Wofuer es sich zu sterben lohnt
junge Frau, die Anna hieß, schüttelte den Kopf. »Kön nen Sie begreifen, dass er davon ausging, Sie würden auch nach der Hochzeit noch ein Sexualleben haben?«
»Nein! Der ist doch einfach ein Schwein.«
»Sie sind also seit zwei Jahren zusammen mit einem Schwein, mit dem Sie keinen Sex haben wollen. Dann ha ben Sie ihn geheiratet. Jetzt sitzen Sie hier und wollen, dass wir Sie vor ihm beschützen. Das müssen Sie mir erklären, ich verstehe überhaupt nichts.«
Anna sprang auf und lief im Zimmer hin und her.
»Ich bin nicht hergekommen, um ausgefragt zu werden. Das ist mir schon oft genug passiert. Ich bin gekommen, weil ich Hilfe brauche. Es ist ja wohl Ihre Aufgabe, mir wei terzuhelfen.«
Und plötzlich fand Monika den Faden, der die verschie denen Teile der Geschichte miteinander verband. Plötzlich kam ihr die Sache geradezu unterhaltsam vor. Jetzt musste sie sich nur noch davon überzeugen, dass sie richtig gera ten hatte. Sie beugte sich vor.
»Anna, wann sind Sie ausgefragt worden?«
»Darauf können Sie ja wohl scheißen. Ich brauche jetzt Hilfe.«
»War das beim Ausländeramt?«
»Ich sag doch, scheißen Sie drauf. Das hier bringt nichts.«
Anna bewegte sich auf die Tür zu, aber Monika war schon zur Stelle und versperrte ihr den Weg.
»Anna! Jetzt werde ich Ihnen sagen, was ich glaube, und dann werden wir ja sehen, ob ich recht habe. Und danach überlegen wir, wie wir Ihnen helfen können. Ich glaube nicht, dass Sie jemals mit diesem Mann zusammen waren. Ich glaube, Sie haben Geld bekommen, um zu heiraten - und Sie haben schon Kleider gekauft und Ihre Haare färben lassen. Ich glaube, Sie haben nicht damit gerechnet, dass er mehr will als eine Ehe auf dem Papier. Aber da haben Sie sich geirrt. Und deshalb sind Sie hier.«
Anna blieb stehen, starrte zu Boden und hörte zu. Sie nickte nicht, widersprach aber auch nicht.
Monika wusste, dass es verboten war, eine solche Schein ehe einzugehen. Dieses Mädchen hatte etwas verkauft, das nicht ihm gehörte - das Geld der schwedischen Steuerzah ler. Ihr Mann würde jetzt Krankenversicherung, Polizei schutz, Essen und eine Wohnung bekommen und irgend wann seine restliche Familie herholen können.
Am Ende schaute Anna mit einem Blick auf, der verriet, dass sie keinerlei Hoffnungen mehr in dieses Gespräch setzte.
Monika wusste sehr gut, dass sie Polizistin war und kei ne Sozialarbeiterin. Das hinderte sie nicht daran, Anna vor sichtig den Arm um die Schultern zu legen und sie zu dem Sessel zu führen, den sie eben verlassen hatte.
Als Anna sich gesetzt hatte, fragte Monika leise:
»Ich habe recht, Anna, nicht wahr?«
Und Anna nickte, so leicht, dass Monika zunächst fast glaubte, sich diese kleine Geste eingebildet zu haben.
Nicht schlecht, dachte Monika. Kein schlechter Anfang, nachdem ich so viele Monate fort war.
Sie setzte sich hinter ihren Schreibtisch und sagte:
»Anna! Sie machen das jetzt so. Sie sagen Ihrem Mann, dass man in Schweden seine Frau nicht zum Sex zwingen darf und man mindestens zwei Jahre verheiratet sein muss, um nicht mehr ausgewiesen werden zu können. Sagen Sie ihm, dass Sie bei der Polizei gewesen sind und dass auf die geringste Klage Ihrerseits hin Schluss ist. Sagen Sie, dass ich mit Ihnen verwandt bin. Ich schreibe Ihnen etwas auf.«
Und diese Worte reichten, damit Anna sich gerade auf richtete, verschwörerisch lächelte und dann ihre Schultern sinken ließ.
Monika schrieb:
In Sweden it is illegal to:
Threaten your wife
Beat your wife
Force your wife to have sex with you or with anyone else.
Sie unterschrieb mit gewaltigem Schwung und knallte ei nen Stempel auf das Papier.
»So, jetzt müsste er sich ruhig verhalten. Sonst kommen Sie wieder - und falls es herauskommt, dass er Sie bezahlt hat, dann fliegt er raus, und Sie können das Geld behal ten.«
Was sie sonst noch dachte, behielt sie für sich: Wenn er Sie nicht vorher umbringt, wenn er mit seinem Kontaktnetz Ihr Leben nicht zur Hölle macht.
Anna schien solche Befürchtungen nicht zu teilen. Sie musterte zufrieden ihren Zettel.
»Das ist einfach toll, Danke!«
Monika lächelte noch immer, als sie in ihr Zimmer zu rückging.
Bosse war schon dort - er saß hinter dem Schreibtisch, weshalb sie sich mit dem Besuchersessel begnügen musste.
»Wie war das bei dir?«, fragte sie.
»Routinesache.«
Sie wartete ab, ob er noch mehr erzählen wollte. Als er das nicht tat, hoffte sie, dass eine kurze Schilderung ihres eigenen Einstandes eine Art
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