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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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sich mit ihnen zusammensetzen. Mit irgendwelchen
Vorspiegelungen erfahren Sie gar nichts. Machen Sie einen Termin mit Gage
Renshaw, gehen Sie hin, und fragen Sie ihn rundheraus, was passiert ist.«
    Das hörte sich gut an. Ich war schon
immer für den direkten Weg gewesen.
    Ich hängte ein, setzte mich aufs Sofa,
legte die Füße auf den Kaffeetisch und dachte eine Weile nach. Das
internationale Geschäft mit der Sicherheit ist eine Folge der Terroranschläge
gegen Angestellte und Manager von US-Gesellschaften im In- und Ausland. Diese
Firmen erstellen Risikoanalysen, entwerfen Sicherheitsprogramme und bilden das
Personal, Wachen und Bodyguards, in Präventiv- und Defensivmaßnahmen aus. Zu
diesem Teil ihrer Tätigkeit äußern sie sich dann auch gern in Interviews für
Zeitschriften wie das ›Wall Street Journal‹.
    Die Aktivitäten, über die sie nicht so gern
reden, nennen sie Einsätze bei unvorhergesehenen Ereignissen: Krisenmanagement
bei Erpressung und Entführung, Lösegeldverhandlung und — Übergabe,
Geiselbefreiung. Versicherungsgesellschaften, die sehr weitreichende
Anti-Terrorismus-Policen ausstellen, legen genau fest, welcher
Sicherheitsdienst für den Fall einer Entführung neben dem FBI heranzuziehen
ist. Wenn Bob sagte, die Versicherungsgesellschaften schauen RKI genau auf die
Finger, so meinte er damit: Sie halten deren Methoden für unorthodox, zum Beispiel,
weil sie gern die Bundesbehörden umgehen. Bei einer Lösegeldübergabe oder einer
Geiselbefreiung gehen sie höhere Risiken ein als andere Firmen. Wahrscheinlich
haben sie eine hohe Erfolgsrate, aber ein einziger Mißerfolg kann katastrophal
sein.
    Was hatte Hy mit diesen Leuten zu tun?
    Mir hatte er gesagt, ein alter Kumpel
aus San Diego wolle mit ihm über einen geschäftlichen Vorschlag sprechen. Ein
alter Kumpel aus seiner Kindheit in Fresno? Oder einer aus der neun Jahre
langen Lücke in seiner Biographie? So oder so, es mußte jemand von RKI sein,
wahrscheinlich Dan Kessell oder Gage Renshaw. Und mein damaliger Chef hatte
recht: Der beste Weg, das herauszufinden, war wohl, einfach danach zu fragen.
    Ich ging ans Telefon und wählte die
Nummer in La Jolla, die ich mir gestern abend beim Abhören des
Anrufbeantworters aufgeschrieben hatte. Eine Frau meldete sich. Ich fragte nach
Gage Renshaw. Der sei nicht in der Stadt. Und Dan Kessell? Der sei im Moment
nicht zu erreichen. Ob ich Mr. Renshaw vielleicht in San Francisco finden
könnte? Ich könne es versuchen. Ob ich die Nummer hätte? Ja, danke.
    Ich wählte die Nummer in San Francisco.
Ein Mann meldete sich. Wieder fragte ich nach Gage Renshaw. Er ließ sich meinen
Namen geben und bat mich zu warten. Nach dreißig Sekunden war er wieder in der
Leitung und fragte mich, worum es gehe.
    »Um Hy Ripinsky«, sagte ich.
    Es folgte eine kleine Pause. »Einen
Augenblick, bitte.«
    Als nächstes hörte ich eine kräftige,
sonore Stimme mit sehr zurückhaltendem Tonfall. »Hier ist Gage Renshaw. Was
kann ich für Sie tun, Miss McCone?«
    »Ich hätte gern einen Termin
vereinbart, um mich mit Ihnen über Hy Ripinsky zu unterhalten.«
    »Ripinsky...?« Obwohl er versuchte,
eine Gedächtnislücke vorzutäuschen, war doch der interessierte Unterton nicht
zu überhören.
    »Mr. Renshaw, Sie kennen ihn.«
    »...Ja. Was haben Sie mit ihm zu tun?«
    »Ich bin seine Freundin.«
    »Aha.«
    »Ich möchte Sie aufsuchen.«
    In der Leitung war ein merkwürdiges
Geräusch. Wahrscheinlich schnitt Renshaw den Anruf mit. »In Ordnung, Miss McCone,
ich habe heute einen eher lockeren Terminkalender. Können Sie um halb elf hier
sein?«
    »Sicher.«
    »Unsere Adresse haben Sie?«
    »Ja.«
    »Dann sehen wir uns in einer Stunde.«
    Ich legte den Hörer auf und ging ins
Badezimmer, wo ich eine Spur Make-up auftrug und mein Haar mit einem
Schildpattkamm zu einem Knoten aufsteckte. Vor meinem großen Spiegel prüfte ich
den Sitz von Jeans und Pullover, entdeckte die steilen Falten zwischen meinen
Augenbrauen und lachte gequält. Wenn eines sicher war, dann der Umstand, daß
bei RKI sich niemand um die mangelnde Eleganz meines Aufzugs kümmerte. Dort
hatte man, wie auch ich, ganz bestimmt wichtigere Dinge im Kopf.
     
    Der Block an der Green Street, in den
ich wollte, lag gleich hinter dem Embarcadero zwischen Battery und Front
Street. Von dort aus konnte ich die Piers jenseits des breiten Boulevards
sehen, der parallel zur Küste verlief. Hinter mir erhob sich der nackte Fels
des Telegraph Hill. Dieses Stadtviertel

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