Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
Vom Netzwerk:
sen schien, und in eine Küche noch viel weniger.
    Das war also der Hauswirtschaftslehrer - und in diesem Mann gab es wohl mehr Testosteron als im restlichen Kol legium zusammen -, dachte sie, und dieser Gedanke war ihr unangenehm.
    Er lächelte, begrüßte sie - seine schmalen Augen glit zerten grüngrau, sein Handschlag rief den Wunsch in ihr wach, diese Hand festzuhalten, weshalb sie sie sofort wie der losließ.
    Er beteiligte sich an dem Gespräch über Juri, und Mo nika versuchte, nicht darauf zu achten, dass dieser überra schende Hauswirtschaftslehrer Signale aussandte, die ihr Körper auffing, ohne um Erlaubnis zu bitten. Das war selt sam und unerwartet.
    Und so verwirrend, dass sie seinen ersten Satz verpasste. Dann riss sie sich zusammen und hörte:
    »… Jungen brauchen ab und zu die Möglichkeit, nicht um die Macht kämpfen zu müssen - hier in der Schule bekommen sie viel zu schnell viel zu großen Spielraum. Aber in der Küche ziehe ich die Grenzen, da können sie sich entspannen.«
    »Und das funktioniert?«
    Er nickte belustigt.
    »Es funktioniert. Zum Ärger der Kollegen.«
    Er war glattrasiert, kahlgeschoren und muskulös wie ein westafrikanischer Fußballverteidiger. Neben ihm sah der Zottige noch viel zottiger aus.
    Monika fragte:
    »Haben Sie zu seinem Tod etwas zu sagen?«
    »Als Erstes möchte ich sagen, dass ich nichts weiß. Ich habe mir wirklich den Kopf zerbrochen, aber mir ist ein fach nichts Hilfreiches eingefallen. Sie wissen sicher schon, dass der Junge Thaiboxen trainiert hat. Er war wachsam und misstrauisch und absolut niemand, den man einfach nie derschlagen oder erstechen könnte. Für mich ist das viel leicht das Überraschendste - ein Messer im Rücken klingt so unwahrscheinlich. Er war offenbar fast nüchtern, das war er übrigens immer. Er hatte für Menschen, die sich in einen Zustand der Hilflosigkeit versetzen, nur Verachtung übrig. Die wollen doch verdammt noch mal überfallen werden, hat er einmal gesagt. Sie sehen alles doppelt, können nicht weglaufen, merken ja nicht mal, was mit ihnen geschieht. Können sich am nächsten Tag an nichts erinnern, das ist doch zum Kotzen. Ich sagte, man sollte vielleicht ein wenig Mitgefühl zeigen, es könnte doch jedem passieren. Aber da war er nicht zugänglich.«
    Er schwieg einen Moment lang.
    »Jetzt weiß ich es wieder - das hat er gesagt: Es ist nichts, was passiert. Es ist etwas, das man tut. Man entscheidet sich dafür, sich mit offener Jacke und sichtbarer Brieftasche in einen Hauseingang zu legen. Man entscheidet sich dafür, ausgeraubt zu werden. Und wenn man sich dafür entschei det, muss man die Folgen selber tragen.«
    Monika hatte sein Lächeln ansteckend gefunden, jetzt lä chelte sie zurück und fragte:
    »Und was haben Sie dazu gesagt?«
    »Ich habe gesagt, wenn du das glaubst, dann sind deine Tage auf freiem Fuß bald gezählt. Ein Mann muss für das Verantwortung tragen, was er tut. Dann habe ich gefragt, wie mutig das ist, auf einer Skala von eins bis fünf, jeman den auszurauben, der total weggetreten ist. Oder mit einem Menschen Sex zu haben, der sich am nächsten Morgen an nichts erinnern kann.«
    Monika nickte, neugierig darauf, worauf das hier wohl hinauslaufen würde.
    »Juri antwortete, es gehe hier nicht um Mut, sondern da rum, die Geschenke anzunehmen, die das Leben biete, und ich sagte, man müsse aber zwischen Geschenken und Die besgut unterscheiden. Das macht jedenfalls das Gesetz, auch wenn man selbst anderer Ansicht ist.«
    Plötzlich ertönte eine Glocke, und die Lehrer räumten ihre Tassen weg.
    »Rufen Sie mich an«, sagte Monika, »falls Ihnen noch et was einfällt.« Sie schrieb ihre Nummer auf und gab sie dem zottigen Mann, da sie sich nicht von einem Bullenkerl mit sexy Handschlag und einer guten Hand für widerborstige junge Männer beeindrucken lassen wollte.
    »Blöde Kuh«, sagte Babs.
    Das spielte keine Rolle. Sie war überaus zufrieden mit ihrem Besuch im Gymnasium, und Babs, die arme Babs, hatte es niemals geschafft, ihre Gefühle und ihr kurzes Be rufsleben auseinanderzuhalten.

Später auf dem Revier
    Das Gespräch in der Schule hatte einige neue Bausteine für Monikas Rekonstruktion der Ereignisse um Juris Tod gelie fert. Das Schwierige und Interessante war, wichtige und un wichtige Informationen auseinanderzuhalten. Die richti gen Bausteine zu benutzen. So könnte sie am Ende ein Mo dell dessen vor Augen haben, was passiert war. Es wäre viel leichter gewesen, wenn sie mit Bosse

Weitere Kostenlose Bücher