen in jenen Singspielen zu übernehmen, die die Kirche missbilligte … Doch der schwierigste Schritt war bewältigt, & die Berichte über dieses skandalöse Verhalten enthielten gewiss auch manche Übertreibung. Noch wusste die Öffentlichkeit nichts von Kristinas Konversion, und so sah man in ihrem Gebaren nichts als einen weiteren Grund, die üblichen Exzesse der protestantischen Religion anzuprangern.
    Im Juni 1655 endlich erreichte Kristina Innsbruck. In der Hofkirche dieser Stadt dann schwor sie, diesmal vor den Augen aller, am 3 . November des Jahres ihrem Glauben ab & erhielt zusammen mit der Kommunion die Absolution von ihren Sünden. Bei dieser Gelegenheit legte sie vollkommene Andacht & eine Demut an den Tag, die zu den besten Hoffnungen für die Zukunft Anlass gaben.
    Kristina von Schweden katholisch! Die von der Kirche tunlichst verbreitete Nachricht bestürzte sämtliche evangelischen Länder. Vor allem Schweden selbst wurde von diesem Schlag schwer erschüttert. Mehr noch als der Westfälische Friede setzte dieses Ereignis den Schlusspunkt unter den Dreißigjährigen Krieg & krönte den Triumph der apostolischen & römischen Kirche. Alexander  VII . frohlockte, denn unsere Religion kannte unter seiner Regierung eine schönere Blüte denn je. Und als Kristina von Schweden nur wenige Tage nach der Zeremonie in Innsbruck den Wunsch äußerte, nach Rom zu reisen und sich alldort niederzulassen, ließ der Papst ihr eilends die dazu nötige Erlaubnis erteilen. Der Papst berief die Heilige Ritenkongregation ein und beschloss in Anwesenheit sämtlicher Kardinäle, des Jesuitengenerals & Kirchers, welche Zeremonie befolgt werden sollte, um die Ankunft der hochmögenden Konvertitin in der Ewigen Stadt festlich zu begehen. Seit langem war jede Animosität meinem Meister gegenüber vergessen, der persönlich beauftragt wurde, die Vorbereitungen dieses Empfangs zu leiten, um ihm den gewünschten Prunk & Feierlichkeit zu verleihen.
    Kristina von Schweden war am 6 . November gen Rom aufgebrochen, mit der Empfehlung, ihren Tross so langsam wie möglich reisen zu lassen, auf dass der Vatikan Zeit habe, alles würdig vorzubereiten. Dennoch war Eile geboten. Da

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