Wofür du stirbst
lauschen, dachte, sie würde etwas darüber sagen, dass das sonst gar nicht ihre Art wäre, dass es einfach über sie gekommen wäre – aber sie sagte nichts dergleichen. Es war nur die Art von geflüsterter Konversation unter Menschen, die sich streiten, aber nicht wollen, dass andere sie hören.
Ich lehnte mich auf dem Ledersofa zurück und trank noch etwas Wein. Nach zehn Minuten ließ ich mir eine Ausrede einfallen, rief ein Taxi und fuhr nach Hause. Der Abend war weniger unterhaltsam gewesen, als ich gehofft hatte, außerdem hatte ich jetzt ein weiteres Dilemma: Ich hatte eine Frau begehrt, dann festgestellt, dass ich gar keine brauchte, dann wollte ich doch wieder eine. Doch diesmal ging es nicht um irgendeine Frau, sondern um sie, um Audrey.
Eine Stunde später war ich alleine zu Hause, hatte mich endlich von der köstlichen Spannung befreit, die fast unerträglich geworden war, und dachte darüber nach, wie ich sie für mich gewinnen konnte. Ob ich es schaffen würde, ihren Blick von Vaughns Gesicht auf meines zu lenken. Und was ich tun musste, damit sie mich begehrte.
Mitten in der Nacht wachte ich auf. Ich hatte natürlich von Audrey geträumt. Sie war hier, in meinem Zimmer, Vaughn war auch da, offensichtlich, um sie für mich auszuziehen. Ich lag in meinem Bett auf dem Rücken, die Decke um meine Fußknöchel. Vaughn brachte sie wie eine Trophäe herein, wie eine Jungfrau, die im Tempel geopfert werden soll, setzte sich und fing nach meinem zustimmenden Nicken an, sie nach und nach auszuziehen, während sie still und mit unergründlichem Gesichtsausdruck dastand. Langeweile traf es wohl am ehesten. Sie starrte vor sich hin, in meine Richtung, sah mich aber nicht. Sie war hier, weil sie hier sein musste, und nicht, weil sie es wollte; nicht, weil sie bereit war. Die Nötigung an sich fand ich weniger prickelnd, doch irgendwas an ihrer Anwesenheit war zweifellos erregend.
»Audrey«, sagte ich in meinem Traum. Selbst da warf sie mir keinen Blick zu. Nun wirkte sie nicht nur gelangweilt, sondern auch beleidigt wie ein launisches Kind, das man gezwungen hat, ein schönes Spiel aufzugeben und die Hausarbeit zu erledigen.
Vaughn zog ihre Strumpfhose herunter – keine Strapse, sondern eine normale Strumpfhose, warum hätte ich mir auch etwas so Aufreizendes für ihre schönen, schlanken Beine vorstellen sollen? –, hob dann wie ein Hufschmied ihre Beine, zog die Nylonstrumpfhose von ihren Füßen und legte sie wie eine abgestoßene Haut neben ihr ab.
Nun stand sie in praktischer Unterwäsche da, die nicht zueinanderpasste – der BH war grau und hatte ein Loch im Träger; das Höschen war labberig und aus schwarzer Baumwolle. Als ich sie angezogen in Vaughns Küche gesehen hatte, war sie zwar nicht gerade umwerfend, aber durchaus sexy gewesen. Sie war auf jeden Fall attraktiv – jedenfalls attraktiv genug, um meine Leidenschaft zu entfachen. Doch in meinem Traum war jetzt alles getrübt. Ihr Haar glänzte nicht mehr kastanienbraun, fiel nicht mehr in glänzenden Locken um ihre Schultern. Es war bräunlich und hing in Strähnen herunter. Ihr Gesicht wirkte aschfarben, ihre Augen waren von einem trüben Graublau. Nichts an ihr war im herkömmlichen Sinne schön.
Vaughn machte immer weiter, obwohl mir das nicht recht war. Vaughn, hör auf, hätte ich am liebsten zu ihm gesagt, hör auf. Den Rest will ich nicht sehen. Doch er fuhr einfach fort, als müsste er zwanghaft ein Programm abspulen.
Ich war jetzt im Halbschlaf, meine Hand bewegte sich schnell unter dem Laken, ich ertappte mich dabei, wie ich rieb und grunzte und Vaughn dabei zusah, wie er den grauen Nylonfetzen und die schwarze Baumwolle von der Haut seiner gleichgültigen, teilnahmslosen Freundin zog. Nackt sah sie noch schlimmer aus. Verbraucht, schlaff, zwischen ihren Beinen sprossen graue Haare hervor; ihre hässlichen, plumpen Knie waren voller Leberflecken. Obwohl, trotz der Tatsache, dass sie ganz offensichtlich lieber an jedem anderen Ort dieses Planeten gewesen wäre, als nackt in meinem Schlafzimmer zu stehen, kam ich keuchend zu einem überwältigenden Orgasmus. Als würde ich in den Abgrund blicken und sehen, wie er zurückstarrt.
Am nächsten Tag wachte ich spät auf. Ich lag da, das Sonnenlicht fiel durch einen Spalt im Vorhang, dachte an meine langen Nächte mit der Whiskyflasche, die allzu schnell leer wurde, und fragte mich, ob es noch zu früh war, mir Hilfe bei diesem Problem zu holen. Und was das Masturbieren betrifft, nun,
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