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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ganz gut gelungen, obwohl ich mich noch nicht an Zwanzig-Dollar-Scheine herangetraut hätte.
    Er las das Etikett, und als er unter »verschreibender Arzt« las: Dr. med. M. Cruvic, spitzte er die Lippen. Dahinter stand Cruvics Zulassungsnummer, die ich von der Ärztekammer erfahren hatte.
    »Wir haben doch gerade eine Riesenschachtel mit dem Scheiß hier gekriegt - wer hat das bestellt?«
    Volltreffer.
    Ich gab mir Mühe, meine Hochstimmung zu verbergen und möglichst dämlich und genervt dreinzublicken. »Keine Ahnung, ich fahr bloß dahin, wo die mich hinschicken. Soll ich das Zeug wieder mitnehmen?«
    Er schob das Fläschchen zurück in die Tüte, behielt sie und ging zurück Richtung Haus.
    »He!«, rief ich.
    Er blieb stehen und sah mich über die Schulter an.
    »Probleme?«
    »Sie müssen noch zahlen«, sagte ich. Ich wollte nur noch möglichst realistisch wirken, was ich wissen wollte, hatte ich bereits erfahren.
    Er hob die freie Hand, zielte mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf mein Gesicht.
    »Warte hier, Freundchen.«
    Das tat ich. Bis er drinnen war und die Tür hinter sich zugemacht hatte.

    Dann rannte ich zurück zum Seville und fuhr gerade los, als er wieder aus dem Haus trat. Gemeinsam mit Anna, der Krankenschwester mit dem gespannten Gesicht.
    Die beiden standen verdutzt hinter dem Eisentor, als ich wie der Teufel machte, dass ich wegkam.

35
    So vieles am Filmgeschäft ist langweilig, banal, geschmacklos. Die Besetzungs-Agentur war alles zusammen.
    Das schmutzig braune, eingeschossige Gebäude am Washington Boulevard stand eingezwängt zwischen einem kubanischen Fischrestaurant und einer chinesischen Wäscherei. Keine Fenster, eine verzogene schwarze Tür.
    Das schmucklose Wartezimmer war voller hoffnungsvoller schöner Menschen beiderlei Geschlechts, die auf Klappstühlen saßen, »Variety« lasen und davon träumten, reich und berühmt zu werden und einem großkotzigen Kunden in dem Restaurant, in dem sie kellnerten, die Kehle durchzuschneiden.
    Der nächste Raum war viel größer, er enthielt lediglich einen Tisch und zwei Stühle, eine billige Halogenleuchte und einen großen, fleckigen Spiegel an der Rückwand.
    Ich hockte in einem winzigen Schrank hinter dem Spiegel und beobachtete die Szene.
    Zwei Agentur-Manager saßen am Tisch: Der Mann war dick, sah ungepflegt aus, hatte fettiges Haar und ein aufgedunsenes Gesicht mit schlechter Haut. Er trug ein Hawaiihemd und eine schmuddelige Khakihose. Die Frau war schlank, mit recht schönen blauen Augen, hatte unverkennbar eine schwarze Perücke auf und trug einen roten Trainingsanzug.

    Vor ihnen Namensschildchen.
    BRAD RABE. PAIGE BANDURA.
    Zwei Flaschen Evian, eine Packung Camel und ein Aschenbecher, aber niemand rauchte.
    »Der Nächste«, sagte Rabe.
    Einer der Hoffnungsvollen trat ein. Bewerber Nummer 6 für die männliche Hauptrolle. Er blickte Rabe und Bandura an und bedachte sie mit einem Lächeln, das er vermutlich für herzlich hielt.
    Ich sah ihn mit Anspannung, Furcht und Verachtung an.
    Er hatte drei Stunden in dem verdammten Zoo da draußen gewartet, nur um sich das Privileg zu verdienen, von Augen beurteilt zu werden, die immer gleich dreinschauten, bei jedem falschen Lächeln, jedem Nicken, all den verlogenen Ermunterungen.
    »Okay, sagte Paige Bandura und sah zu ihrem fetten Partner hinüber. »Lesen Sie die Szene auf Seite 46.«
    Der Hoffnungsvolle lächelte charmant, schlug die Seite des Skripts auf, holte tief Luft, aber so, dass niemand es merkte. Er schloss die Augen, öffnete sie und begann zu lesen.
    Paige lächelte schließlich, winkte ihm zu, wandte sich an Brad, den fetten Penner.
    Brad musterte den Hoffnungsvollen. Rieb sich über das Gesicht. Schnaufte.
    »Nicht schlecht«, verkündete er dann.
    »Ich würde sagen, ausgezeichnet«, meinte Paige.
    Brad sagte: »Okay, ausgezeichnet.«Widerwillig.
    »Wenn Sie möchten, kann ich noch mehr lesen«, sagte der Hoffnungsvolle.
    Die beiden warfen sich Blicke zu.
    »Nein, das ist nicht nötig«, sagte Paige. »Sie waren wirklich gut.«

    Der Hoffnungsvolle zuckte die Achseln. Jungenhaft. Er hatte ein prima jungenhaftes Grinsen drauf.
    Wieder ein Blick zwischen ihm und Paige.
    »Kommen wir zu den praktischen Fragen«, sagte sie. »Die Serie wird zwar am Tag gesendet, aber trotzdem relativ freizügig sein. Viele Liebesszenen - seichtes Zeug. Haben Sie damit Schwierigkeiten?«
    »Überhaupt nicht«, sagte der Hoffnungsvolle, aber der Bereich über seinem Bauchnabel fing an, sich

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