Wölfe der ewigen Nacht (German Edition)
von ihnen beiden enthielt. Stellte sie sich ihn gerade nackt vor?
»Nein, danke. Das hat Cassandra schon übernommen.« Gut. Sie spielte die Unerreichbare. Das hatte sie auch früher ab und zu gemacht, als sie noch nicht zusammen gewesen waren.
»Ich könnte dir noch mein Zimmer zeigen. Das Schlafzimmer wird dir gefallen.« Sie verdrehte die Augen und ging an ihm vorbei zur Treppe.
»Wo willst du hin?« Erst jetzt viel ihm auf, dass sie recht schick aussah in ihrem dunkelroten, kurzen Kleid. Und den passenden High Heels.
»Cassandra hat mich zu ihrem Weiberabend eingeladen. Bis später, Sylvester.« Noch während er auf ihre hübschen Beine starrte, ging ihm auf, was sie eben gesagt hatte.
Cassandras Weiberabend. Eine Horde Frauen, die sich einmal in der Woche trafen und wie aufgeregte Hühner gackerten. Und bei so etwas wollte Snow dabei sein? Freiwillig? Er schüttelte den Kopf und ging in sein Zimmer.
Früher hatte sie sich nicht einmal mit ihren Studienkollegen getroffen, weil sie ihr zu unreif waren und nur nebensächliche und völlig banale Dinge besprachen. Und nun hatte sie ernsthaft vor, sich diesen Haufen plappernden Frauen anzuschließen? Wenn sie wieder kam, würde er über ihr genervtes Gesicht lachen und sie noch einmal fragen, ob sie sein Zimmer gern ansehen wollen würde.
Nein! Das konnte nicht sein. Wenn dieser riesige Wolf wirklich der Fenriswolf gewesen war und ein Zeichen des nahenden Ragnarök, dann hatte sie nicht mehr genügend Zeit.
Sie sah wieder zu ihrem Computer-Bildschirm und ohne weiter darüber nachzudenken, buchte sie bei einer Airline einen Flug nach Amerika. Das Ticket druckte sie aus und transferierte anschließend ihr Geld von diversen Tagesgeldkonten zu ihrem Girokonto und auf ihre Visakarte.
Sie schnappte sich ihr Blackberry und übertrug die Daten des Fluges darauf. Als es leise an der Tür klopfte, blendete sie das Fenster mit der Buchung und der Bankseite aus und drehte sich schließlich um.
»Es ist offen.« Zum Glück hatten die Männer in diesem Haushalt die löbliche Eigenschaft anzuklopfen, bevor sie ein Zimmer betraten. Ihr Vater stand in der Tür, hielt aber seinen Blick auf das Tablett gesenkt, dass er vorsichtig balancierte.
»Ich hab dir etwas zu essen gebracht und eine Kompresse für deinen Knöchel.« Er war also wirklich der Ansicht, dass er das Thema totschweigen konnte. Aber so hatte sie wenigstens einen Vorwand, um nach Amerika abzuhauen.
»Kannst du mir bitte die Reisetasche von meinem Schrank reichen? Ich komm da nicht ran.« Sichtlich blass sah er ihr ins Gesicht und das Besteck auf dem Tablett klirrte.
»Ich hab diese Sender nur zu deinem Schutz gekauft.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und setzte ihren finsteren Blick auf.
»Die Tasche ist ganz hinten. Die Schwarze.« Als ob sie wüsste, welche Farbe diese beschissene Reisetasche hatte. Im äußersten Notfall müsste sie diese sowieso allein herunterholen. Plötzlich ließ ihr Vater den Kopf hängen.
»Also gut. Es sind sechs Peilsender. In deinem Notebook, in deinem Handy, den Wanderschuhen, den abgetragenen Turnschuhen, deiner Uhr und in deiner Tasche.« Er gab nach? In einer Sache, die ihm so wichtig war? Mist .
Jetzt musste sie ihn davon überzeugen, sie gehen zu lassen. Scheiße! Er würde sie nie freiwillig gehen lassen. Nicht in Tausend Jahren, nicht mal, wenn der Weltuntergang bevorstünde. Also blieb ihr nur noch ein Mittel: Lügen. Und das tat sie ihm nicht gern an.
»Danke. Ich kümmer mich dann gleich um die Entsorgung der Sender.« Wieder sah er auf das Tablett.
»Iss erst mal was und ich schau mir in der Zwischenzeit deinen Knöchel an.«
»Das ist lieb von dir. Aber meinem Knöchel geht es schon wieder ganz gut.« Um dies zu verdeutlichen, stand sie von dem Computerstuhl auf und wollte einen Schritt auf ihren Vater zugehen. Showtime!
Josi verzog ihr Gesicht zu einer Maske des Schmerzes und ging sehr theatralisch zu Boden. Alexej ließ sofort das Tablett fallen und ruinierte damit ihren Lieblingsteppich, aber das war es wert.
»Josi! Großer Gott. Nichts ist in Ordnung. Du wirst dich sofort hinlegen und ich mach dir einen Stützverband. Artjom besorgt schon Schmerzmittel.« Es klappte. Und das er schon vorher seinen Ältesten losgeschickt hatte, um Medikamente für sie zu holen, war so typisch für ihn.
»Daddy! Ich bin doch kein kleines Kind mehr«, protestierte sie, als er sie zu ihrem Bett trug.
»Keine Widerrede! Du kannst von Glück sprechen, dass der
Weitere Kostenlose Bücher