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Wölfe der Nacht

Wölfe der Nacht

Titel: Wölfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Percy
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Sonnenlicht, das durch die windbewegten Äste fällt, flackernden Gesicht.
    Sein Vater will sofort den Fluss durchqueren und nach Boo suchen.
    »Was ist mit Graham?«, fragt Justin.
    Sein Vater zieht an seinem Bart und ballt dann eine Faust, die leicht zittert. »Wir haben Gewehre.«
    Als sein Vater nichts mehr sagt, sagt Justin: »Es ist doch nur ein Hund, Dad.«
    Sein Vater wirft ihm einen wütenden Blick zu, bevor sein letztes Wort den Mund verlassen hat. »Halt die Klappe. Kannst du mal einen Augenblick lang die Klappe halten?«
    »Vielleicht denkst du jetzt einmal an deine wirkliche Familie.«
    Er schaut Justin mit verwunderter Miene an, als würde er denken: Meinst du dich selber? Und Justin fragt sich, ob sein Vater, wenn er verschwunden wäre, auch so eifrig nach ihm suchen würde?
    Dann richtet sein Vater den Blick auf einen Punkt am anderen Ufer. Justin würde ihm eine Ohrfeige geben, wenn er nicht diesen brutalen Ausdruck im Gesicht hätte. »Nein«, sagt sein Vater schließlich. Seine Stimme ist weich, aber schlangenweich, als könnte sie, wenn provoziert, mächtig in die Höhe schnellen. Er zwinkert Justin schnell zu, und das heißt: Nein, nein, nein. Sie werden den Canyon nicht ohne Boo verlassen.
    Also schlägt er seinem Vater vor, sie könnten doch, da sie schon so nahe dran sind, im Lager ihre Mittagspause machen. Er hat keinen Hunger – absolut keinen –, aber er sagt seinem Vater ernsthaft, dass sie mit Essen im Bauch die Sache besser durchdenken können, entscheiden können, was sie tun sollen, wobei er insgeheim hofft, dass sein Vater diesmal zur Besinnung kommt.
    Und wer weiß, sagt er seinem Vater, vielleicht lockt der Duft von gebratenem Wild den Hund ja aus dem Wald.
    »Oder was anderes«, sagt sein Vater.
    Sein Vater steckt zwei Finger in den Mund und stößt diesen speziellen, ohrenbetäubenden Pfiff aus, den Justin schon immer beherrschen wollte. Als Boo nicht reagiert, murmelte er: »Verdammt«, und tritt frustriert gegen einen Baum und kneift dann in jämmerlichem Trotz die Lippen zusammen und marschiert mit dem Gewehr wie einen Speer an seiner Seite zum Lager zurück.

BRIAN
    Über ihm blinkt ein rotes Auge. Die Glastüren gehen auf. Er schnappt sich einen Wagen und schiebt ihn durch die Obst- und Gemüseabteilung zur Bäckerei, wo er sie entdeckt. Sie trägt ein schwarzes Fleeceshirt und Jeans, die Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst, der beim Gehen wippt. In einer Hand trägt sie einen Korb, der schwer mit Orangen und Bananen beladen ist. Sie bleibt stehen, um sich die Baguettes anzuschauen, bevor sie eins nimmt und sich unter den Arm klemmt, wie ein Kind, das so tut, als wäre es eben von einem Schwert erstochen worden.
    Sie geht weiter und er schiebt seinen Wagen so hastig hinter ihr her, dass er beinahe mit einem Jungen zusammenstößt, der um einen hoch mit Donut-Kartons beladenen Tisch herumkommt. Er hat einen Topfschnitt als Frisur und traurige braune Augen. Vielleicht ist er acht, vielleicht elf – Brian kann das Alter von Kindern nicht gut schätzen. » ’ tschuldigung«, sagen sie beide. Und dann setzt der Junge sich wieder in Bewegung, doch nicht bevor er, als Geste der Entschuldigung und des Abschieds, die Hand gehoben hat.
    Sein Arm ist bedeckt von einem roh aussehenden Muttermal. Es ist schwer, nicht hinzustarren. Die Haut sieht aus wie mit Himbeermarmelade beschmiert. Brian zwingt sich, woanders hinzusehen. Er nimmt einen Karton mit Löffelbiskuits zur Hand und tut so, als würde er das Etikett lesen. Doch seine Augen wandern wieder zu dem verfärbten Fleisch. Er fragt sich, ob die Kinder in der Schule den Jungen verspotten, ihn einen Freak nenn en, ihn in der Pause jagen und mit Stöcken nach ihm werfen. Plötzlich spürt er den Drang, zu ihm zu eilen und zu sagen, was er tun soll, wie er sich wehren und wo er sie treffen soll, damit sie bluten und ihn nicht mehr belästigen.
    Aber Karen ist schon fast außer Sicht, und deshalb wünscht er dem Jungen still viel Glück und wirft den Karton mit den Löffelbiskuits in den Wagen. In den Gängen drängen sich die Menschen. Er hat Schwierigkeiten, zwischen ihnen hindurchzumanövrieren, da sein Wagen ein wackelndes Rad hat, das ihn immer nach rechts zieht. Er stellt ihn neben der Fleisch theke ab und bleibt dann selbst stehen, nur zehn Meter von ihr entfernt. Sie kauert und betrachtet die Stapel mit den Hühnerbrüsten.
    Der Fleischer – kurz, mit runden Schultern und Augenbrauen, die so dicht und

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