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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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regelmäßig mit Ryan – wir gehen manchmal am Wochenende zusammen aus. Vergangenen Samstag war ich bei Ryan, sein Dad – tut mir leid, es fällt mir schwer, ihn Andrew zu nennen – war auch da, also habe ich ihn nach den Leichen gefragt. Ehrlich gesagt befasse ich mich schon eine ganze Weile damit. Ich habe nach dem Informationsfreiheitsgesetz einen Antrag gestellt, um an die Statistiken zu kommen, und sogar den Untersuchungsrichter kontaktiert.«
    Ich sah ihn an. Er war rot angelaufen und beugte sich über den Tisch zu mir vor. Das alles schien ihn ziemlich aufzuregen.
    »Wie viele haben Sie inzwischen gefunden?«, fragte ich ihn. »Ich habe heute noch keine Zeitung gelesen.«
    »Neunzehn«, sagte er.
    »Ich habe vierundzwanzig gefunden, inklusive der von letzter Woche.«
    »Das ist ja furchtbar«, sagte er. »Finden Sie das nicht auch? All diese Leute? Irgendwo muss es doch eine Verbindung zwischen ihnen geben.«
    »Danach habe ich auch gesucht, habe bis jetzt aber noch nichts gefunden.«
    »Ich meine, sie sind alle so unterschiedlich – unterschiedliches Alter, unterschiedliche Herkunft, manche mit Familie, manche alleinstehend. Ich finde einfach keine Gemeinsamkeit.«
    »Ich dachte zuerst, es wäre etwas Medizinisches, und habe mich gefragt, ob sie vielleicht alle bei demselben Arzt oder in derselben Praxis oder sogar im selben Krankenhaus waren, ob sie – ich weiß es nicht – irgendwas mit dem Sozialdienst zu tun hatten.«
    »Haben Sie schon mal von hikikomori gehört?«
    »Nein. Was ist das?«, fragte ich.
    »Das ist ein japanisches Phänomen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Gesellschaft – vorwiegend aber männliche Teenager – schottet sich völlig ab. Sie schließen sich in ihren Zimmern ein und verlassen sie dann über Jahre nicht mehr.«
    »Warum?«
    »Dazu gibt es unzählige Theorien, aber keiner weiß es genau. Man geht davon aus, dass es eine Reaktion auf das repressive Erziehungssystem dort ist. Diese Jugendlichen sind normalerweise sehr leistungsfähig, kommen aus reichen Familien, haben zu Hause ein stabiles Umfeld – also eigentlich keinen Grund zu rebellieren. Es wirkt vielmehr, als würden sie am Leben verzweifeln. Inzwischen gibt es so viele, dass man dem Phänomen sogar einen Namen gegeben hat. Die Schätzungen sind unterschiedlich, aber es müssen um die drei Millionen sein. Bei einer Bevölkerung von hundertsiebenundzwanzig Millionen.«
    »Aber sie bleiben doch nicht bis zu ihrem Tod in ihren Zimmern, oder?«
    »Normalerweise geben die Familienangehörigen ihnen weiter zu essen, oder sie gehen mitten in der Nacht in einem konbini einkaufen – eine Art Gemischtwarenladen. Was mich aber fasziniert, ist die Tatsache, dass sie diese Wahl ganz bewusst treffen.« Er trank einen Schluck von seinem Kaffee, der vor ihm auf dem Tisch stand und langsam kalt wurde. Ich hatte meinen bereits hinuntergestürzt.
    »Sie entscheiden sich für den Rückzug?«
    »Ja, aus welchem Grund auch immer. Vielleicht aus Apathie, oder es ist ein Akt der Rebellion. Vielleicht sind unsere Fälle ja ähnlich gelagert.«
    »Gegen was sollten diese Leute rebelliert haben?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht ist das ja nur eine weitere Auswirkung der Rezession: wirtschaftlicher Zusammenbruch, Depression, Verzweiflung. Oder aber es hat etwas mit unserer Gesellschaft zu tun, mit der sie sich nicht auseinandersetzen wollen. Sie könnten also recht haben, vielleicht ist es gar nicht so dumm, sich bei wohltätigen Einrichtungen, den Krankenkassen oder anderen sozialen Diensten umzuhören.«
    »Dazu fehlt mir die Befugnis«, sagte ich. »Ich habe es schon versucht.«
    »Steht in den Fallakten nichts darüber?«
    »Es gibt keine Fallakten, das ist ja das Problem. Es geht hier nicht um Morde. In den meisten Fällen sind es noch nicht einmal ungeklärte Todesfälle. Es sind einfach nur Leute, die gestorben sind. Sobald sie vom Bestattungsunternehmen abgeholt werden, sind sie nicht länger Sache der Polizei. Die Familien werden informiert, falls wir sie ausfindig machen können, mehr unternehmen wir nicht. Nichts ist dokumentiert – wieso auch? Von den Leuten mit Familie habe ich kaum Informationen – nur diejenigen ohne Angehörige bleiben polizeitechnisch noch interessant.«
    Er beugte sich auf seinem Stuhl vor und runzelte die Stirn. Er hörte aufmerksam zu.
    »Wussten Sie, dass ich Shelley Burton gefunden habe?«
    »Wirklich? Das wusste ich nicht.«
    »Ich wohne direkt neben ihrem Haus. Und habe etwas gerochen. Ich

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