Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Woge der Begierde

Woge der Begierde

Titel: Woge der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirlee Busbee
Vom Netzwerk:
Kontakt zu kommen.
    In den Kerzenhaltern an den Wänden konnte man Stummel von Talgkerzen ausmachen; ein einzelnes Bett aus Holz war an eine Wand geschoben worden, auf der dünnen Strohmatratze lag ein Knäuel aus Decken. Neben dem Bett befand sich ein schmaler Tisch; eine halb heruntergebrannte Kerze in einem Messingkerzenständer stand darauf. An einer anderen Stelle gab es auch einen alten Schrank; eine Untersuchung des Inhaltes brachte eine spärliche Garderobe zum Vorschein, die aber von guter Qualität war. Auf
der anderen Seite der Kammer sahen sie eine Tür, daneben ein Regal mit einer Tonschüssel und einem Krug, einen schmutzigen Zinnteller und ein paar anderen Gegenständen. Unweit davon gab es einen verkratzten Tisch mit zwei Stühlen. Die Tischplatte war voller Krümel, nicht näher bestimmbaren Überresten von Essen und halbleeren Flaschen Brandy und Portwein.
    Charles verzog angewidert die Lippen, als er sich umschaute und fragte, wie sein verwöhnter Bruder mit seiner Vorliebe für gutes Essen, Wein und modische Kleidung, seiner Liebe für edle Pferde so tief hatte sinken können. Hatte er sich wegen Sophies Schmuck geirrt? War Raoul mit nichts als den Kleidern, die er am Leib trug, entkommen? Hatte er seitdem die ganze Zeit von der Hand in den Mund leben müssen? Er schüttelte den Kopf. Sicherlich hätte der Verkauf von Sophies Juwelen mehr als genug Geld erbracht, damit er bequem und nicht in diesem Elend leben konnte. Oder irrten sie? Gehörten diese paar Habseligkeiten und die Fußspuren einem Landstreicher?
    Charles untersuchte vorsichtig die Kleidungsstücke im Schrank. Plötzlich fiel etwas mit einem leisen Klirren aus den Taschen eines Mantels mit mehreren Schulterkrägen, den er gerade abgetastet hatte, und landete nicht weit von seinem Schuh auf den Steinen. Mit seinem weißen Leinentaschentuch hob er es auf und hielt es in das schwache Licht seiner Laterne. Ihm stockte der Atem, als er den Gegenstand wiedererkannte: ein mit Diamanten und Smaragden besetztes Halsband, das Sophie oft getragen hatte.
    Julian stellte sich neben ihn und starrte auf das glitzernde Schmuckstück in Charles’ Hand. Mit harter Stimme sagte er: »Wenn wir einen weiteren Beweis gebraucht hätten, dass Raoul am Leben ist und diesen Ort hier als Versteck nutzt,
dann liefern ihn uns diese hübschen kleinen Klunker. Das hier ist ein einmaliges Stück, an das ich mich gut erinnere, und das ich oft an deiner Stiefmutter gesehen habe.«
    Sie durchsuchten den Raum noch weiter, fanden aber nichts Besonderes. Das Halsband ließ Charles weiter in sein Taschentuch gewickelt, reichte es aber Daphne, und sie steckte es sich in die tiefe Rocktasche ihres dunkelblauen Kaschmirkleides, damit sie es nicht verlor. Das Gewicht war wie eine Mahnung an Raouls Gegenwart und Sophies Hinterlist.
    Als sie zu der Tür an der anderen Seite des Zimmers kamen, zog Charles sie auf. Wieder lag eine Treppe vor ihnen, und der Geruch von Blut und Tod und dem Bösen an sich schlug ihnen entgegen wie Londoner Abwasser aus einem von einem Unwetter übergelaufenen Abfluss. Voller Zorn und Angst vor dem, was sie gleich finden würden, ging er rasch die Stufen hinunter.
    Sie endeten in einem großen Gewölbe. An den rußgeschwärzten Wänden hingen schwere Handschellen aus Eisen, und niemand von ihnen musste in die vier Zellen blicken, um zu wissen, dass sie im Kerker von Beaumont Place standen. Eine riesige Feuerstelle war am anderen Ende des langgestreckten Raumes; eine Ansammlung verschiedener Instrumente, deren hässlicher Zweck keiner weiteren Erklärung bedurfte, lag achtlos auf dem Rost. Ein Reisigbündel stand nicht weit daneben.
    In diesem Kerker gab es keinen Abfluss und auch keine blutverschmierte Steinbank, auf der namenlose Frauen gestorben waren, um ihr Leben flehend, schreiend. Es gab jedoch einen alten Holzblock, der kürzlich erst ausgebessert worden war, wie die hellen Stellen in dem dunkleren Holz und Metall bewiesen. Noch besorgniserregender allerdings
waren die Blutflecke auf dem Boden, von denen einige unmöglich schon mehrere Jahrhunderte alt sein konnten. Charles ging in die Hocke, um sie sich genauer anzusehen. Sie waren nicht frisch, aber auch nicht wirklich alt. Er erhob sich und sah zu Julian und Marcus, nickte knapp. Sie hatten die Höhle des Ungeheuers entdeckt.
    Es wurde nicht viel gesprochen, während sie durch den Kerker gingen. Es war schwierig zu erkennen, was hier vielleicht schon seit Ewigkeiten vor sich hinmoderte und

Weitere Kostenlose Bücher