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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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Hodensack & fördert bei Frauen die geschlechtliche Lust … Die Chinesen verfügen über reiche Quellen: Kämen ihnen all diese Tiere abhanden, so hätten sie immer noch alles, was Haare & Federn trägt! Die Haustiere verwenden sie zu allerlei Zwecken bis auf den letzten Rest, sogar die scheußlichsten Teile. Auch wilde Tiere werden durchaus nicht verschont: Löwen, Tiger, Leoparden, Elefanten & Ameisenbären dienen zur Zubereitung zahlloser Arzneien. Der Auswuchs des Nashorns verhindert Halluzinationen, stärkt den Leib, heilt Migräne & Blutungen des Anus; die Fußballen des Bären fördern die Gesundheit allgemein, seine Parasiten heilen das Gelbfieber & Blindheit bei Neugeborenen; Hirschgeweih besiegt so gut wie sämtliche Gebresten, einbegriffen vaginalen Ausfluss kleiner Mädchen; Affenhirn, gemischt mit Chrysanthemen, fördert das Körperwachstum; die Lippen des Fuchses stillen Eiter; & der Urin der Wildkatze, ins Ohr geträufelt, jagt unverzüglich sämtliche Insekten heraus …«
    »Ach, könnte er uns doch auch vor dem fortwährenden Dröhnen der zahllosen Störer bewahren, die unser Ohr mit ihren Dummheiten behelligen!« Bernini hob sein Glas. »Ich trinke auf den Wildkatzenurin!«
    »Auf den Wildkatzenurin!«, stimmten wir im Chor ein, und ich machte mich daran, eine zweite Flasche zu öffnen.

Fortaleza
    Noch gab es Hoffnung für dieses Land.
    Der Tag neigte sich, als sie nach rund tausend Kilometern in Recife eintrafen. In der Rua do Bom Jesus, wo Roetgen endlich einen Parkplatz fand, wurden sie Zeugen einer erstaunlichen Verwandlung: Banken und Handelsunternehmen, in den verblichenen architektonischen Überbleibseln einstiger kolonialer Herrlichkeit gelegen, leerten sich fast ebenso schnell, wie die Sonne unterging. Eilends verließen die Angestellten die Örtlichkeiten, die Autos fuhren davon. Kurz lag das Viertel verlassen in der Dämmerung da. Wer weiß woher aufgetaucht, nahmen dann die Könige der Nacht die Bürgersteige in Besitz: Seeleute, kleine Gauner, männliche und weibliche Prostituierte, mit glänzenden Augen, das Messer unterm Hemd … ein ganzes Volk mit dunkler Haut und in bunter Kleidung, das die Stadt tagsüber in die Vororte verbannte, wie sie es früher mit den Irren tat. Von überallher tauchten Waren auf, zweideutige Angebote wurden ihnen gemacht. Wie eine jener holographischen Abbildungen, die sich verwandelten, wenn man sie schräg hielt, zeigte das Hafenviertel jetzt erst seine geheime Natur. Eines nach dem anderen gingen die roten Lämpchen der Bordelle an, Samba- und Paso-doble-Rhythmen waren durch die geschlossenen Fensterläden zu hören. Die verfallenen Hauseingänge öffneten sich auf Treppen, wo die Betrunkenen ihre eigenen Markierungen hinterlassen hatten, die jedoch sämtlich zu einer Apotheose aus Neonlichtern hinanführten.
    Sie gingen in die erste Etage des
Attila
.
    Empfangen wurden sie von der Puffmutter, einem Riesenweib in lila Pailletten und einem mit schwarzen Daunen gespickten Haarknoten, von dem Tentakel aus silbrigem Metall herausstaken und in kleinen, fluoreszierenden Kugeln endeten. Langsam von Natur aus und aus Zwang – sie vermied jegliche Berührung, um ihren sorgsam hergerichteten Kopfputz nicht zu gefährden –, zählte der beeindruckende Fleischberg genauestens die Geldscheine nach, die Roetgen ihr gereicht hatte. Er stellte sich die fieberhaften Stunden vor, die dem Abend vorausgegangen waren, als diese Frau noch im dritten Stock des Hauses thronte, umgeben von einer aufgeregt zwitschernden Meute halbnackter Nutten wie eine Königinmutter vor der Krönung ihres Sohnes. Auf einem Barhocker thronend, sabbernd und stöhnend vor Geilheit, verfolgte jetzt ein altersloser Trisomiker die seltsame Oper, die vor seinen Augen ablief. Neben ihm servierte hinter dem Tresen eine junge Mulattin elegant die Drinks; die Huren wirbelten durcheinander; eine war ausstaffiert wie in den dreißiger Jahren, mit Bubikopf, grünem Minikleid und Handtäschchen am Riemen; dazu eine Andalusierin, in Rosa mit weißen Punkten; eine mit regenbogenfarbenen Streifen; eine in durchsichtige Müllsäcke gekleidet … Moéma tanzte schmachtend mit einer Mumie in Perücke, ganz Rüschen und Getue, die das Begehren schön erscheinen ließ, trotz der feinen Ironie ihres Lächelns und der perfekten Beherrschung eines Spiels, die eine lange Erfahrung in diesem Metier verriet. Sie machten Mädchen an und gaben sie untereinander weiter, unterbrachen ihre verliebten Paraden

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