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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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bestimmten Gemälde dar? Das
Mädchen im weißen Kleid,
das dein Vater gemalt hat?«
    »Reiner Zufall.« Caroline wusste, dass Michele richtig geraten hatte. Sie hatte bewusst ein Kostüm gewählt, das dem berühmten Porträt ihres Vaters glich, für das sie Modell gestanden hatte.
    »Das ist das Kleid, das du damals getragen hast, oder?«
    »Nein.« Das Original hatte sie schon vor langer Zeit dem Wadsworth Atheneum für eine Ausstellung von Kleidungsstücken geschenkt, die in bekannten Gemälden vorkamen. Doch als sie nun an sich hinunterblickte, merkte sie, dass ihr Kleid vom Stil her ähnlich war.
    »Sicher werden alle Leute auf Anhieb wissen, was du darstellst«, sagte Michele. »Ich denke, es ist das bekannteste Bild deines Vaters.«
    »Möglich.« Caroline rückte das Blumenbukett auf einem der Tische zurecht. Sie hatte das Gemälde ihres Vaters nicht deshalb gewählt, weil es bekannt und die Wahrscheinlichkeit groß war, dass viele Gäste sofort daran dachten. Ihre Wahl war auf das weiße Kleid gefallen, weil eine ganz bestimmte Person es erkennen würde.
    Caroline wusste, dass Joe Connor ihr Porträt im Met gesehen hatte. Er hatte es ihr selbst gesagt. Es war eine Kleinigkeit, aber sie festigte die Bindung, die zwischen ihnen bestand. Und Bindungen waren oft das Wichtigste im Leben.
    8. September 1979
Lieber Joe,
ich muss Dir unbedingt etwas sagen. Aber persönlich. Warum ist Newport so weit von Black Hall entfernt? Beeil Dich! Aber pass gut auf Dich auf.
    Alles Liebe
Caroline
    30. September 1979
Liebe C.,
Newport ist in Wirklichkeit gar nicht so weit von Black Hall entfernt. Das Problem ist bloß, dass Du dort bist und ich hier. Aber nur, bis wir beide hier oder dort sind; Du weißt schon, was ich meine. Ein neues Großsegel übersteigt meine derzeitigen Ersparnisse.
Was musst Du mir unbedingt sagen? Ich glaube, ich weiß es schon, weil ich Dir das Gleiche sagen möchte. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich niemanden auf der Welt habe außer Dir, C. Meine Mutter hat ihre neue Familie – Sam und seinen Vater. Ich lebe bei ihnen, aber ich gehöre nicht auf die gleiche Weise zu ihnen wie Sam.
Mit Dir ist das anders. Du kannst mich wie kein anderer zum Lachen bringen. Immer wenn ich Deine Handschrift sehe, weiß ich, dass alles gut werden wird. Es gibt einen Menschen auf der Welt, dem ich hundertprozentig vertraue, und das bist Du. Ich weiß, das ist ein langer Brief, aber ich kann nicht schlafen, obwohl es schon spät ist. Ich denke an Dich, Caroline. Ich wünschte, Du wärst hier. Ich kann es genauso gut sagen:
    Ich liebe dich.
Joe

[home]
    13
    D en ganzen Tag hatte eine Bruthitze geherrscht. Bei Einbruch der Dämmerung war der Himmel perlweiß und die Sonne ein glühender Feuerball. Als sie unterging, kam der Mond heraus. Er stand hoch und weiß am dunkel verhangenen Firmament, und über den Köpfen der Gäste beleuchteten Papierlampions den Firefly Ball, während die Nacht von den Klängen leiser Musik erfüllt war.
    Auf dem kalten Büfett schimmerten frische Muscheln und Austern auf Eis. Caroline und Michele hatten einige der Schalentiere wie in einem Stillleben von Degas arrangiert. Die Gäste hatten Heuhaufen wie bei Monet zusammengetragen und Sonnenschirme und weiße Zelte wie bei Boudin errichtet. Kerzen flackerten im Wind, und die Kapelle spielte Evergreens wie »Every Time We Say Goodbye«.
    Die Gäste machten die Runde. Sie hatten Figuren aus ihren Lieblingsgemälden kopiert. Viele Kostüme stammten aus den Werken der alten Meister: man sah
Das Frühstück der Ruderer
von Renoir und mehrere
Madame X
von Sargent in anmutigen langen Kleidern, die für Frauen besonders inspirierend waren. May Taylor kam als ihre Großmutter Emily Dunne, die Hugh Renwick porträtiert hatte. Clea und Peter hatten sich als irisches Paar aus Hugh Renwicks
Galway Dance
kostümiert. Skye und Simon kamen ganz in Schwarz, als sie selbst, und verbreiteten wieder einmal Unbehagen. Sie trafen zusammen mit Augusta ein und nahmen an einem Tisch zwischen dem Fluss und dem Tanzboden Platz.
    Caroline sah ihre Familie kommen, blieb aber beobachtend im Hintergrund. Sie wusste nicht, wie sie sich Skye gegenüber verhalten sollte. Sie kannte ihre Schwester wie ihre Westentasche und liebte sie sehr, aber im Moment gelang es ihnen nicht, sich miteinander zu verständigen. Bei ihren letzten Zusammentreffen war es, als würden sie verschiedene Sprachen sprechen.
    »Caroline!«, rief Augusta, als sie ihre Tochter entdeckte. Lächelnd

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