Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
Reisetasche —
Schulter an Schulter, Arm an Arm, Schenkel an Schenkel, und gelegentlich
berührten sich auch unsere Zehen. So erzählten wir einander unsere Geschichten.
    Ich machte den Anfang, da er
anscheinend mehr Zeit benötigte. Er hörte mir nachdenklich zu und stellte ab
und zu eine Zwischenfrage. Ob ich Dan Kessell kennengelernt hatte? Was ich von
Gage Renshaw hielte? Renshaw habe seine Äußerung, ihn umbringen zu wollen, doch
nicht ernst gemeint? Tatsächlich? Dieser Mistkerl!
    An der Stelle, an der ich von der
Leiche auf der Mesa erfahren und geglaubt hatte, Hy wäre der Tote, verstummte
er. Er schien sich von mir zu entfernen und in sich selbst zurückzuziehen. Nach
einer Weile legte er die Hand unter mein Kinn und hob mein Gesicht ein wenig
hoch, so daß er mir in die Augen sehen konnte. »Hätte ich das gewußt, dann
hätte ich mich auf irgendeine Weise mit dir in Verbindung gesetzt. Das mußt du
mir glauben.«
    »Aber warum hast du es nicht
getan?«
    »Aus demselben Grund, aus dem du keinen
Kontakt zu deinen Freunden oder deiner Familie aufgenommen hast — es war zu
gefährlich.«
    Ich fuhr mit meiner Geschichte fort und
sprach jetzt schneller. An ihrem Ende verfiel Hy erneut in abwesendes
Schweigen. Schließlich sagte er: »Ich habe immer schon gewußt, daß du gut in
deinem Job bist, aber es war mir nicht klar, wie gut. Ich weiß nicht, ob ich
bei vertauschten Rollen so weit gekommen wäre.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe
eine Menge Erfahrung, wenn es darum geht, Leuten auf die Spur zu kommen. Jetzt
bist du an der Reihe.«
    Sein langer Körper spannte sich. Er
trank einen Schluck Wein und goß nach. »Also, das, wovon du nichts weißt,
beginnt in der Lichtung neben dem Highway 101 im San Benito County.«
    »Was ist mit...«
    »Dort beginnt es«, sagte er bestimmt.
    Die Vergangenheit war demnach noch
immer tabu. Obwohl ich seine Freundschaft mit Gage Renshaw und Dan Kessell so
betont und Renshaws Bemerkung über »die gemeinsamen Erlebnisse von früher« so
hervorgehoben hatte, beabsichtigte er offenbar noch immer nicht, die Tür zu
diesen Dingen zu öffnen. Ich wußte nicht, was ich davon halten sollte, und auch
nicht, welche Auswirkungen es auf unsere künftige Beziehung haben würde. Doch
das wollte ich jetzt nicht zum Thema machen. Es gab zu viele andere Dinge, die
ich wissen mußte.
    »Weiter.«
    »Okay, irgend etwas an der ganzen
Geschichte schien mir von Anfang an nicht zu stimmen. Diane Mourning zeigte
allzuwenig Gefühle, selbst für eine so pragmatische und phantasielose Person.
Und Gage hatte gemeint, die Entführung könne auch von ihrem Mann selbst inszeniert
worden sein. Auch Terramarine paßte nicht ins Bild. So zurückhaltend hatte ich
diese Leute noch nie erlebt. Und schließlich Colores, die Firma, auf die das
Akkreditiv ausgestellt war: Von Emanuel Fontes weiß ich so einiges. Er ist
nicht der Typ, der gemeinsame Sache mit Öko-Terroristen macht, vor allem nicht
mit weniger kompetenten. In Erwartung einer Überraschung fuhr ich nach San
Benito — und die habe ich dann auch erlebt.«
    »Stan Brockowitz?«
    »Hm. Ich habe ihn erkannt, trotz dieser
wirklich blöden Verkleidung. Auch er hatte mich erkannt und wollte abhauen. Ich
gab Gas, um ihn zu verfolgen, und rammte diesen verdammten Stein.«
    »Aber davon hast du Renshaw nichts
gesagt.«
    »Nein. Ich war drauf und dran, auf sehr
unangenehme Weise aus der Sache rauszufliegen. Ich glaubte, daß die Kidnapper
sich nicht noch einmal bei RKI melden würden, falls Brockowitz sicher war, daß
ich ihn erkannt hatte. Sollten sie es aber doch tun, hielt ich es für das
beste, daß Renshaw möglichst wenig wußte. Um so überzeugender würde er mit den
Kidnappern verhandeln können. Unbewußt habe ich wohl Gage auch nicht so recht
getraut.«
    »Warum nicht?«
    »Eine alte Geschichte«, sagte er kurz
angebunden. »Jedenfalls vermute ich, Brockowitz war nicht sicher, ob ich ihn
erkannt hatte oder nicht. Denn meine Kontaktperson — Ann Navarro, wie sich
später herausstellte — rief mich fast unmittelbar danach an, und ich flog nach
San Diego. Was dort passiert ist, weißt du im wesentlichen selbst. Komisch, daß
du mir auf die Spur gekommen bist, weil ich am Holiday Market die falsche Frau
angesprochen habe. Ich hatte, dort schon ziemlich lange gewartet und war
stocksauer, als ich sie über den Parkplatz kommen sah. Auch das habe ich
verpatzt, indem ich den Namen Brockowitz erwähnte. Als dann Ann Navarro

Weitere Kostenlose Bücher