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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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alle gleich lang, oder?«
    »Nur zu.«
    »Das schöne Haar«, jammerte Barbara, als die ersten dicken Flechten fielen.
    »Es wächst wieder«, sagte Nasrin.
    »Ist es, weil du nicht erkannt werden möchtest?«
    »Nein. Weil ich aussehe wie ein Besen.«
    »Es kann noch schlimmer werden«, warnte Barbara.
    »Glaub ich nicht.«
    »Gut, dann versuche ich jetzt, Stufen reinzukriegen.«
    Hochkonzentriert kürzte Barbara Strähne für Strähne.
    »Wie hast du es eigentlich geschafft, von zu Hause abzuhauen?« fragte Barbara, die allmählich an Sicherheit gewann.
    »Zuerst war ich wie gelähmt vor Entsetzen. Ich hatte sie zwar schon öfter so etwas erwähnen hören, sie sagten oft einmal: ›Wenn Nasrin heiratet, dann werden wir dieses und jenes …‹ Es war mir nie klar, daß es schon so bald ernst werden würde. Aber ich habe sofort geahnt: Wenn ich mich weigere, dann zwingen sie mich dazu. Also habe ich mitgespielt. Ich habe so reagiert, wie sie es erwartet haben. Erst habe ich mich geziert, dann habe ich so getan, als würde ich allmählich Gefallen an der Sache finden. Ich bin mit meiner Mutter losgezogen, und wir haben meine Aussteuer gekauft. Ich war richtig unverschämt, nur das Beste wollte ich haben, alles andere wäre unglaubwürdig gewesen. Am Anfang waren sie trotzdem mißtrauisch. Mein älterer Bruder ist überallhin mitgegangen, und ich war plötzlich nie mehr alleine im Haus. Meine Tante ist aus der Türkei gekommen, die klebte mir an den Sohlen wie ein Kaugummi. Sie hat in meinem Zimmer geschlafen und ist mir sogar aufs Klo nachgeschlichen. Aber ich habe weiterhin die erwartungsvolle Braut gespielt. Sogar ein Brautkleid habe ich ausgesucht. Ein gräßliches Teil, ich weiß nicht, ob du mal eine türkische Braut gesehen hast.«
    »Oh, ja.«
    »Langsam wurden sie ruhiger. Ich durfte schon mal allein auf die Straße, und schließlich sogar hin und wieder eine Freundin besuchen. Allerdings konnte ich nichts mitnehmen. Meinen Paß hat mein Vater. Eines Nachmittags habe ich gesagt, ich ginge zu meiner Freundin Rola, und sie haben mich gehen lassen. Rola hat mir ein paar Klamotten von sich gegeben und ein bißchen Geld.« Nasrin zupfte an ihrer Jeans. »Sie ist dicker als ich. Von ihr aus bin ich dann geflohen. Ich hatte zwei Stunden Vorsprung, ehe sie es bemerkt haben konnten. Rola wollte dann behaupten, ich sei gar nicht bei ihr gewesen.« Nasrin senkte den Blick und sagte traurig: »Ich weiß nicht mal, ob sie Schwierigkeiten bekommen hat. Ich traue mich nicht, sie anzurufen.«
    »Nein, das solltest du lieber lassen. Und wo hast du so gut kochen gelernt?«
    »Bei einem Onkel, der ein Restaurant hat. Ich wollte Köchin werden, aber sie haben es nicht erlaubt. Köche müssen abends arbeiten, und abends gehört eine Frau ins Haus und nicht in ein Restaurant.«
    »Fertig!« sagte Barbara und legte die Schere beiseite.
    Nasrin griff sich in die gekürzten Haare.
    »Ich glaube, es sieht gar nicht schlecht aus. Ich föne sie trocken, und dann darfst du in den Spiegel schauen.«
    Barbara eilte ins Haus und kam mit einem Fön und einer Verlängerungsschnur zurück. Sorgfältig fönte sie die Strähnen über die Bürste.
    »Deine Mutter hätte es sicher besser gekonnt, aber für den Anfang finde ich es nicht übel«, lobte Barbara ihr Werk, als sie mit dem Fönen fertig war.
    »Meine Mutter?«
    »Hat sie nicht in dem Frisiersalon in der Nedderfeldstraße ausgeholfen? Ich meine, ich hätte sie dort gesehen.«
    »Ach so. Ja, hat sie. Aber mir hat sie nie die Haare geschnitten. Ich bin lieber zu einem richtigen Friseur gegangen.«
    Barbara war fertig und hielt Nasrin einen Handspiegel hin. Die zupfte an ihren kurzen Strähnen. Durch das Fönen waren sie weniger lockig und legten sich geschmeidig um den Kopf.
    »Toll«, sagte Nasrin.
    »Mir fällt ein Stein vom Herzen«, gestand Barbara.
    »Nein, ehrlich! Du hast Talent.«
    Barbara wurde rot.
    »Was macht ihr da?« fragte Robin, der gerade über den frisch gemähten Rasen auf sie zukam.
    »Wonach sieht es denn aus?« entgegnete Barbara, und Nasrin wandte sich um.
    »Wie gefällt’s dir?«
    Robin starrte sie an.
    »Was ist?« fragte Barbara verunsichert. »Findest du es nicht gut?«
    »Doch, doch«, sagte Robin. »Guter Schnitt. Ich finde nur, du siehst fast aus wie Klara.«
    »Wirklich?«
    »Blödsinn. Du siehst viel besser aus als Klara«, sagte Barbara. »Warte mal.« Sie rannte ins Haus und kam mit einem kleinen Fotoapparat zurück. »Darf ich mein Werk

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