Woge der Begierde
stimmt es tatsächlich«, bekräftigte Daphne.
»Nun, ich bin froh, dass das geklärt ist«, sagte Adrian und stand auf. »Um wie viel Uhr seid ihr am Freitag verabredet?«
»Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich um zwei Uhr zu ihrem Häuschen komme.«
Adrian verkniff sich ein Gähnen. »Ich werde mein Pferd und die Kutsche rechtzeitig holen lassen. Aber jetzt muss ich ins Bett.«
»So früh?«, rief Daphne, der plötzlich die dunklen Ringe um seine Augen auffielen.
Adrian gähnte wieder. »In letzter Zeit schlafe ich teuflisch schlecht. Es scheint, dass der Wind ausgerechnet um meine Ecke des Hauses so scharf pfeift, dass es schrecklich laut ist. Manchmal ist es so schlimm, dass ich davon aufwache.« Er machte eine Pause, und Falten erschienen auf seiner Stirn. »Seltsam ist nur, dass ich schwören könnte, manchmal über den Wind hinweg das Weinen eines Kindes
oder vielleicht auch einer Frau zu hören. Es ist ein furchtbares Geräusch, wirklich.«
»Ach, du hörst es auch?«, fragte April mit großen Augen. »Ich hasse das. Die ersten paar Male, als mich das Geräusch geweckt hat, hatte ich furchtbare Angst. Ich bin sogar aus dem Bett gestiegen und habe Kerzen angezündet und mein Zimmer durchsucht, aber ich habe nichts finden können.«
Ihr Herz schlug schwer und schmerzlich in ihrer Brust, als Daphne fragte: »Warum hat denn keiner von euch beiden etwas zu mir gesagt? Wenn der Laut von … der Wind so stört, könnt ihr doch andere Zimmer bekommen - das Haus ist sicher groß genug.«
Adrian lächelte schläfrig. »Was? Meine großartigen Zimmer aufgeben? Ich glaube nicht. Ich bin kein Baby, das vor Windgeräuschen flieht.«
»Und ich auch nicht«, erklärte April fest, obwohl in ihrer Stimme ein leises Beben zu hören war. »Es ist nur der Wind. Er kann uns nichts tun.«
Daphne rang sich ein Lächeln ab. »Natürlich kann er das nicht.«
Miss Kettle schnaubte. »Und du nimmst sie mit auf einen Besuch bei einer Hexe, um wer weiß wie furchtbare Geschichten zu hören über die ehemaligen Bewohner dieses Hauses. Merk dir, was ich sage, Miss Daphne, wenn du an diesem verrückten Plan festhältst, wird Miss April jede Nacht schreiend aufwachen, weil sie Gespenster sieht. Und das wird alles deine Schuld sein.«
»Ach, schimpf nicht, Ketty«, sagte Daphne. »Ich bin sicher, alles wird gut.«
Miss Kettle war anderer Meinung, sodass Mr. Weston am nächsten Morgen ein von ihr verfasster Brief ausgehändigt
wurde, der ihn davon unterrichtete, dass Miss Daphne sich einfach nicht davon abbringen lassen wollte, ihre Geschwister und sich selbst der schwarzen Magie einer Hexe auszusetzen. Es war Miss Kettle nicht leichtgefallen, diesen Brief zu schreiben, und es hatte ihr viel Kopfzerbrechen bereitet, ob sie ihn abschicken sollte. Sie war zu dem Entschluss gekommen, dass ihr keine andere Wahl blieb, wenn sie Miss Daphne vor sich selbst und Miss April und Sir Adrian vor einem gefährlichen Einfluss retten wollte. So kam es, dass sie den Brief schweren Herzens absandte. Während sie dem Lakaien nachschaute, der in Richtung Lanyon Hall davonritt, war sie hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl, ihre liebe Miss Daphne hintergangen zu haben, und der ernsten Entschlossenheit, ihre drei Unschuldslämmchen alle vor dem schädlichen Einfluss der Nähe zu einer Hexe zu beschützen.
Charles las Miss Kettles Brief und zog angesichts dessen, was er hier erfuhr, die Brauen hoch. Daphne nahm ihren Bruder und ihre Schwester am Freitag mit auf einen Besuch bei der Hexe der Gegend? Eine Hexe, die zudem zufällig Goodsons Schwester war? Und er sollte die liebe Miss Daphne von diesem unüberlegten Vorhaben abhalten? Miss Daphne würde ihm viel eher den Kopf abreißen, sollte er es wagen, sich da einzumischen, wusste Charles, ohne lange nachdenken zu müssen. Wenn er dumm genug war, sich in Daphnes Pläne einzumischen, würde sie höchstens noch entschlossener werden, diese Hexe zu besuchen, und wenn auch aus keinem anderen Grund, als ihm eins auszuwischen. Er schüttelte den Kopf, und ein leises Lächeln kräuselte seine schön geschnittenen Lippen. Wie es schien, hatte Miss Kettle großes Vertrauen in seine Fähigkeit, seine Braut im Zaum zu halten. Offensichtlich mehr als er selbst.
Nicht sicher, wie er sich am besten verhalten sollte und von Neugier geplagt, weshalb Daphne den Wunsch verspürte, eine Hexe aufzusuchen, befahl er, sein Pferd satteln zu lassen. Eine Weile später ritt er die Auffahrt zu Beaumont Place
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