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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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herein, wütend und verschlossen.
    »Ich habe ihr vorgeschlagen, hier zu arbeiten«, sagte ich. Ich dachte, es sei besser, wenn er es von mir erfuhr als von ihr.
    »Warum? Weil sie die Kunden belogen hat?« Er ballte die Hand um den Besenstiel und hielt ihn wie eine Lanze. »Soll das heißen, an meiner Stelle?« Seine Brauen zogen sich zusammen, und vor Zorn oder Kränkung saugte er die Wangen zwischen die Zähne.
    »Was ist mit dir, Amjad, du führst den Laden, und sie tut, was du ihr sagst.«
    »Es gibt hier nicht genug Arbeit für zwei, woher willst du Arbeit für drei nehmen?«
    »Ich übertrage dir die Aufsicht. Ich werde demnächst kaum Zeit haben.«
    Madonna sagte weder Ja noch Nein. Amjad blieb wütend und verschlossen, er fürchtete um das Brot für seine Kinder und hatte Angst, die Neuerungen würden den Laden erschüttern, der ohnehin auf wackligen Beinen stand. Madonnaging zur Toilette im Lager, dann zog sie ein graues, sommerliches Jackett an, das bisher auf der Kiste mit den Sachen zum Zurückgeben gelegen hatte, ging mit herausfordernden Schritten die Straße entlang und verschwand, im nächsten Augenblick war es, als wäre sie nie hier gewesen.
    »Siehst du?« In Amjads Augen blitzte es triumphierend auf, er stand auf der Leiter vor den Fächern mit den scharfen alkoholischen Getränken, nun kam er herunter und machte mir Platz auf der Leiter, damit ich hinaufstieg und nachschaute, was es dort oben zu sehen gab. Zwischen den Flaschen war ein runder Fleck im Durchmesser eines Wodkaflaschenbodens, und drum herum Staub wie vorher, als die Flasche noch hier gestanden hatte. Das war ein Beweis.
    »Wenn du sie einstellst, wird sie den Laden leer stehlen.«
    Ich wollte ihn nicht kränken und sagen, dass Madonna die einzige Chance für diesen Laden war, selbst wenn es geklauten Wodka bedeutete.
    »Komm, machen wir uns einen Kaffee.« Ich stellte Wasser auf und dachte, dass Madonna in dieser Nacht den geklauten Wodka in ihren dünnen Körper gießen und anschließend herumtorkeln und sich auf den Küchenboden von irgendjemanden werfen wird, dann wird die Polizei kommen und sie Gott weiß wohin bringen. Amjad wird in dieser Nacht traurig sein, er wird gereizt auf seine Kinder reagieren und mit seiner Frau schimpfen und seinen Ärger an ihnen auslassen, denn die Erde bebte unter dem Laden, und er hatte keine Ahnung, wie es weiterging.
    Es verging kaum ein Tag, da tauchte Madonna wieder im Laden auf, angezogen wie am Tag vorher, blass, wild, mit tiefen Ringen unter den Augen, ihr rotes T-Shirt war zerknittert,das Jackett zerdrückt, in der Hand hielt sie eine Schachtel, in deren Deckel zwei Löcher gerissen waren und aus der das Rascheln eines Lebewesens drang, das verzweifelt versuchte, herauszukommen. Sie stellte die Schachtel auf die Theke und stützte sich mit beiden Armen darauf, als wolle sie sich gleich der Länge nach auf der Holzplatte ausstrecken. Sie war fix und fertig.
    »Das ist für den Wodka, den ich genommen habe«, sagte sie heiser, streckte eine müde Hand aus und nahm den Deckel von der Schachtel. Winzige Augen blinzelten in das plötzliche Licht, ein kleiner Vogel lief von einer Wand zur anderen, hüpfte in die Luft, faltete die dünnen Beine auf dem Karton, drängte sich an die Luftlöcher, die für ihn gerissen worden waren, und konnte nicht wissen, dass er für einen armseligen Handel eingetauscht wurde.
    »Bring ihn deinem Jungen«, sagte sie vernebelt, und ihre Stimme kroch über die Theke.
    »Durch deine Klauereien werden wir bald einen ganzen Zoo haben.« Ich hob abwehrend die Hand zum Zeichen, dass ich es nicht nehmen wollte, dieses winzige Geschöpf war keine Sühne für den Alkohol in ihren Venen. Bevor ich den Vogel befreien und seinem Schicksal überlassen konnte, stellte Amjad ihm einen Unterteller mit Wasser und ein eingeweichtes Brötchen hin, und der Vogel senkte den Schnabel und pickte in den feuchten Teig. Amjad verschlang den Vogel mit den Augen. »Wenn er wegfliegt, fliegt er weg, wenn er bleibt, bringe ich ihn meinen Kindern.« Er legte eine flatternde Hand auf die Vogelfedern und dachte nicht zweimal nach, der Vogel blieb bis zum Abend in der Schachtel, dann begleitete er Amjad nach Hause.
    Doch bevor es Abend wurde, schlief Madonna zweiStunden lang auf dem Fußboden in unserem Lager, bevor sie erholt aufstand.
    »Nun, was ist?« Sie kam nach vorn, energisch, mit emporragender Rabentolle, und ihr T-Shirt, das gestern eng anliegend war, schlotterte jetzt, sie zog die

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