Wofür du stirbst
zweifellos ein Vermögen gekostet hatten, und die sauberen beigefarbenen Kacheln an und fragte mich, wann Vaughn sie verfugt hatte – es konnte nicht lange her sein, da es noch leicht nach Spachtelmasse roch. Audrey, Audrey, dachte ich, als könnte ich sie wie mit einer Zauberformel damit die Treppe rauflocken.
Ich begutachtete die Toilettenartikel, die fein säuberlich auf der Fensterbank aufgereiht waren. Ausnahmslos Männerprodukte: Shampoo, Duschgel, ein Rasierer und irgendein grässlicher No-Name-Rasierschaum aus dem Supermarkt. Die Dose hatte schon Rost angesetzt. Kein teures Haarshampoo, kein Parfum, keine Kosmetikartikel.
Ich stieß die Tür wieder auf und ging durch den Flur in Vaughns Schlafzimmer. Auch dieses war entschieden männlich eingerichtet. In der Ecke stand sogar eine Kraftstation, sodass ich laut auflachen musste. Ich versuchte vergeblich, mir Vaughn vorzustellen, wie er sich darauf abrackerte, schwitzte und versuchte, sich einen Waschbrettbauch anzutrainieren. Ich bezweifelte, dass er das Ding je benutzt hatte.
Die reizende Audrey war also hier noch nicht eingezogen. Offenbar blieb sie auch nicht oft über Nacht, sonst hätte sie bereits ein paar von ihren Sachen hergebracht. Doch hier lag nichts von ihr herum. Ich fragte mich, ob in Vaughns Schubladen Unterhöschen von ihr steckten, vielleicht ein Ersatzslip oder ein ganz besonderer Slip – einer, den sie nur für ihn trug und nur dann, wenn sie vorhatte, mit ihm zu vögeln.
»Alles in Ordnung?«
Audrey stand hinter mir. Ich hatte sie nicht die Treppe heraufkommen hören. Ich drehte mich um und lächelte sie an. »Ja«, sagte ich.
»Was machst du hier?«, fragte sie direkt.
»Ich wollte nachsehen, ob du schon eingezogen bist«, sagte ich, weil ich mich für die Wahrheit entschieden hatte. Wäre statt ihr Vaughn die Treppe raufgekommen, hätte ich vermutlich irgendeinen Kommentar zu seiner Tapete gemacht. Doch vor mir stand Audrey, es hatte keinen Sinn herumzudrucksen. Sie war raufgekommen, weil ich sie herbeordert hatte, ich hatte sie wissen lassen, was ich von ihr wollte. Und nun stand sie neben mir – um ehrlich zu sein stand sie sogar dicht neben mir, näher, als notwendig gewesen wäre.
»Du hättest doch einfach fragen können. Aber egal, ich bin nicht eingezogen«, sagte sie leise. Sie wirkte außer Atem, ihr Brustkorb hob und senkte sich.
»Wieso nicht?«, fragte ich und machte einen kleinen Schritt auf sie zu.
Sie wich zurück. Oh, war das zu schnell? Zu forsch und zu schnell? Ich musste aufpassen. Ich musste behutsam vorgehen, um sie nicht zu verschrecken. Sie war die Mühe wert. Sie war die Jagd wert.
Ihr Gesichtsausdruck war unergründlich. »Ich habe eine eigene Wohnung«, sagte sie.
Das war keine Antwort. Warum hatte sie sich auf einer Partnerseite eingeloggt, wenn sie keine ernsthafte Beziehung wollte? Das wollten doch sicher alle Frauen: einen Partner, der ein Haus hatte, in das sie einziehen konnten, heiraten, Kinder kriegen. Außer, sie wollte etwas anderes, also einfach nur Sex.
Sie richtete wieder ihren Blick auf mich. Ich starrte zurück, hielt Augenkontakt.
Sie rührte sich nicht.
Ah, Widerstand! Das mochte ich. Mir gefiel, dass sie eine Herausforderung darstellte. Ich lächelte sie ermutigend an.
»Audrey? Wo soll ich den Kaffee hinstellen?«
»Ich komme!«, rief sie, ohne den Blick von mir zu wenden. Ihre Stimme klang seltsam mechanisch und eintönig. Ihr Ausdruck war jetzt schwer zu entschlüsseln. Fühlte sie sich von mir angezogen? Wollte sie, dass ich sie küsste? Was würde sie tun, wenn ich es versuchte?
»Du bist …«
»Was?«, flüsterte ich und befeuchtete mit der Zungenspitze meine Lippen. »Was bin ich?«
»Du bist verdammt komisch, Colin«, sagte sie. Dann drehte sie sich um und ging wieder nach unten, ohne sich noch einmal nach mir umzudrehen.
Ah, Vaughn. In dem Moment hätte ich ihn am liebsten umgebracht. Ich hätte ihm am liebsten meine Hände um den Hals gelegt und ihm die Luft abgedrückt. Wenn er uns nicht unterbrochen hätte, hätte sie es getan, das wusste ich. Sie wollte mich.
Ich folgte ihr die Treppe hinunter und genoss den Duft, den sie hinterließ. Sie war mir so nah gewesen. Ich wünschte, sie hätte nachgegeben. Aber das nächste Mal fügt sie sich vielleicht. Ich fragte mich, ob ich sie irgendwann alleine treffen würde, einen Vorwand erfinden konnte, um sie zu besuchen.
Sie stand wieder mit Vaughn in der Küche. Ich hörte sie flüstern. Angestrengt versuchte ich zu
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