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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Mietwagen — einem braunen Kombi unbestimmter Detroiter Herkunft, dessen
Sicherheitsgurt durchaus in der Lage war, den Fahrer mit tödlicher
Geschwindigkeit zu köpfen. Auf der Karte hatte der Angestellte den Weg zu
meinem Zimmer mit einer Unzahl verschlungener Kreise und Pfeile gekennzeichnet,
die mich allerdings nur verwirrten. Ich studierte sie, drehte sie in alle
Richtungen, ließ sie schließlich in meine Tasche gleiten und machte mich ohne
diese Hilfe auf die Suche.
    Das Bali Kai lag im südlichen
Hotelbezirk, zwischen der Parallelstraße zur Interstate 8 und der Klippe, die
in die Mission Hills überging. Dort war ich aufgewachsen. Nebenan lag ein noch
größeres Motel. Dort hatte mein Bruder Joey, bewandert in vielen Berufen, vor
ein paar Jahren als Barkeeper gearbeitet, als ich meinen jährlichen
Familienpflichtbesuch absolvierte. Dann kam ein italienisches Restaurant. Ich
merkte mir seinen Namen.
    Schließlich fand ich in einem der
weitläufigen Seitenflügel mein Zimmer. Ich trug meine Reisetasche hinein und
ging sofort zum Telefon. Alicia Ferris, Renshaws Bekannte und Hys
Kontaktperson, meldete sich, sie hatte schon auf meinen Anruf gewartet. Ich
fragte sie nach ihren Gesprächen mit Hy. Sie hatten nur einmal miteinander
telefoniert, und zwar am Sonntag abend gegen neun Uhr.
    »Können Sie wiedergeben, was er sagte —
möglichst den genauen Wortlaut?« fragte ich.
    »Also, es ging ungefähr so: ›Ripinsky
hier. Sagen Sie Renshaw, der Termin ist um elf. Ich melde mich dann wieder.‹
Dann bedankte er sich und hängte ein.«
    »Wie klang er? Angespannt? Ängstlich?«
    »Weder noch. Beherrscht, würde ich
sagen. Er hatte einen Auftrag zu erledigen, und das war es.«
    Ich seufzte. Nicht viel, worauf man
aufbauen konnte.
    »Miss McCone«, sagte Alicia Ferris,
»Sie sollten mir Ihre Zimmernummer im Motel geben, falls ich Sie erreichen
muß.«
    »Hundertdreiunddreißig.«
Sicherheitshalber sah ich noch mal auf dem Zimmerschlüssel nach, der neben dem
Telefon lag.
    »Gut. Rufen Sie mich jederzeit an, wenn
Sie irgend etwas brauchen.«
    Beim Auflegen fragte ich mich, warum
sie wohl meine Zimmernummer haben wollte. Vielleicht war es ja reine Hilfsbereitschaft,
aber um mich telefonisch zu erreichen, brauchte sie nicht die Zimmernummer.
Möglicherweise hatte Renshaw sie in meine Überwachung einbezogen, und seine
Leute sollten in meiner Abwesenheit mein Zimmer durchsuchen. Soweit ich wußte,
gehörte Alicia zu seinen Leuten. Warum dann diese so leicht durchschaubare
Frage, die mich doch hellhörig machen mußte? Warum fragte sie nicht einfach in
der Rezeption? Natürlich konnte mir dann der Motelangestellte mitteilen, jemand
habe nach meiner Zimmernummer gefragt...
    O Gott, sagte ich mir, jetzt denkst du
schon genauso paranoid wie all die RKI-Leute. Dann machte ich mir aber klar,
daß das auch nützlich sein konnte. Zwar war mir bisher keinerlei Beschattung
aufgefallen, dennoch hatte ich dieses vertraute Gefühl, insgeheim beobachtet zu
werden.
    Ich zog den Motelplan aus der Tasche
und prägte mir die Anlage ein. Dann versuchte ich, mich an das Nachbarmotel zu
erinnern, in dem Joey gearbeitet hatte. Die Bar lag zwischen der Lobby und dem Swimmingpool-Bereich
und war von beiden Seiten zugänglich. Parallel dazu lag die Damentoilette,
ebenfalls mit zwei Eingängen. Jenseits des Swimmingpools führte ein Labyrinth
von Wegen durch den Garten zu den verschiedenen Flügeln mit den Gästezimmern.
Dunkles Parkgelände, von Parkplätzen gesäumt, erstreckte sich vom Hauptgebäude
bis zu den Klippen.
    Das könnte klappen...
    Ich nahm das Telefonbuch aus der
Nachttischschublade und suchte die Nummer der Reliable Cab Company heraus —
eine Taxigesellschaft, deren Ruf tatsächlich ihrem Namen entsprach. Zumindest
war das die Ansicht meiner Mutter, die ungern und so selten wie möglich Auto
fährt. Ich wollte nach dem Hörer greifen, ließ dann aber die Hand wieder
sinken. Da war es wieder, dieses Mißtrauen. Zwar konnte RKI in den wenigen
Minuten, seit ich Alicia Ferris meine Zimmernummer gegeben hatte, mein Telefon
nicht angezapft haben, doch es wäre ja auch möglich, daß jemand vom
Motelpersonal mit RKI unter einer Decke steckte. Alicias Frage konnte auch
einer Verschleierung dienen. Sie konnten durchaus bereits seit Stunden wissen,
welches Zimmer mir zugeteilt werden sollte. Bei Leuten dieses Schlages konnte
man nicht vorsichtig genug sein.
    Ich schrieb mir die Nummer des
Taxi-Unternehmens auf und steckte den Zettel ein.

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