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Wofuer wir kaempfen

Wofuer wir kaempfen

Titel: Wofuer wir kaempfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tino Kaeßner , Antje Kaeßner
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ISAF-Kommandoebene und den deutschen Kommandeur im Camp Warehouse weitergegeben worden war. Die dortigen Sicherheitsbeamten des BKA dagegen seien vor einem drohenden Anschlag auf den deutschen Botschafter gewarnt worden. Selbst ohne diese täglichen Warnungen waren die Feldjäger mit ihrem gepanzerten Spezialfahrzeug ein auffälliges Ziel. Den ganzen Tag über waren Tino und Stefan mit VIP-Schutzpersonen durch Kabul gefahren, am Morgen zur Amani-Schule bei der deutschen Botschaft und danach zur Abholung des Kommodores von Termez vom Kabul International Airport. Das deutsche Lager im Camp Warehouse stand unter ständiger Beobachtung der Taliban-Spitzel. Die Autos der Feldjäger mussten bekannt sein – auch, dass sie meist wichtige Persönlichkeiten transportierten.
    Der Zwischenfall
    Am Freitag, zwei Tage vor dem Anschlag, hatte es einen Zwischenfall gegeben, der die Männer des Personenschutzkommandos in höchste Alarmbereitschaft versetzt hatte. Lange nach dem Erwachen aus dem Koma erinnerte sich Tino an die Ereignisse, und er fragt sich noch heute, ob sein Team nicht damals schon dem Attentäter begegnet war: »Am Freitagabend waren wir nach einem Besuchstermin mit drei Wolf auf der Rückfahrt ins Lager. Unser VIP war ein hochgestellter deutscher
General, den wir seit dem Nachmittag zu seinen Terminen in Kabul und beim US-Headquarter gefahren hatten. Es war schon spätabends und wir waren in schneller Fahrt Richtung Lager unterwegs, als plötzlich ein anthrazitfarbener Toyota-Geländewagen aus einer Seitenstraße kam und sich ans Ende unserer Kolonne setzte. Er versuchte, mit aggressivem Hupen und dichtem Auffahren zu überholen und sich in die Mitte unserer Kolonne zu setzen. In solchen Fällen schert ein Sicherungsfahrzeug nach links aus und wir fahren versetzt, um das Überholmanöver zu blockieren. Meist verstehen die Einheimischen diese Warnung und drehen ab. Doch dieser Fahrer dachte nicht daran. Da links kein Durchkommen war, brach er nach rechts aus und versuchte über den Randstreifen zu überholen. Ein Toyota ohne Kennzeichen, der in eine geschlossene Militärkolonne drängt, das ist eine klassische Gefährdungssituation. In den nächsten Minuten entwickelte sich eine wilde Verfolgungsjagd, der Toyota rechts im Feld und wir auf der Straße. Es sprach viel dafür, dass von diesem Fahrzeug eine ernste Gefahr ausging, weil der Fahrer trotz deutlicher Zeichen sein Überholmanöver nicht abbrach. Er versuchte weiter, sich in die Kolonne hineinzudrängen – genau dort, wo die Zündung eines Sprengsatzes den größten Schaden angerichtet hätte. Wir standen unter großer Anspannung. Die Scheiben herunterkurbeln und mit der Waffe drohen oder gar schießen ging nicht – wegen seiner Panzerscheiben kann man im Wolf nur die Türen öffnen. Schießscharten, wie von den Soldaten in Afghanistan immer wieder gefordert, hatte der Wolf keine. Stefan hätte den beiden anderen Begleitfahrzeugen den Befehl geben können, den Fahrer mit Waffengewalt zu stellen. Eine solche Festnahme wäre ebenfalls lebensgefährlich gewesen, weil sich ein Attentäter bei Annäherung an sein Fahrzeug in die Luft hätte sprengen können. Zudem hätte Stefan mit dem General ohne Begleitschutz allein ins Lager zurückfahren
müssen – und keiner wusste, ob das gerade die Falle war und an der nächsten Ecke ein Hinterhalt auf uns gewartet hätte. Das sind alles die Szenarien, die man bei solchen unerwarteten Ereignissen in Sekundenschnelle durchgeht, um Entscheidungen zu treffen und Befehle zu geben, die über Leben und Tod entscheiden können. Das geht so schnell und man ist so mit Fahren, der Lageeinschätzung und dem Funkverkehr mit dem Team beschäftigt, dass wir noch nicht einmal Zeit hatten, Unterstützung anzufordern. Die Befehle, die über Funk von Stefan kamen, waren kurz und präzise. ›Tino, block ihn ab! Werner, er kommt, mach hinten zu!‹ Es gilt ständig, alle Eindrücke aufzunehmen, permanent die sich verändernde Lage einzuschätzen, den Überblick zu behalten – andererseits aber auch in Sekunden den Einsatz koordinieren. Wir haben uns auf nichts eingelassen und sind mit Vollgas ins Lager gefahren. In solchen Momenten greift die Vorschrift, dass der zu schützende VIP die höchste Priorität hat und jedem Konflikt zunächst durch erhöhte Fahrgeschwindigkeit aus dem Weg zu gehen ist. Der Toyota hat uns weiter verfolgt und ist erst abgedreht, als wir in den gesicherten Torbereich gekommen sind. Dass wir einen General als VIP

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