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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ließ mich von dem vertrauten Treiben einlullen, das die Vorbereitungen zum
Start stets begleitet.
    Auf dem Flughafen war mir nichts
aufgefallen, was auf eine Beschattung hindeutete, aber das besagte nicht viel.
Die RKI-Teute waren sicher routiniert und nur schwer auszumachen. Oder aber die
Überwachung sollte erst in San Diego beginnen. Renshaw traute mir zwar nicht,
aber er nahm wohl an, daß ich mit offenen Karten spielte, bis ich die erste
konkrete Spur zu Hy hatte. Seine Leute würden also auf Distanz bleiben, bis ich
etwas unternahm.
    Mein Gott, dachte ich, was für eine
Welt ist das, in der Leute wie Renshaw leben — eine Welt voller Verdächtigungen
und Mißtrauen. Zwar hatte ich auch schon einiges an Heuchelei und Falschheit
erlebt, doch bei ihm schien das die Norm zu sein. Ob er je Freund und Feind
unterscheiden konnte? Wahrscheinlich nicht. Heute nachmittag waren er und seine
Klientin sich fast an die Gurgel gefahren. Ob er je seine Wachsamkeit aufgeben
und jemandem vertrauen konnte? Vielleicht seinem Partner Dan Kessell, aber das
war wahrscheinlich der einzige. Und zu dieser Welt hatte Hy Verbindung gehabt,
irgendwann in dem leeren Zeitraum von neun Jahren...
    Jetzt erst ging mir auf, daß Bob Stern,
mein früherer Boss, durchaus recht haben könnte mit der Meinung, ich würde es
hier möglicherweise mit Leuten von anderem Kaliber als meinem zu tun bekommen.
Ein Fehler meinerseits könnte schlimme Folgen haben. Aber blieb mir denn eine
Wahl?
    Nein, nicht, wenn Hy mir etwas
bedeutete. Und er bedeutete mir etwas — mehr, als ich mir selbst eingestehen
wollte. Aber es ist schwer, einem Mann, der einem seine Vergangenheit nicht
anvertrauen will, seine tiefsten Gefühle entgegenzubringen; schwer, zu
vertrauen, wenn man fürchten muß, kein Vertrauen zurückzubekommen. Doch nun war
ich — wie hatte es Bob ausgedrückt? — zu seiner Rettung aufgebrochen. Eine
Umkehr war nicht mehr möglich.
    Das Flugzeug hob ab und nahm mit einer
Schleife über dem Pazifik Kurs nach Süden. Ich griff unter den Vordersitz und
zog aus meiner Umhängetasche die Unterlagen über die biotechnische Industrie
hervor, die Renshaw mir gegeben hatte. Ich blätterte darin herum, bis ich an
ein Exemplar der Zeitschrift ›Image‹ mit einem Porträt der Mournings kam, und
fing an zu lesen.
    Beide stammten aus dem Mittelwesten,
sie aus Wisconsin, er aus Minnesota. Sie hatten sich während ihres Studiums an
der Universität von Wisconsin kennengelernt und dort auch geheiratet. Dann
waren sie an die Bucht von San Francisco gezogen. Sie beschloß, den
renommierten kaufmännischen Magisterabschluß in Stanford zu machen, und er nahm
eine Stellung als Biochemiker bei dem Pharmariesen Syntex an. Es hatte magere
Zeiten gegeben, als sie noch studierte und er mit einem Kollegen Syntex
verließ, um selbst in Biotechnologie herumzuexperimentieren. In einer
Zwischenpause hatte sie bei einem finanzkräftigen Anlage-Profi in San Francisco
den Umgang mit Geld gelernt — später sollte dieser einer der wichtigsten Investoren
bei Phoenix Labs werden. Zur gleichen Zeit begann er, seine noch in den
Kinderschuhen steckende Firma auszubauen. Dann kamen glänzende Zeiten,
allerdings zweigten sie damals — so deutete das Magazin an — größere Beträge
vom Firmenkapital zum Privatgebrauch ab. Sie besaßen eine Eigentumswohnung auf
dem Russian Hill, ein Strandhaus im Süden und die halbe Teilhaberschaft an
einer namhaften Weinkellerei in Alexander Valley. Hinzu kam eine endlose Kette
von Liebesaffären.
    Beide Mournings hatten vor dem Reporter
sehr offen über ihre früheren außerehelichen Eskapaden gesprochen. Zu offen,
dachte ich, besonders weil mich als Leser solche Dinge gar nichts angingen. Der
Autor des Beitrags schien meine Ansicht zu teilen, was sich im spöttischen
Unterton seines Artikels zeigte. Sicherlich war das weder Diane noch Tim
aufgefallen. Ich fand sie narzißtisch und extrovertiert, und sicherlich konnte
in ihren Augen nichts, was sie taten, unrecht oder auch nur geschmacklos sein.
Die Devise, nach der dieses Paar lebte, war soziopathologisch: Wenn es mir gut
scheint, dann mache ich es. Pech, wenn es dir nicht gefällt oder dich verletzt.
Als ich der Stewardeß meine Kaffeetasse zum Nachfüllen hinhielt, hatte ich ein
ungutes Gefühl. Ich stellte die Tasse ab und rieb mir die Hände, als müßte ich
Schmutz abrubbeln. Sie fühlten sich unsauber an, seit ich das Magazin mit dem
Artikel angefaßt hatte. Die Zeitschrift ›Fortune‹

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