Wofür stehst Du?
den vergangenen Jahren so fasziniert wie Jared Diamonds Kollaps . Über 700 Seiten untersucht der amerikanische Biologe und Geograf den Untergang ganzer Gesellschaften im Verlaufder Geschichte, überall auf der Welt, auf der Osterinsel zum Beispiel oder in Grönland. Er kommt zu dem Ergebnis, dass dies fast immer mit dem totalen Verbrauch der lebensnotwendigen Ressourcen zu tun hatte. Die Menschen auf der Osterinsel besaßen also eines Tages kein Fitzelchen Holz mehr, weil sie den Wald komplett abgeholzt hatten, um ihre riesigen steinernen Statuen transportieren und aufrichten zu können. Die Wikinger verhungerten in Grönland, weil sie nicht mehr genug Heu für ihr Vieh herbeischaffen konnten (während die Inuit bis heute auf einer anderen Ernährungsbasis überlebt haben). Die Maya gingen unter, weil sie, verkürzt gesagt, aus ihrem Land heraus die zu stark gewachsene Bevölkerung nicht mehr ernähren konnten. Alle drei Völker waren offensichtlich nicht in der Lage, ihre Notlage rechtzeitig zu erkennen und die in ihren Gesellschaften gültigen Werte den Realitäten anzupassen. Die Wikinger etwa taten einfach nichts, um eine der Region besser angepasste Form der Landwirtschaft zu entwickeln. Fischen und Jagen – das passte nicht zu ihren Wertvorstellungen und ihrem Selbstbild als Bauern.
Andererseits, so Diamond, gab es Gesellschaften, die genau dies schafften, die Japaner im 18. und 19. Jahrhundert zum Beispiel. Sie fanden eine Lösung, ihren nahezu zerstörten Wald wieder aufzuforsten und nachhaltig zu bewirtschaften – anderenfalls gäbe es das Japan unserer Zeit nicht.
Heute, schreibt Diamond, befinde sich sozusagen die ganze Welt in der Lage jener Gesellschaften. Sie müsse erkennen, dass es so nicht weitergehe.
Kollaps ist ein düsteres Buch, weil es die Probleme der Erde, ihren Rohstoffverbrauch, den Wassermangel, die Waldzerstörung, die Boden-Erosion und so weiter schonungslos schildert und gleichzeitig alle immer wieder vorgebrachten bequemen Ausflüchte ebenso rücksichtslos zerpflückt: Ja , viele Vorhersagen von Umweltschützern haben sich als falsch erwiesen, aber rechtfertigen nicht die Milliardenschäden, die sich aus Umweltproblemen ergeben, eine gewisse Anzahl von Fehlalarmen (die wir ja auch bei der Feuerwehr akzeptieren)? Ja , gewiss werden sich viele ökologische Probleme erst auswirken, wenn wir heute Erwachsenen tot sind – aber warum ziehen wir dann Kinder groß, wenn sie in einer Welt leben werden, in der es drunter und drüber geht?
Trotzdem, schreibt der Autor selbst, sei er Optimist. Denn die Welt sei ja dabei, ihre Werte den Realitäten anzupassen, sie habe das immer wieder getan und tue es noch, der Zusammenschluss einst verfeindeter Staaten wie Frankreich und Deutschland mit vielen anderen zur Europäischen Union sei nur ein Beispiel. Und sie sei heute, anders als frühere Gesellschaften, dank der Archäologie, des Fernsehen, des Internets in der Lage, aus den Fehlern früherer Zeiten zu lernen.
Und schließlich, so Diamond, habe der Einzelne auch als Verbraucher nicht zu unterschätzenden Einfluss. Zum Beispiel gingen immer mehr internationale Holzkonzerne zu nachhaltiger Forstwirtschaft über, einfach weil die Nachfrage der Verbraucher nach entsprechend zertifiziertem Holz das Angebot bei Weitem übersteige. Das US-Unternehmen Home Depot , der weltgrößte Einzelhändler für Nutzholz, wirkte wie viele andere Unternehmen bei der Gründung des Forest StewardshipCouncil mit, das sich weltweit für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung einsetzt, indem es ein entsprechendes, für den Konsumenten jederzeit erkennbares Zertifikat vergibt.
Wichtig sei, schreibt Diamond, nicht nur internationale Konzerne für ihr Verhalten anzuprangern, sondern konkret in der Lieferkette Einfluss durch Nachfrage und Kritik auszuüben – der Einfluss eines Handelskonzerns sei ungleich größer, wenn es um umweltschädliche Produkte gehe. Es seien »die Hersteller von Fischprodukten wie Unilever oder Whole Food s daran interessiert, dass ihre Produkte gekauft werden; sie und nicht der einzelne Verbraucher sind diejenigen, die Druck auf die Fischereiindustrien ausüben können. Wal-Mart ist der größte Lebensmitteleinzelhändler der Welt; solche Handelskonzerne können den Bauern ihre Methoden vorschreiben; als Verbraucher sind wir dazu nicht in der Lage, aber wir haben Einfluss auf Wal-Mart .«
Also reiße ich mir aus der Abendzeitung die Seite mit der Liste raus, auf der genau beschrieben steht,
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