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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
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war, um das zu verstehen, hat te sein Vater, ein Biochemiker, ihm erklärt, warum er blaue Augen hatte. Ihnen fehlte ein Enzym, und deshalb leuch teten sie bleich und boshaft aus seinem ansonsten normal farbigen Gesicht.
    Der Defekt, musste er sich anhören, war mit Sklaven aus dem Norden gekommen. Sie waren aus Norditalien geholt worden, oder von noch weiter im Norden. Die Kinder der Sklavinnen, denn nur Frauen durften Kinder bekommen, sahen normal aus, egal, wie farblos die Mutter auch sein mochte. Sie waren braunhäutig und braunhaarig wie je des andere Kind. Das Problem war, dass die blauen Augen sich wie gewisse Unkrautsorten verhielten - hatte man sie erst einmal in einer Familie, dann war es fast unmöglich, sie loszuwerden. Sie konnten Generationen hindurch ver schwunden bleiben und dann plötzlich auftauchen, so wie bei ihm. Rezessive Gene hatte sein Vater das genannt.
    Das war nicht gut. Niemand wollte von Sklaven abstam men, schon gar nicht von heidnischen Sklaven aus nordi schen Reichen am Rand der Welt. Seine blauen Augen hat ten seinen Vater, seine Mutter und alle seine Geschwister als nicht ganz rein abgestempelt.
    Seine blauen Augen hatten seine Schwestern auf dem Heiratsmarkt unattraktiv gemacht, und sie hatten dazu ge führt, dass sein Vater mit der Mutter keine Kinder mehr gezeugt hatte. Die Mutter hatte ihn das niemals vergessen lassen.
    Andere hatten das böse blaue Auge am Schlüsselring oder trugen es um den Hals, um sich zu schützen. Wenn jemand versuchte, sie mit dem bösen Blick zu belegen, würde das Abbild bersten, und die böse Kraft würde keinen Schaden mehr anrichten können.
    Er selbst hatte geglaubt, die bösen Augen auch im Kopf zu haben. Als kleiner Junge hatte er eine seiner Kusinen angestarrt. Er hatte ihr Krankheit gewünscht, Verletzungen, den Verlust des niedlichen Kleidchens, in dem sie wie ein Bonbon aussah. Es war ein Test gewesen - wenn er den bösen Blick hätte, würde das kleine Porzellanauge, das sie an einer Kette um den Hals trug, bersten. Es barst nicht, so sehr er sich auch konzentrierte, egal, wie viel Kraft er auch in seinen Blick zu legen versuchte.
    Vielleicht hatte er also doch keinen bösen Blick.
    Seine Eltern sagten, das mit dem bösen Blick sei nur ein Aberglaube. Sie sagten, nur unwissende und ungebildete Menschen glaubten noch daran, aber dann gab es in seiner Umgebung viele unwissende und ungebildete Menschen.
    Nach und nach hatte er dann bemerkt, dass die, die sich fürchten, denen Macht geben, vor denen sie sich fürchten. Er hatte bemerkt, dass Macht über andere Ruhe, Freude schenkt, sogar Genuss.
    Er hatte entdeckt, dass er seine Kumpels bedrohen konn te - wenn sie ihm nicht bei der Klassenarbeit halfen, wür den sie seinen bösen Blick zu spüren bekommen. Wenn sie nicht den Mund hielten, würde der böse Blick sie schmerz haft treffen. Durch den bösen Blick fand er seinen Platz in der Gruppe.
    Später wandte er ihn an, um Geld zu besorgen. Aber Geld war nie das Wichtigste, in seiner Familie mangelte es nicht an Geld. Aber das Geld gab ihm noch mehr Macht, Macht über Frauen, Macht über Männer.
    Jetzt ging es um die äußerste Macht, die über Leben und Tod.
    Er hatte sich für eine Laufbahn als Berufskiller entschie den. Er war stolz auf seine beruflichen Kenntnisse. Er war etwas Besonderes, in einer ganz anderen Kategorie als bei spielsweise Söldner. Die waren nur Militärs, die den Krieg einem anonymen, zivilen Dasein vorzogen, in dem ihre einzige Kompetenz keinen Wert haben würde.
    Söldner bekämpfen Milizen, Armeen, Rebellen oder an dere Gruppen. Er selbst war eher wie ein hoch spezialisier ter Chirurg - er entfernte eine bereits identifizierte Masse aus dem Körper der Gesellschaft, vorsichtig und ohne das sie umgebende Gewebe zu verletzen. Diskret und natürlich teuer. Sehr teuer.
    Er hatte diese Arbeit vom ersten Augenblick an geliebt.
    Jetzt war er auf dem Weg zum nächsten Krankenhaus, und er überlegte zerstreut, was diese Ärzte wohl verbro chen haben mochten. Sie hatten keine Ähnlichkeit mit den Personen, zu denen er sonst geschickt wurde. Die anderen hatten nur selten einen festen Arbeitsplatz, und sie hatten fast immer Leibwächter. Dumme, ehemalige Legofiguren mit dicken Muskeln, aber begrenzter Phantasie. Er hatte am liebsten schwere Aufträge, aber es konnte auch nett sein, et was Einfaches dazwischenzuschieben. Wie jetzt, ausgerech net in Gaberone in Botswana.
    Er widmete sich wieder seiner Zeitung.

Auf dem Revier,

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