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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Fremde allzunah an sich herankommen zu lassen. Aber die
Navarro... Sie sind erst gerade ein Jahr lang verheiratet, so daß sie wohl noch
nicht so paranoid werden konnte wie er. Ich erinnere mich... Bleib einen
Augenblick dran, ich prüfe das eben mal nach.«
    Wieder wartete ich. Kurz darauf war
Anne-Marie zurück. »Mein Gedächtnis hat mich nicht getrogen«, sagte sie. »Ann
Navarro hat ein Geschäft in San Juan Capistrano. Es heißt Swallow’s Nest.«
    »Was ist das für ein Laden?«
    »Ich weiß nicht, aber dem Namen nach
könnte es so ein Souvenirladen sein.«
    »Danke, Anne-Marie. Du hast mir
wirklich geholfen.«
    »Shar, wann kommst du nach Hause? Hank
muß mit dir reden. Er fühlt...«
    »Ich weiß, er fühlt sich ganz
miserabel. Ich will versuchen, das in Ordnung zu bringen. Sag ihm...« Ich brach
ab und wußte nicht, was ich ihm sagen wollte. Schließlich sagte ich nur lahm:
»Sag ihm, ich komme bald.«
     
     
     
     
     

18
    San Juan Capistrano liegt etwa sechzig
Meilen nördlich von San Diego. Auf dem Weg dorthin passiert man den Checkpoint
San Onofre. Die Kegel des Atomreaktors in der Ferne wirkten wie schlafende
Vulkane vor dem glitzernden Meer und weckten in mir, wie stets, düstere
Vorahnungen. Die Warnschilder am Freeway mit dem Piktogramm einer flüchtenden
Familie verstärkten diese Stimmung noch. Doch um diese Tageszeit gab es hier
keine illegalen Einwanderer, die die acht Fahrspuren zu überqueren versuchten,
und die Beamten winkten die Wagen gelangweilt durch. Erst im Schutz der
Dunkelheit würden die Illegalen und die »Kojoten« sich auf den Weg machen und
die Kontrolleure der Einwanderungsbehörde in Alarmbereitschaft versetzen.
Nachts war es am schlimmsten, wenn die Nerven zum Zerreißen gespannt waren und
verzweifelte Menschen alles aufs Spiel setzten — und oft genug verloren.
    Zehn Minuten später erreichte ich San
Juan Capistrano und war angenehm überrascht. Vor fünfzehn Jahren war ich zum
letztenmal in dieser Missionsstadt gewesen. Sie hatte mich immer an ein
verschlafenes mexikanisches Dorf erinnert, und obwohl sie sich inzwischen
ausgedehnt hatte, war ihr altmodischer Charakter nicht verlorengegangen. In der
Nähe des Bahnhofs gab es ein neues Restaurant und viele neue Antiquitätenläden
und andere Geschäfte. Aber das alte Missionsgebäude lag so friedlich da wie eh
und je. Kein Wunder, daß die Schwalben von ihrem alljährlichen Flug nach
Argentinien immer wieder pünktlich hierher zurückkehrten.
    An einer Straße, die aussah wie die
Hauptgeschäftsstraße, stellte ich den Wagen ab und ging direkt zum öffentlichen
Telefon vor einem kleinen Delikatessenladen. Ich wollte die Adresse von
Swallow’s Nest heraussuchen. Doch dann entdeckte ich den Laden direkt nebenan.
Das Schaufenster voller Seidenvögel hatte meine Aufmerksamkeit erregt. Sie
saßen auf Stangen oder hingen an unsichtbaren Fäden, als flögen sie, ein
sechzig Zentimeter großer Pfau schlug sein prächtig schillerndes Rad.
    Ich überquerte die Straße und fragte
mich, wie, um alles in der Welt, sich so ein Spezialgeschäft hier halten
konnte.
    Innen gab es weitere dieser
fantastischen Vögel. Sie waren schön, und jeder schien seine eigene
Persönlichkeit zu besitzen. Aus einer Ecke blinzelte ein farbenprächtiger Ara,
ein Rabe gab sich philosophisch, eine Krähe schielte boshaft, und ein Kakadu
blickte blasiert und selbstgefällig drein. Ich hatte nie eine besondere
Beziehung zu Vögeln, aber jetzt war ich einfach hingerissen von einem
künstlichen alten Papagei. Falls ich etwas kaufen mußte, um mit Ann Navarro in
Kontakt zu kommen, dann wäre es genau der.
    Diskret unter einen Flügel gesteckt,
fand ich das Preisschild. »Neunzig Dollar!«
    »Er ist von ausgesuchten Künstlern in
Handarbeit hergestellt«, sagte hinter mir eine heisere Stimme.
    Ich drehte mich um. Die Frau war
hochgewachsen, hatte kupferfarbenes Haar und trug eine große Brille mit
Silbergestell. Entweder war das nicht Ann Navarro, oder Hy war Stan Brockowitz’
Frau nie begegnet und hatte Ana Orozco angesprochen, weil er erwartete, daß Ann
wie eine Latina aussah.
    »Er ist wundervoll«, sagte ich und sah
den Papagei an.
    »Wir haben auch kleinere, die weniger
kosten.«
    »Nein.« Ich schüttelte bedauernd den
Kopf. »Es ist seine Persönlichkeit, die mich anzieht.«
    »Ein richtiger alter Kauz, nicht? Ich
nenne ihn W. C. Fields.«
    Der Vergleich mit dem wunderbaren alten
Komiker gefiel mir. »Woher beziehen Sie Ihre Ware?«
    »Größtenteils

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