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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
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und fügte hinzu: »Aber ihre Mama hat ihr erklärt, dass du wirklich ein richtiger Mensch bist.«
    Danke, dachte Monika. Und plötzlich lächelte die Klei ne sie strahlend an, ein wärmendes zahnloses sechs Jahre altes Lächeln, das sich im Bus verbreitete und die Erschöp fung in ihre Schranken verwies.
    Bald saßen Monika und Tigist wieder auf der Hotelter rasse. Jetzt wurden die Schatten über der Stadt dunkler und tiefer, weil die Sonne hinter den Bergen versank. Für Moni ka sah der Sonnenuntergang aus wie im Zeitraffer, das war offenbar noch einer der kleinen Unterschiede, die die Tage hier so ganz fremd erscheinen ließen.
    Monika dachte laut:
    »Wenn Professor Menelik«, fing sie an, »oder die Ägyp ter jemanden angeheuert haben, der abgedrückt hat - wer ist dann schuldig? Der Auftraggeber oder der, der schießt? Oder warum nicht Nikolai Makarow, der die Pistole ent wickelt hat?«
    Tigist wusste nicht, ob sie Monika ernst nehmen sollte.
    »So kannst du das ja wohl nicht formulieren. Wenn er nicht mit einer Makarow erschossen worden wäre, wäre er mit einer anderen Waffe umgelegt worden.«
    »Und wenn nicht gerade dieser Berufskiller ihn erschos sen hätte, hätte einer seiner Kollegen das übernommen.«
    Nach einer kleinen Weile sagte Tigist:
    »Weißt du, wie viele automatische Kalaschnikowwaffen es gibt?«
    Monika hatte keine Ahnung.
    »Siebzig Millionen.«
    Während Monika versuchte, sich siebzig Millionen Waf fen vorzustellen, fügte Tigist hinzu:
    »Nimm jetzt an, dass mit jeder ein Mensch getötet wor den ist. Dann trägt Michail Kalaschnikow die Verantwor tung für siebzig Millionen Tote. Was sagst du dazu?«
    »Nichts. Man kann in keinem Mordfall ermitteln, wenn man zugleich an Millionen von Toten denkt, an Dutzende von Millionen. Jetzt denken wir nur an meinen Juri und deinen Salomon. Zwei einfache Morde, die aufgeklärt wer den müssen. Jetzt hole ich einen Pullover und Theos Lap top, und dann sehen wir weiter.«
    Ungefähr eine Stunde später ließen sie sich zurücksin ken, schalteten den Laptop aus und bestellten etwas zu es sen. Mariams Sicherheitskopie hatte bestätigt, was sie be reits über sie, ihre Arbeit und Salomons Reportage gewusst hatten. Der Boden unter ihren Füßen kam ihnen jetzt rich tig fest vor.
     
    Während Tigist und Monika auf das Essen warteten, ging Professor Menelik auf die Intensivstation, wo Theo in ei nem Bett saß, von dem die Farbe abblätterte. Er hatte eine Sauerstoffmaske über Nase und Mund, und sein Blick schien durch die kahle Wand auf die kargen Felder hin auszuwandern.
    Eine junge Krankenschwester saß neben ihm und blät terte zerstreut in einer Zeitschrift mit Horoskop und Kon taktanzeigen. Sie hatte Pech mit ihrem Kittel gehabt, er war mindestens eine Nummer zu klein.
    Auf der anderen Seite des Bettes saß der junge Polizist, dessen Kleider so neu aussahen, dass er wie eine frisch aus gepackte Actionpuppe wirkte.
    »Machen Sie doch eine wohlverdiente kleine Pause, Schwester«, sagte Menelik freundlich. Er übernahm ihren Stuhl und zog ihn näher ans Bett heran. Dann fragte er den Polizisten:
    »Kann ich auch Sie ermuntern, eine kleine Pause zu ma chen? Ich kann ja auf Theo aufpassen.«
    Der Polizist schaute ihn mit festem Blick an.
    »Das geht nicht, Professor Menelik. Das geht leider über haupt nicht. Es ist sogar strafbar, mich dazu aufzufordern, ich gehe also davon aus, dass ich mich verhört habe.«
    »Dann bleiben Sie sitzen. Ich will Theo nur fragen, wo seine Mutter sich aufhält …«
    »Das geht leider auch nicht. Er darf nur die Fragen der Polizei beantworten, ich bitte vielmals um Entschuldi gung …«
    Professor Menelik kehrte mit schweren Schritten in sein Arbeitszimmer zurück.
     
    Als das Essen serviert wurde, merkten Monika und Tigist erst, wie hungrig sie waren. Eine Weile aßen sie schwei gend, dann sagte Tigist nachdenklich:
    »Was sollen wir glauben? Mariam erschießt Salomon, rechnet aber nicht damit, dass Theo sieht, wie sie die Waf fe fallen lässt. Sie flieht, weil sie nicht glaubt, dass Theo bei der Vernehmung dichthalten kann. Sie will nicht, dass er gegen sie aussagen muss. Sie will nicht im Gefängnis en den.«
    Monika gab ihr die Schüssel zurück.
    »Oder es war so, wie Professor Menelik glaubt. Ein Be rufskiller bringt Salomon zum Schweigen. Mariam sieht, wie Theo die Pistole verschwinden lässt, und glaubt, dass er Salomon erschossen hat. Dann fliehen sie, um Theo in Sicherheit zu bringen.«
    »Es muss eins von beiden

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