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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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oft mürrisch und widerspenstig bist.«
    »Na, vielen Dank!«, sagte ich.
    »Gerne.«
    Ich musste unwillkürlich lächeln.
    »Irene, die Frau meines Dads, ist eine hervorragende Köchin und ausgebildete Pflegekraft – du kannst in gar keine besseren Hände kommen. Sie kann es kaum erwarten, dich wieder aufzupäppeln. Sie braucht eine Aufgabe, weißt du.«
    »Und das soll verlockend klingen?«
    »Das war nur ein plumper Versuch, dir die Idee schmackhaft zu machen. Also, was hältst du davon?«
    Ich antwortete nicht gleich und versuchte mir vorzustellen, dass ich nach Hause ging und die Tür abschloss. Das schien der richtige Weg zu sein … Doch irgendwas daran machte mir auch Angst.
    Er rutschte wieder auf seinem Platz hin und her. »Annabel, kannst du dich noch an die Leute erinnern, die gestorben sind? Du hast dich mit den Leichen beschäftigt, die man verwest in ihren Wohnungen fand. Weißt du das noch?«
    Ich nickte, auch wenn ich schon lange nicht mehr daran gedacht hatte.
    »Erinnerst du dich an Rachelle? Oder an Shelley, die Frau, die du im Nachbarhaus gefunden hast? Oder erinnerst du dich an die beiden Frauen, die kurz vor Beginn der Mordermittlung gefunden wurden? Weißt du noch, dass eines der Opfer mich anrief und mir erzählte, wo die andere Leiche zu finden war?«
    Ich runzelte die Stirn, als er mir diese Details erzählte, versuchte irgendwie, die Erinnerung zu fassen zu kriegen, zu verhindern, dass sie mir wieder entwischte.
    »Sie sind noch immer auf der Suche nach dem Mann, der für das alles verantwortlich ist. Annabel, ich glaube, du bist ihm begegnet. Er muss irgendwas mit dir gemacht haben, damit auch du wie alle anderen diesen Weg einschlägst.«
    »Aber …« Warum war das so schwer? Warum arbeitete mein Gehirn nicht richtig? »Aber ich war doch – glücklich.«
    »Du warst glücklich damit, dich zu Tode zu hungern?«
    »So war das nicht«, sagte ich und schüttelte den Kopf. »Es war eher wie … Ich weiß es auch nicht … Es war, als schwebte ich davon.«
    »Aber du wolltest doch nicht sterben, oder?«
    »Ich glaube nicht. Ich habe jedenfalls nicht versucht, mich umzubringen. Ich wollte nur schlafen.«
    »Aber du wärst gestorben, wenn ich dich nicht gefunden hätte.«
    »Du hast mich gefunden?«
    »Ich habe dich angerufen, aber dein Handy war abgeschaltet. Dann habe ich dir eine Nachricht geschickt, und ein paar Stunden später erhielt ich eine wirklich seltsame Antwort, in der stand, du hättest vor wegzugehen und wolltest deine Ruhe haben. Da bin ich zu deinem Haus gefahren. Die Hintertür stand offen. Deine Katze war ganz aus dem Häuschen.«
    »Katze?«
    »Keine Sorge, ich war jeden Tag bei dir und habe sie gefüttert. Sie ist wirklich eine süße Katze. Wie heißt sie?«
    Die Katze. Ich versuchte das andere Wort in meinem Kopf zu finden, suchte verzweifelt danach und hätte fast aufgegeben, als es mir plötzlich doch wieder einfiel.
    »Lucy. Sie heißt Lucy.«
    »Na ja, das ist immer noch besser als Puss; den Namen hatte nämlich Irene vorgeschlagen.«
    Die Farben leuchteten viel zu grell, das Grün des Rasens und die Farben der Blätter an den Bäumen, die rot und goldfarben und braun und in jeder Nuance dazwischen strahlten. Der Himmel war so blau, dass mir die Augen wehtaten.
    »Meine Mom ist gestorben«, sagte ich. »Es kommt mir wie eine Ewigkeit her.«
    »Das ist erst zwei Wochen her«, sagte er. »Tut mir leid. Ich weiß, wie schlimm Trauer ist – ich habe das selbst schon einmal durchgemacht. Du brauchst Zeit und so viel Unterstützung wie möglich.«
    »Ich habe eine Menge Dinge zu erledigen, nicht wahr?«
    »Ich kann dir dabei helfen. Das geht in Ordnung. Ich habe mit der zuständigen Stelle im Krankenhaus gesprochen; deine Mom wird so lange sicher aufbewahrt, bis du so weit bist. Mach dir keine Sorgen.«
    Die Sonne versteckte sich hinter einer Wolke, eine kühle Brise erhob sich. Mich fröstelte, und ich verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Sollen wir wieder reingehen?«, fragte er.
    Ich sah mich um und blickte zur Feuerschutztür und der Station, die dahinter lag. »Nein. Können wir noch eine Weile hierbleiben?«
    Ein breites, glückliches Lächeln legte sich auf sein Gesicht, und ich musste unwillkürlich zurücklächeln. »Es wird alles wieder gut«, sagte er.
    »Ja«, sagte ich. »Natürlich. Ich muss mir um nichts Sorgen machen.«
    Er streckte seine Hand aus, streichelte meinen Arm und tätschelte mein Knie.

 
    Colin
    Rachelle trat einen Monat nach der Sache

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