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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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sich jedoch weiterhin an seiner Maschine zu schaffen, als ob nichts wäre. Ich begann zu beten, all das möge doch irgendwann und irgendwie überstanden sein, & las bereits die sicheren Zeichen der Verärgerung auf dem Gesichte des Kurfürsten, da ließ ein Aufschrei meines Meisters die Versammlung zusammenschrecken:
    »Heureka!«, rief er wiederholt. »Schaut! Schaut! Ihr Ungläubigen!«
    Zu theatralischer Pose erstarrt, deutete er mit Rächergeste auf die Wölfin, von der ein Fädchen schwarzen Rauchs aufstieg, direkt in den blauen Himmel.
    Bewunderndes Gemurmel war von der Versammlung zu hören. Im selben Moment oder beinahe flammte die Wölfin knisternd auf, & wie mit einer Pulverspur gelegt, begann es mehreren Ortes auf dem Schiff zu brennen. Erstaunt ob dieser Wirkung sah ich Kircher an, der mir verstohlen zuzwinkerte, & ich begriff, dass das Schiff nach seinen Anweisungen vorbereitet worden war. Um die Fähigkeiten meines Meisters in dieser Hinsicht wissend, machte ich mich auf weitere Überraschungen gefasst. Sie ließen nicht auf sich warten: Das Schiff wurde ein Opfer der Flammen, zahlreiche Raketen schossen aus den Luken & explodierten lärmend am Himmel; vom Rumpf stiegen Bengalische Feuer fontänengleich auf und umgaben das Boot wie mit feurig bunten Blüten, & von Katapulten abgeschossen, flogen die brennenden Figuren über diesem Schauspiel einher. Noch waren diese griechischen Feuer nicht ausgebrannt, da flogen erneut Raketen pfeifend weit hinauf und zeichneten im Explodieren das dreifüßige Symbol Siziliens in die Luft, das »S« von Syrakus & die vier hebräischen Buchstaben des Wortes »Jehova«. Am Ende war ununterbrochenes Gewehrgeknatter zu hören, während das Boot in einer dichten Rauchwolke jäh unterging.
    Warmer Applaus huldigte Athanasius’ Leistung, begleitet von Vivat- & Freudenrufen des Volkes von Syrakus. Eilig lief ich, meinen Meister zu umarmen, der mich mit großmütiger Geste an seinem Erfolg teilhaben ließ. Der hessische Kurfürst beglückwünschte ihn persönlich und ließ ihm stehenden Fußes eine große Summe an Dukaten aushändigen, der weiteren Veröffentlichung seiner Arbeiten zugedacht. Sämtliche Gäste wanderten an uns vorbei & gratulierten Kircher & bewunderten die Feuermaschine. Für den Edelmann, der sich noch kurz zuvor eine so kränkende Bemerkung erlaubt hatte, hieß es Spießrutenlaufen. Als dieser fette Blutwurstfresser Kircher unter allerlei lächerlichen Manieren grüßte, sprach dieser ihn in seinem fließendsten Italienisch an:
    »Hochwohlgeborener Herr, goldene Worte spracht Ihr, Exkremente ziehen Exkremente an, stets & überall, & daher müsstet Ihr mehr noch als jeder andere darauf bedacht sein, achtzugeben …«
    Nun war der Sizilianer derjenige, der krebsrot anlief. Unter einigen unverständlich gemurmelten Worten griff er an den Knauf seines Schwerts, und nur der Anwesenheit des Fürsten, in der sich jede Ausartung verbot, war es zu verdanken, dass die Sache für meinen Meister nicht übel ausging, obgleich dieser durchaus fähig war, sich zu verteidigen, & für einen Mann seines Standes über ungewöhnliche Kräfte verfügte. Angesichts von Kirchers Wagemut erkühnte ich mich dazu, mir mit der Hand zuzufächeln, wie um einen üblen Geruch zu verjagen, was diesen komischen Vogel in Zorn versetzte, & er wandte Kircher den Rücken zu, nicht ohne eine Bewegung zu mir hin zu tun und etwas zwischen den Zähnen zu zischen, dessen genaue Bedeutung mir nicht erklärlich war. Zum ersten Mal empfand ich jenes seltene Freudengefühl, das auf jeden unerwarteten Sieg folgt. »Der verzögerte Triumph«, so nannte Athanasius diese Kategorie noch selbigen Abends, als wir die Frage ansprachen. Dennoch quälte mich ein Schuldgefühl darob, dass ich diesem armen Sizilianer nicht großmütiger begegnet war, doch beruhigte mich mein Meister, denn jede andere Reaktion wäre ein Ausfluss der Heuchelei gewesen, welchselbige Sünde jene erste, doch insgesamt eher lässliche einer treffenden & harmlosen Erwiderung übertroffen hätte.

Corumbá
    Der zweifache raue Ruf der Kaimane.
    Mit halber Kraft voraus fuhr der
Mensageiro da Fé
den Fluss hinauf, beharrlich knatternd wie ein Traktor beim Pflügen. Die Reisegesellschaft war bereits in der Dämmerung aufgestanden und hatte das Schiff mit dem aus Brasilia angelieferten Material beladen, während Petersen und sein Matrose sich um Lebensmittel und Motor kümmerten. Nach einer letzten, zur Feier der Abreise

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