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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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eine Hand vom Lenkrad und verschränkte meine Finger mit seinen. Schoschanas Villa war weniger als einen Kilometer von unserem Haus entfernt, weniger als drei Minuten, aber jede Minute hatte sechzig Sekunden, und jede einzelne war glücklich. Gideon würde nicht sterben, es war nur eine Migräne, mehr nicht, Nadav blickte bis zum Mittelmeer, der Hund war begeistert, die Hand meines Mannes lag offen auf meinem Schenkel und bereitete mir eine Gänsehaut unter der Jeans.
    In der Nacht waren wir zwei Menschen, die gerade dasAmerika der Lust entdeckten, er knabberte an meinem Ohrläppchen und flüsterte mir Worte zu, die aus dem Blut kamen und nicht aus dem Kopf, und ich sagte mir, er sei nicht fähig, mehr als eine Frau zu lieben, denn was er mir in dieser Nacht gab, war alles, was er zu geben hatte. Ich kümmerte mich nicht um die Torheit, die in diesem Satz lag, und fragte nicht, wer Nadja war.
    Der Morgen kam, und er packte seinen Rucksack mit einer Konzentration, als stopfe er seine Seele mit hinein. Angespannt saugte er die Wangen zwischen die Zähne und zog sich in sich selbst zurück.
    »Was macht der Kopf?«, fragte ich.
    »Was für ein Kopf?«
    »Der, der dir wehgetan hat.«
    »Worüber sprichst du? Mir hat nichts wehgetan.« Er schwor, er wisse es tatsächlich nicht.
    »Was heißt das, worüber ich spreche? Hast du vergessen, dass wir in der Notaufnahme waren und du eine Spritze in den Hintern bekommen hast?«
    Er erstarrte einen Moment, als suche er in seinem Gedächtnis und schiebe die Erinnerung zur Seite, sein Gesicht verdüsterte sich, und er kümmerte sich wieder ums Einpacken.
    Er verstaute sehr wenig in seinem Rucksack, als plante er, in zwei Tagen wieder zurückzukommen.
    »Nimm noch ein paar Unterhosen mit, und ein Handtuch reicht nicht«, riet ich ihm.
    »Nicht nötig.« Er holte alles, was er eingepackt hatte, heraus und fing erneut an.
    »Was ist mit deinem Kopf?«, fragte ich noch einmal.
    »Wie neu.« Er klopfte sich dreimal mit einem gekrümmten Finger an den Kopf und war ernst und düster.
    Der Junge umklammerte seine Beine. »Uff, schade, dass du weggehst.« Wodka leckte seinen großen Fußnagel, als sammelte er Gerüche. Gideon war verwirrt und wollte die Abschiedszeremonie abkürzen, er bückte sich, küsste den Jungen mitten auf den Kopf, richtete sich wieder auf und wandte sich an mich: »Ich habe es dir nicht gesagt, aber deine Frisur ist toll.« Er schaute mich an. »Wirklich«, sagte er und streichelte mir über den Kopf, ließ die Hand zum Nacken sinken und dort liegen. Seine Schultern passten wieder zu einem Talar, auch sein Hals hatte sich gestreckt, es war der ideale Moment, um ihm zu sagen: Hör zu, Gideon, schaffst du es, dort etwas zu sparen? Unsere Situation auf der Bank ist nicht so großartig, seit sie den schrecklichen Billigmarkt auf der anderen Straßenseite aufgemacht haben, macht der Laden nur Verlust … Aber die waagrechte Falte in seiner Stirn hielt mich davon ab.
    »Gut, also bye.« Er nahm die Hand von meinem Nacken, gab dem Jungen einen flüchtigen Kuss und ging.
    Die Sonne knallte auf den Rollladen des Alten, Lichtstrahlen schlugen zurück und blendeten uns, wir konnten nicht wissen, ob er uns durch die Ritzen beobachtete und was er von dem Tag der Migräne und des schlechten Gewissens mitbekommen hatte. Mitten am Vormittag kam Schoschana aus der Stadt, überquerte den Hinterhof und klopfte an unsere Küchentür.
    »Ich hoffe, dass er mich nicht gesehen hat«, sagte sie schwer atmend und trat zur Seite. »Hör zu, dieser Mann …« Sie bewegte den Kopf von links nach rechts.
    Ich brachte ihr kaltes Wasser, bot ihr Kaffee an, und sie saß am Tisch und sagte: »Hier haben wir einmal gewohnt. Ich habe dieses kleine Haus sehr geliebt. Gut, damals …«Sie gab mir zu verstehen, dass das »Damals« ein Sack voll Leben war, den sie auf dem Stauboden abgelegt und seit Jahren nicht mehr berührt hatte. Sie lehnte sich zurück und tat, als wäre unsere Küche ein alter gemütlicher Schuh, von dem man jede Ausbeulung und jedes Loch in der Sohle kennt.
    »Ist dein Mann wieder gesund geworden?« Sie schaute sich um, um sicherzugehen, dass außer uns niemand im Haus war. »Er ist weggefahren? Bestimmt fällt dir das nicht leicht, aber da kann man nichts machen, heutzutage fällt es jedem schwer, den Lebensunterhalt zu verdienen, glaub mir, ich wäre nie von hier weggegangen. Deshalb bin ich auch zu dir gekommen.« Sie zerknitterte einen alten Autobusfahrschein, den sie aus

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