Wofuer es sich zu sterben lohnt
wurden sie losge schickt, zurück ins Arbeitsleben.
Bosse ergriff die Initiative, sowie sie vor der Tür stan den.
»Wo gibt’s Kaffee?«
Er fragte, als wolle er wissen, wo die Reservekarabiner versteckt seien oder wer das Gelände vermint habe, das sie passieren mussten.
Monika überraschte sich damit, dass sie freundlich ant wortete:
»Ich zeig es dir. Wo hast du gearbeitet, ehe du in … im Ausland warst?« Sie hatte bereits vergessen, wo er gewe sen war.
»Göteborg.«
Die Antwort kam mürrisch, widerwillig.
Warst du krank? Verletzt? Lange weg? Warum bist du nach Stockholm gezogen? Diese Fragen tauchten auf als mögli che nächste Schritte im Gespräch, das Bosse aber vermied, indem er vor ihr herging. Wenn Monika etwas gesagt hätte, dann hätte sie zu seinem breiten Rücken gesprochen.
Dumme Strategie, dachte sie, da er den Weg nicht kann te. Er musste immer wieder langsam werden, wenn sie an eine neue Ecke kamen. Aber die Botschaft war immerhin deutlich: Er war ein Mann, der nicht plaudern wollte, je denfalls nicht über sich selbst.
Auf dem Weg nach unten zeigte sie ihm das kleine Büro, das sie teilen sollten. Ein Schreibtisch, ein Schreibtisch stuhl, ein Besuchersessel.
In der Kantine ging es weiter wie bisher. Er holte sich eine Tasse Kaffee und kehrte ihr den Rücken zu, so lange das überhaupt möglich war.
Sie stellte fest, dass sie mehr Geduld hatte als sonst. Soll te er doch machen, was er wollte. Bestimmt hatte er Proble me, aber da sie sich eben erst kennengelernt hatten, konn ten die ja wohl nichts mit ihr zu tun haben. Er stellte keine Fragen, schien weder auf seinen neuen Arbeitsplatz noch auf seine neue Chefin neugierig zu sein. Schweigend tran ken sie ihren Kaffee.
Sie versuchte, ihn ein wenig von der Seite zu betrach ten. Kein Trauring. Keine sichtbaren Schmuckstücke. Keine sichtbaren Narben. Und dann merkte sie, dass er es genau so machte, dass sein Blick ihren nackten Ringfinger, ihre al ten Schuhe streifte. Danach wandte er sich eilig ab.
Wie so oft war sie von der Realität überrumpelt. Das hat te sie sich nun wirklich nicht vorgestellt, obwohl sie so oft an diesen Tag gedacht hatte. Offenbar sollte sie mit einem ausrangierten Kommandosoldaten zusammenarbeiten, der sich weigerte, mit ihr zu sprechen. Schlimmstenfalls würde sie sich bei Daga beklagen müssen. Aber es würde sicher besser werden, vielleicht war er nur schüchtern, und er war an einem neuen Ort, in einem neuen Milieu. Es würde sich schon alles finden.
Sie hatte nicht vor, sich von ihm irritieren zu lassen. Die se Macht wollte sie ihm nicht zugestehen.
Nach und nach kamen sie Dagas Bitte nach, sie gingen nach unten, um sich der montäglichen Schar von hilfesu chenden Menschen zu widmen und um für die leidende Menschheit etwas zu tun.
Für Monika bestand die leidende Menschheit an diesem Morgen in einer jungen Frau mit langen schwarzen Haaren und Jeans, die eine Nummer kleiner waren, als ihr ziemlich korpulenter Leib es eigentlich erlaubte.
Die junge Frau brauchte Schutz, wie sie bereits zu Proto koll gegeben hatte. Schutz vor ihrem Mann.
Monika setzte sich und war bereit zuzuhören.
Die junge Frau fing mit einer Frage an.
»Mein Mann kann mich doch nicht zum Sex zwingen, nur weil wir verheiratet sind?«
Diese Frage ließ sich immerhin beantworten.
»Nein, ob man verheiratet ist oder nicht, es ist immer ver boten, jemanden zum Sex zu zwingen. Wie lange sind Sie schon verheiratet?«
»Seit vorgestern.«
Monika hob die Augenbrauen.
»Sie haben vorgestern geheiratet. Er will Sex, Sie wollen nicht. Sie kommen hierher, um polizeilichen Schutz anzu fordern. Können Sie mir erklären, wie es so weit kommen konnte?«
Die junge Frau rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. Ihre kohlrabenschwarzen Haare waren weich und dünn, ihre hellblauen Augen ließen darauf schließen, dass sie die Haa re gefärbt hatte. Ihre Jeans waren neu und saßen tief. Sie zeigten eine Tätowierung auf der speckigen Hüfte.
Sie wandte sich ab.
»Ich weiß nicht.«
»Sie wissen nicht, wieso Sie Schutz vor einem Mann brauchen, den Sie erst vorgestern geheiratet haben. Haben Sie sich die Sache anders überlegt?«
»Nein …«
Sie schwieg eine Weile.
Monika machte einen neuen Versuch:
»Sind Sie schon lange mit ihm zusammen?«
Die junge Frau wand sich und sagte mechanisch:
»Seit zwei Jahren.«
»Und Sie hatten Sex?«
»Schon …«
»Aber jetzt wollen Sie nicht mehr?«
»Nein …«
»Und das versteht er nicht?«
Die
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