Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11
genommen, und Sie haben sie damit versorgt.«
»Schwachsinn.«
»Angeblich haben Sie nach Mandys Tod sogar noch mehr von dem Zeug genommen. Deshalb haben Sie in Vegas auch keine Arbeit mehr gefunden.«
Barnabys zerfurchtes Gesicht war schweißglänzend. Er wandte uns den Rücken zu. Die Narben auf seinem Nacken traten deutlich hervor. »Warum tun Sie mir das an?«
»Ich will Ihnen gar nichts antun, Ted. Ich will bloß so viel wie möglich über Mandy wissen.«
»Aber ich habe Ihnen doch alles gesagt, was ich weiß!«
»Ich habe nur deshalb von dem Koks angefangen, weil mich interessiert, was Mandy für ein Leben geführt hat.«
»Was sie für ein Leben geführt hat? Na, was glauben Sie wohl? Sie hat Freier bedient!«
»Koks wird von bösen Menschen verkauft. Böse Menschen tun anderen weh.«
Barnaby erwiderte nichts.
»Hat sie irgend jemandem Geld geschuldet?«, fragte Milo.
»Ihre Kontoauszüge habe ich mir nie angesehen.«
»War einer von den Dealern, bei denen Sie Koks für Mandy gekauft haben, sauer auf Mandy?«
» Sie behaupten, ich hätte Koks für sie gekauft.«
»War einer von den bösen Menschen sauer auf sie?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Hat sie Koks mit Sex bezahlt?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Und Sie haben sie auch nie dazu ermuntert?«
»Ich bin kein Zuhälter.«
»Bloß ihr Freizeitkumpel.«
»Hören Sie«, sagte Barnaby, »so war das nicht. Sie war ihr eigener Boss. Sie mochte mich, weil ich ihr zugehört habe. Ich kann gut zuhören, verstehen Sie? Wenn man in Casinos arbeitet, muss man sich den ganzen Tag traurige Geschichten anhören.«
»Was für Probleme hatte Mandy?«
»Sie hatte keine, die mir aufgefallen wären.«
»Ein glückliches Kind.«
»So kam sie mir vor.«
»Und Sie haben keine Ahnung, wer die Stammkunden waren.«
»Nein.«
»In der Nacht, als sie ermordet wurde, hat sie Ihnen da irgendwas gesagt, mit wem sie verabredet war?«
Barnaby massierte sich den Nacken. »Sie kapieren es einfach nicht. Sie hat nie irgendwas über ihre Arbeit gesagt.«
»Den Kollegen in Vegas haben Sie erzählt, Sie hätten in dieser Nacht gearbeitet.«
»Das musste ich denen gar nicht erst erzählen. Unmengen von Leuten haben mich gesehen. Dass sie ermordet worden war, habe ich auch erst erfahren, als ich am nächsten Tag bei ihr angerufen habe und ein Bulle den Hörer abnahm. Sie haben gesagt, ich sollte aufs Polizeirevier kommen. Und dann musste ich ins Leichenschauhaus und sie identifizieren.«
»Hat sie auch außer Haus gearbeitet?«
»Wahrscheinlich.«
»Wahrscheinlich?«
»Wenn sie sich einen Spieler geangelt hatte und der ein Zimmer im Casino hatte, sind sie wahrscheinlich zu ihm gegangen.«
»Haben Sie irgendeine Erklärung dafür, wieso sie draußen auf der Straße umgebracht wurde?«
»Wahrscheinlich hat sie den Freier noch rausbegleitet, und da ist er durchgedreht.«
»Hat sie ihre Freier immer hinausbegleitet?«
»Woher soll ich das wissen? Ich spekuliere nur rum.«
»Haben Sie ihr nie mal während der Arbeitszeit überraschend einen Besuch abgestattet?«
»Das wär’s gewesen. Dann hätte ich aber mein blaues Wunder erlebt. Sie war der Star, Mann.« Er lächelte schwach. »Einmal, als wir - als sie gut gelaunt war, hat sie gesagt, ich weiß, dass dir meine Arbeit was ausmacht, Teddy, aber da musst du drüberstehen, es ist wirklich keine große Sache,
reine Schauspielerei. Ach ja, hab’ ich gesagt, und du kriegst bald den Oscar. Und sie hat gelacht und gesagt: Du hast es erfasst. Sie sollten mir wirklich einen Oscar verleihen - als beste weibliche Nebendarstellerin, die die Beine breit macht. Ich - also das hat mir was ausgemacht, ich wollte das nicht hören. Aber sie fand es lustig, hat sich gar nicht mehr eingekriegt vor Lachen.«
»Wann hat sie sich sterilisieren lassen?«
Barnaby ließ seine Hand sinken. »Was?«
»Wann hat sie sich sterilisieren lassen?«
»Bevor ich sie kennengelernt habe.«
»Sehr viel früher?«
»Weiß ich nicht.«
»Sie hat es Ihnen also erzählt.«
»Nur, weil ich angefangen habe zu spinnen und ihr davon vorgeschwärmt habe, wie sehr ich Kinder mag und dass es doch toll wäre, eines Tages zwei eigene zu haben. Sie hat gelacht - sie hat viel gelacht.«
Er leckte sich wieder über die Lippen. »Ich hab’ gesagt, was ist denn daran so lustig, Baby? Sie hat gesagt, Teddy, du bist süß. Na los, such dir ein nettes Mädchen, und schaff dir ein paar Blagen an. Und eins bitte extra für mich, mit mir geht das nämlich
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