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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ihn
wahrscheinlich kontrollieren.«
    »Vielleicht aber auch nicht. Er ist so
teuer, daß er durchaus einem der Anlieger gehören könnte. Vielleicht haben sie
ja auch Hemmungen, weil sie hier ein Tête-à-tête stören könnten.« Ich griff
nach Hys Extra-Pullover auf dem Rücksitz — er war zum Glück dunkelblau — und
zog ihn mir über den Kopf. In unserem Hotel in Tijuana hatte ich bereits Jeans
und Turnschuhe angezogen.
    Hy gab keinen Kommentar zu meiner etwas
wackeligen Theorie und griff unter den Sitz nach seinem Pullover. Dann stieg er
aus und steckte ihn in den Hosenbund. Ich glitt auf meiner Seite hinaus und
hängte mir die schwere Tasche mit der .45 er meines Vaters und der Kamera über
die Schulter. Dann gingen wir den sandigen Weg zum Strand hinunter.
    Der Sand dämpfte unsere Schritte. Wir
gingen schweigend und kaum hörbar auf die vermodernden pongas zu. Vom
Flußbett drang heute kein Laut herüber. Es war nur das schwache Flackern eines
Feuers zu erkennen. Fischer stehen früh auf und sind gewöhnlich bereits gegen
Mittag mit ihrer Arbeit fertig. Sogar bei den Villen auf der Anhöhe rührte sich
kaum etwas.
    Als wir auf der Höhe von Fontes’ Haus
ankamen, lief Hy geduckt und kroch schnell über das letzte offene Stück. Ich
machte es ihm nach, legte mich hinter den pongas flach auf den Bauch und
holte die Kamera aus der Tasche. Nachdem ich den Objektivdeckel abgenommen
hatte, schob ich den Apparat wieder in die Lücke zwischen den Booten. Das Stück
Holz, das ich am Vorabend zum Abstützen benutzt hatte, lag noch da.
    Die Villa und auch die Terrasse waren
beleuchtet, aber draußen war niemand zu sehen. Ich richtete meine Kamera auf
die Glastüren, deren Vorhänge heute zugezogen waren. Das Objektiv vergrößerte
so stark, daß ich ihre grobe Struktur erkennen konnte. Ich zoomte ein Stück
zurück, um einen größeren Ausschnitt zu bekommen, und sah Schatten hinter den
Vorhängen, die sich bewegten.
    »Siehst du etwas?« flüsterte Hy.
    »Noch nicht. Die Vorhänge sind zu.« Ich
stellte die Schärfe nach. »Einen Moment noch. Drinnen gehen Leute hin und her.
Ich bin ganz gut im Lesen von Körpersprache, und vielleicht erkenne ich sie an
ihrer Gangart.«
    Er hockte sich hinter mich und schwieg.
In seiner Stellung konnte er auch den Strand im Auge behalten. Ich beobachtete
weiter die Schattenspiele oben im Haus.
    In den folgenden fünf Minuten studierte
ich die Größe der Gestalten und die Einzelheiten ihrer Bewegungen. Jemand kam
herein, brachte etwas, stellte es ab und ging wieder. Wahrscheinlich ein
Dienstmädchen oder der Diener, der sich um die Bar gekümmert hatte. Eine zweite
Person ging nun im Raum auf und ab. Eine dritte Gestalt erhob sich aus einem
Sessel, ging nach rechts, wo das Dienstmädchen oder der Barmixer
stehengeblieben war, und kam nach einer Weile wieder zurück.
    »Ich glaube nicht, daß Fontes da ist«,
flüsterte ich. »Diese Personen hier sind alle klein bis mittelgroß.«
    »Wie viele sind es?«
    »Drei, aber einer davon gehört wohl zum
Personal. Ich bin ziemlich sicher, daß Salazar dabei ist. Jemand mit seinem
schleppenden Gang hat das Zimmer durchquert.«
    »Die dritte Person?«
    »Geht auf und ab. Sie ist klein und
untersetzt. Möglicherweise Ann Navarro. Schwer zu sagen.«
    »Nicht Mourning?«
    »Nein, nein. Wahrscheinlich wird er
bewacht.«
    »Wo könnte Fontes deiner Meinung nach
sein?«
    Ich antwortete nicht. Eine massige
Gestalt war hereingekommen und stand jetzt neben dem Sessel, in dem meiner
Ansicht nach Salazar saß. Der Schatten blieb etwa eine halbe Minute dort stehen
und zog sich dann mit schwerfällig rollender Gangart zurück. Jaime? Kurz darauf
ging hinter einem vorhanglosen Fenster im zweigeschossigen Flügelanbau auf der
rechten Seite ein Licht an. Ich schwenkte hinüber. Jaime kam ins Bild und legte
gerade sein Schulterhalfter ab.
    »Da drüben ist Salazars Bodyguard«,
flüsterte ich. »Er macht gerade Feierabend.«
    »Dann bleiben uns nur noch...«
    »Salazar und Ann Navarro. Der Diener
und eventuell Fontes’ sonstiges Personal. Vielleicht auch Fontes selbst.« Ich
beobachtete weiter. Die kleine, untersetzte Gestalt war stehengeblieben und
setzte sich nun in die Nähe der anderen Personen. Für lange Zeit gab es keine
Bewegung mehr.
    »Hy«, sagte ich, setzte mich auf und
gönnte meinen Augen eine Ruhepause, »wieviel, glaubst du, wissen die Leute dort
im Flußbett davon, was in diesen Villen vor sich geht?«
    »Wahrscheinlich gar nicht so wenig.

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