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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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für eine Pause an der Bar bei einem Gin oder einer Cachaça, die Freuden des Verführens genießend, in denen sie einen neuen Beweis ihrer Gemeinschaft sahen.
    Später dann das lange Dahintreiben auf den Kais, Rattenjagd zwischen den Tauen, den unter den Wänden der Frachter gespannten Seilen … Als in der Dämmerung die Kräne strahlend im Morgenrot standen, krochen sie in enorm hoch aufgestapelte dicke Rohre, kletterten vom einen ins andere wie Bienen in einer gusseisernen Wabe, ließen das Echo ihrer Namen und ihre Rufe darin hallen.
    Eine verdutzte Militärpatrouille ertappte sie mitten in diesem Spiel und eskortierte sie bis zum Wagen, weit außerhalb der Sperrzone: Sie hatten im Waffendepot von Recife miteinander geschlafen; das war, als hätten sie einen Krieg gewonnen.
     
    Zurück in Fortaleza, ging das Fest weiter. Tagsüber schliefen sie, abends gingen sie aus, um sich zu berauschen: angesagte Bars, in denen Arrigo Barnabe die neuesten Akkorde spielte, eine Musik, so revolutionär, dass sie mit dem Unhörbaren flirtete, schmachtende Bossa Novas am frühen Morgen, Deals mit Pablo: Gras und Koks. Ein übler Sprit brachte Xavier um den Verstand; er versuchte, per Kopfsprung in den Asphalt zu tauchen, überzeugt, es handele sich um ein Schwimmbecken. Trotz der geplatzten Braue wollte er aber nicht ins Krankenhaus, und sie versorgten ihn zu Hause bei Thaïs. Ansonsten hatte er nur Schürfwunden, aber die Krusten im Gesicht und an den Armen blieben ihm bis zu seiner Abreise. Denn er reiste ab:
    »Sonntag früh um acht setze ich wieder Segel«, hatte er verkündet, einfach so, ohne erkennbaren Anlass.
    Es war unwiderruflich. Seinen Whisky hatten sie großteils an Bord seines Bootes, im Hafen des Yacht Clubs, ausgetrunken; den Senf hatte er nicht einmal mehr angepriesen, so sehr hatten die drei anderen diese schräge Idee verlacht. Irgendwoher war eine Geldanweisung von seiner Großmutter gekommen, die er unverzüglich in Gras umgesetzt hatte, zum persönlichen Verbrauch. Und nun plante er nach Belém zu segeln, oder noch weiter, das war nicht recht klar, wohl nicht einmal ihm selbst. Aber er reiste ab.
    Tags vor seiner geplanten Abfahrt veranstaltete der Clube Náutico eines seiner monatlichen Feste: Tennisturnier, Wettschwimmen, Diner und Tanzabend mit Orchester. Seit seiner Ankunft in Fortaleza war Roetgen Mitglied des Clubs – vom Rektor der Universität kooptiert, er zahlte viel Geld, um zu einer Kaste zu gehören, die er nicht mochte –, und so schlug er vor, dort Xaviers Abschiedsparty zu feiern, gleichzeitig als würdigen Abschluss dieser eigentümlichen Ferien zu viert. Leider aber hatte Moéma sich von Pablo Acid geben lassen, das sie sich mit Xavier teilte.
    Da Andreas Haekner erst am nächsten Tag heimkehren würde, trafen sie sich in seinem Haus am Meer. Stillschweigend, aber aus verschiedenen Gründen, hatten Thaïs und Roetgen beschlossen, kein LSD zu nehmen. Thaïs, weil sie die verheerende Wirkung dieser Droge kannte und bei klaren Sinnen bleiben wollte, um gegebenenfalls eingreifen zu können; und Roetgen hatte irgendwo gelesen, LSD zerstöre einen Teil der Gehirnzellen und man könne verrückt werden. Also tönte er, er werde sich um Xavier kümmern, ohne zu wissen, worauf es dabei ankam. Als Xavier seinen Anteil an dem Konfetti aus mit Donald-Duck-Figuren bedrucktem rosa Löschpapier schluckte, gab er zu, dass das für ihn eine Premiere war.
    »Mach dir keinen Kopf, ich hab dir nicht viel gegeben.« Moéma richtete sich in einem der Liegestühle auf der Veranda bequem ein. »Es dauert gut eine halbe Stunde, bis es wirkt. Danach liegt alles ganz bei dir. Wenn du beschließt, dich in einen schlechten Trip abrutschen zu lassen, dann wird es ein schlechter Trip. Wenn du es cool angehst, wird’s cool … Hauptsache, du bleibst ruhig und konzentrierst dich auf positive Gedanken.«
    »Kein Problem für mich«, meinte Xavier abenteuerlustig.
    Dennoch war deutlich spürbar, dass der kleine Vortrag sein Lampenfieber nicht gemindert hatte, im Gegenteil.
    Roetgen und Thaïs setzten sich zu ihnen unter die begrünte Pergola. Sie brachten ein Tablett mit Weißwein und Knabberzeug. Noch war es früher Nachmittag. Über die Straße hinweg war rund fünfzig Meter weiter die Strandpromenade zu sehen und durch eine Lücke im Vorhang der Kokospalmen der grünblaue Ozean, über den ein Jangada-Segel strich.
    »Ich hoffe, dein Freund hat genug Wein«, sagte Moéma zu Roetgen, »Acid macht durstig.«
    »Er

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