Wofuer wir kaempfen
die sowjetische Invasion in Afghanistan oder der Vietnamkrieg. Für die Verlängerung des Mandats bis Januar 2012 stimmten am 28. Januar 2011 in namentlicher Abstimmung 420 Abgeordnete, 116 stimmten dagegen, 43 enthielten sich. Nach Auskunft des Bundesverteidigungsministeriums sind heute über 1005 geschützte Landfahrzeuge, 185 ungeschützte Landfahrzeuge und 96 Luftfahrzeuge der Bundeswehr und 5700 deutsche Soldaten in Afghanistan stationiert. Laut offizieller Berechnungen der Bundesregierung kostet der Einsatz in Afghanistan den Steuerzahler über 1,2 Milliarden Euro jährlich. Forscher am renommierten Institut für Wirtschaftsforschung kommen auf das Dreifache pro Jahr und damit auf 36 Milliarden Euro Ausgaben seit Beginn der Einsätze. Die Kosten für den Tod eines einzelnen deutschen Soldaten für die Gesellschaft berechnen die Forscher mit 2,3 Millionen Euro. Eine reine Kosten-Nutzen-Rechnung.
Unsere Alliierten in der ISAF trauerten an diesem 14. November 2005 um bereits 486 tote Soldaten der ISAF – Tausende Soldaten kehrten wie Tino schwer verletzt und für immer gezeichnet in ihre Heimat zurück.
2010 war das bisher blutigste Jahr in der Geschichte dieses Kriegs. Eine Bilanz des afghanischen Innenministeriums nennt die Zahl von 10 000 Opfern, darunter 2500 Zivilisten, die bei Attentaten der Rebellen oder bei Militäreinsätzen getötet wurden. Die ISAF beklagte allein 2010 insgesamt 711 getötete Soldaten, darunter neun deutsche Kameraden.
Letzter Abschied
1600 Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF im Camp Warehouse verabschiedeten den Sarg mit Armin Franz, ihr Kommandeur Hans-Christoph Ammon sagte in der Trauerrede:
»Die ISAF steht für Hoffnung und Zuversicht für dieses geschundene Land. Wir werden den Attentätern, Mördern und Hasspredigern nicht weichen. Wir bieten den hasserfüllten Eiferern trotzig die Stirn und lassen sie wissen: Jetzt erst recht!«
Am 21. November 2005, fünf Tage nach dem Anschlag, wurde Armin Franz in seinem fränkischen Heimatort Redwitz an der Rodach mit militärischen Ehren beigesetzt. Stefan Deuschl und Tino lagen noch immer im künstlichen Koma.
Abends in den Nachrichten kam eine kurze, lapidare Nachricht mit ein paar Bildern. Ansonsten blieb es seltsam ruhig in der Öffentlichkeit, es herrschte eine fast gleichgültig scheinende Stimmung. Das war es also mit dem Menschen Armin Franz. Hatte man sich schon an die Schrecken gewöhnt? Wollte man nichts mehr wissen von den Trauerfeiern für getötete deutsche Soldaten?
Was wissen wir über Armin Franz, der mit Tino im Auto saß, als die Bombe hochging? Franz hinterließ keine Familie – er war nicht verheiratet und kinderlos. Seine Eltern sind früh verstorben. Der ideale Soldat. Keine Familie. Keine weinende Ehefrau. Keine Kinder, die ohne Vater aufwachsen müssen. Keine Anträge für Hinterbliebenenversorgung. Die Öffentlichkeit hat Armin Franz schnell vergessen und geht zum Tagesgeschäft über. Und so bleiben oft nur die Trauerreden der Militärgeistlichen, die langsam in den Archiven vergilben werden, bis sich vielleicht nach Jahren oder sogar Jahrzehnten mal wieder jemand dafür interessiert, wer Oberstleutnant Armin Franz war.
Armin Franz war 44 Jahre alt, als er von der Bombe eines Attentäters zerrissen wurde, nicht »im Kampf gefallen« – eine Formulierung, die erst Verteidigungsminister zu Guttenberg einführte –, sondern »einsatzbedingt verstorben«, wie es in der Sprache der Bundeswehr damals noch hieß. Nach einem Gesetz,
das der Bundeswehrverband erstritten hat, erhalten die Hinterbliebenen seit 2002 eine Entschädigung von 60 000 Euro pro Opfer, ohne sich langen bürokratischen Prozeduren unterziehen zu müssen. 60 000 Euro für das Leben eines Soldaten.
Sieben Jahre vor dem Anschlag hatte auch Armin Franz wie wir alle sein Testament gemacht. Und es wirft ein besonderes Licht auf diesen Menschen, wen er als seinen Erben eingesetzt hatte. Es ist nur ein kurzer Nachruf auf Seite 6 im Jahresrundbrief 2007 der Umweltstiftung Greenpeace. Dort steht: »Fast sieben Jahre zuvor hatte Armin Franz einen Notar in Kronach beauftragt, sein Testament aufzusetzen. Als Alleinerben benannte der unverheiratete und kinderlose Angestellte die Umweltstiftung Greenpeace. Er verfügte, dass das hinterlassene Vermögen in Höhe von rund 230 000 Euro dazu dienen soll, umweltschonende Techniken zu fördern.«
Die Zuwendung eines Soldaten, so heißt es weiter im Rundbrief mit deutlichem Erstaunen, habe sie, so
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