Wo wart ihr, als die Finsternis hereinbrach
Regisseur. Wir stimmten zu. Wir wollten durch einen Einspruch nicht die ganze Sache weiter verzögern. So langsam erfaßte uns eine andere Begeisterung. Es war klar, daß Yorgos und Şeli den Abend und die Nacht zusammen verbringen würden. Wir ließen sie am besten in Frieden. Selbst wenn wir sehr gerne gewußt hätten, wohin sie gingen und was sie machten … Çela hatte für Şebnem ein nettes Programm vorbereitet. Sie würden zuerst ins Kino gehen, dann irgendwohin zum Essen und danach zu uns nach Hause. Şebnem war seit Jahren nicht im Kino gewesen. Seit Jahren, seit vielen langen Jahren … Auf sie wartete noch eine andere Aufregung. Eine Aufregung, von der ich nicht wußte, wie sie sie verkraften würde. Wie sie diese mit Çela erleben würde, machte hingegen mich aufgeregt. Was würden sie alles reden, sowohl beim Essen als auch bei uns zu Hause. Und was war mit dem, was wir besprochen, miteinander geteilt hatten? … Würden sie von Frau zu Frau über diese unsere Augenblicke sprechen? … Ich hatte wieder gemischte Gefühle. Aus unterschiedlichen Gründen wollte ich, sie sollten darüber sprechen, dann wieder nicht. Sicherlich konnte ich nicht wissen, wo sie bei ihren Gesprächen landen würden. Ich konnte mir bloß vorstellen, daß sie nicht sehr tief hinabsteigen würden, besser gesagt, daß sie das lieber nicht wollten, sondern einander höchstens manche Gefühle spüren lassen würden. Weder war Çela geneigt, mehr zu sehen, als sie wollte, noch würde Şebnem die Augenblicke, von denen sie glaubte, sie müßten ganz geheim bleiben, die sie für sehr wertvoll hielt, die uns an sehr persönlichen Stellen erschüttert hatten, preisgeben … Ich zweifelte andererseits auch nicht, daß die gemeinsam zu verbringenden Stunden sowohl mich als auch sie eine neue Farbe in dieser Erzählung erleben lassen würden. Wir würden uns nachher irgendwie wieder mit ihnen treffen. Nachher … Denn uns erwartete das Fußballspiel, das vielleicht endlich den Weg zur Meisterschaft eröffnen würde. Derjenige unter uns, der am ungeduldigsten war, war Niso. Seine Aufregung war seinen Worten und seiner Stimme leicht anzumerken.
»Laß uns endlich gehen, Kumpel … Ich möchte die Atmosphäre im Stadion spüren …«
Wir erlebten jetzt eine Aufregung, die über die übliche vor einem Spiel hinausging. Seine Aufregung war auf uns übergesprungen. Auch die Frauen bekamen unsere Gefühle mit. Çela entwarf ein Bild des Abends, als wollte sie mit uns konkurrieren.
»Wir wünschen euch ein schönes Spiel, die Herren … Wir Frauen wollen endlich unter uns sein und machen, was uns gefällt …«
Ich bin sicher, sie hatte bei diesen Worten keinerlei Hintergedanken. Doch ich hatte in dem Moment plötzlich das Gefühl, in meinem Inneren Stimmen zu hören. Ich gab nichts darauf. Man durfte das nicht allzu genau nehmen. Außerdem war ich längst wegen etwas ganz anderem aufgeregt. Mit diesen Reden und Gefühlen verließen wir die Schule. Şebnem schaute sowohl mich als auch Necmi an und winkte uns zu. Als wollte sie versuchen, uns beiden unterschiedliche Gefühle mitzuteilen. Ich für meinen Teil nahm, was ich konnte, innerhalb der Grenzen, die dieser Moment erlaubte. Zweifellos tat das auch Necmi. Es war wieder einmal so ein Moment, in dem uns nicht nach Reden zumute war …
Bei der Überfahrt mit dem Auto auf die asiatische Seite und auf dem Weg zum Stadion redeten wir wieder von vergangenen Spielen und von unseren Chancen auf die Meisterschaft. Der Knoten konnte sich auch erst im letzten Spiel lösen, in dem Fall erwartete uns möglicherweise ein sehr unliebsames Ende der Saison. Im letzten Spiel würden Galatasaray und Trabzonspor in Istanbul aufeinandertreffen. Wir dagegen würden zu einem Auswärtsspiel nach Samsun gehen. Wir zweifelten nicht, daß Trabzonspor sich von Galatasaray besiegen ließ, damit Fener nicht Champion werden konnte. Dann mußten wir von Samsun auf deren eigenem Platz mindestens einen Punkt bekommen. Die Auswärtsspiele bei Samsunspor waren überhaupt nicht leicht. Wir würden das ja nun sehen. An jenem Abend jedoch ging es erst einmal um das Spiel gegen Bursa. Im eigenen Stadion verloren wir selten ein Spiel. Man durfte aber nicht vergessen, daß der Streß, die Meisterschaft zu verfehlen, die Fußballer beeinträchtigen konnte …
Mit dieser Sorge gingen wir ins Stadion und setzten uns auf unsere Plätze. Was wir erlebten, jene Atmosphäre vor dem Spiel, enttäuschte Niso sicherlich nicht. Als über die
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