Wölfe der ewigen Nacht (German Edition)
Knöchel nicht gebrochen ist!« Da könnte er Recht haben.
»Aber von diesen Schmerzmitteln werde ich immer so müde und high.« Das war keine Lüge. Zumindest nicht komplett. Am Anfang, als sie die neuen Schmerzmittel ausprobiert hatte, konnte Josi nur noch lallen und schlafen. Später, als sie schon mehrfach wegen kleinerer Unfälle die Schmerzmittelchen bekommen hatte, bemerkte sie, dass sie ihr nicht mehr ganz so zusetzten.
Natürlich hatte sie das ihrem Vater und ihren Brüdern nie gesagt, immerhin ließen sie Josi dann für mindestens einen Tag in Ruhe. Das war normalerweise das Maximum an ungestörter Freizeit. Sonst kam immer einer von ihnen zu ihr, um zu reden, sie etwas Technisches zu fragen oder einfach nur zu schauen, warum es so ruhig war.
»Es ist sowieso besser, wenn du schläfst und deinen Knöchel entlastest.« Und nicht meine Drohung wahr werden lassen kann. Sie setzte ihr süßestes Schmollgesicht auf und ließ ihn ihr einen Stützverband anlegen. Gerade, als er fertig war, betrat Artjom nach einem artigen Klopfen das Zimmer und reichte seinem Vater das Schmerzmittel.
»So, du nimmst jetzt zwei davon und ich will dich nicht vor morgen Nachmittag unten sehen. Ich bring dir dann gleich noch etwas Neues zu essen.« Als sie zu einem Protest ansetzen wollte, schnitt er ihr mit einem barschen »keine Widerrede« die Luft ab.
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16. Kapitel
»Wo bist du?« Josh schwieg, doch Sylvester konnte Straßenlärm im Hintergrund hören. Und das weit entfernte Geräusch von vielen redenden Menschen.
»Du verfolgst doch nicht etwa Cassandra bis zu ihrem Weiberabend, oder?« Josh seufzte. Sylvester hatte immer gedacht, er würde seinen Bruder gut kennen. Aber seit Cassandra in sein Leben getreten war, verhielt er sich völlig untypisch. Er war häuslich geworden. Und wenn es nicht so abwegig wäre, hätte er darüber gelacht.
»Da kann sonst etwas passieren. Ich will sie im Blick haben, wenn sie schon nicht im Herrenhaus bleibt.« Oder sich weigerte, einen Sicherheitsmann mit dorthin zu nehmen.
»Du weißt aber schon, dass das krank ist, oder?« Josh knurrte leise.
»Was willst du?« Er klang etwas barsch, aber Sylvester konnte sich trotzdem ein Grinsen nicht verkneifen. Allerdings war er selbst auch nicht viel besser als sein großer Bruder.
»Hast du Snow im Blick?« Josh lachte kurz auf.
»Und mir wirfst du meine Sorge vor?«
»Hast du sie im Blick?«
»Ja. Sie freundet sich eben mit Annika an.« Die Art, wie er Annikas Namen aussprach, verhieß nichts Gutes.
»Wer ist Annika?« Sein Bruder schnaufte abwertend und knurrte noch einmal.
»Cassandras beste Freundin und eine Hexe. Sie mag mich nicht sonderlich.« Ach, diese Annika. Er hatte schon von den anderen gehört, dass sie Josh gerne ärgerte. Aber dass er eine Hexe in Cassandras Nähe tolerierte, war ihm unverständlich.
»Cassandras Freundin ist eine Hexe?«
»Keine Angst. Sie ist oft bei uns, also stehen die Chancen gut, dass du sie früher oder später kennenlernst.« Hexen waren nicht sehr beliebt. Sie galten als geldgierige Huren, die alles Mögliche für ihren eigenen Vorteil taten. Und als überirdisch schön.
Sylvester hatte auch schon die eine oder andere kennengelernt und war mit ihnen im Bett gelandet. Aber diese Hexen waren nett gewesen. Und süß.
Hier in Amerika war er auch schon einer Hexe über den Weg gelaufen, die war allerdings alles andere als nett. Aber dafür umso schöner.
»Tu mir bitte einen Gefallen und wirf ab und zu ein Auge auf Snow.«
»Klar. Kein Problem.« Damit legte Josh auf.
Sylvester hatte es sich den ganzen Abend im Salon, der gleich gegenüber vom Eingang lag, verschanzt und wartete auf die beiden Frauen. Aber es wurde immer später und seine Hoffnung, dass Snow den Abend grässlich gefunden hatte, wurde immer geringer.
Konnte sie sich wirklich charakterlich so stark ändern, dass sie Dinge, die sie früher gehasst hatte, jetzt mochte? Oder hatte sie einfach nur Spaß und wollte all ihre Sorgen vergessen? Ihn vergessen? Vielleicht war er wirklich zu aufdringlich und sollte sich etwas zurückziehen. Ein neues Projekt wäre keine schlechte Idee. Die Arbeit mit seinen Händen und anderen Handwerkern würde ihn wieder auf andere Gedanken bringen.
Vor dem Haus hörte er die Geräusche eines Autos und war schon auf den Beinen, als eine leicht angesäuerte Cassandra herein gestürmt kam.
»Ich fasse es nicht, dass du mich selbst bei meinem Weiberabend bewachen musst! Du bist paranoid!«
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