Wogen der Leidenschaft - Roman
finden kann«, sagte sie leise und bestimmt.
» Entschlossen und richtig agieren, darauf kommt es an. Mikey, du kannst das.«
» Aber du hast es schon gemacht, Nem. Könntest du nicht so lange übernehmen, bis wir landen?«
» Das ist für dich die ultimative Chance, Mikey.«
» Das ist nicht der Zeitpunkt für eine Lektion!«
» Such dir eine Stelle, Mikey. Die Sonne wird gleich untergehen. Und ich blute.«
Mit zusammengebissenen Zähnen beugte er sich vor und blickte aus dem Fenster.
» Ich weiß gar nicht, warum ich Angst habe. Wenn wir gut landen, wird uns Dad ohnehin umbringen, sobald er zurückkommt.« Er flog eine Rechtskurve.
» Hier, Nem. Was hältst du von diesen Bäumen?«
» Wir sollten die Wasserflugzeug-Basis anfunken und Lichtzeichen geben, damit man weiß, dass wir Probleme haben.«
Fast ging er im Steilflug über der Basis in der Bucht nieder.
Emma spähte aus Mikeys Fenster hinaus. Aus ihrem eigenen konnte sie nichts sehen. Es war mit Sprüngen überzogen und wies in Schulterhöhe ein kleines Loch auf. Sie flogen tief über der Wasserflugzeug-Basis dahin, und Emma sah einige Männer zu ihnen in die Höhe blicken.
» Sie sehen uns. Jetzt runter, Mikey.«
» Bist du sicher, dass eine Wasserlandung nicht besser wäre? Hier ist gleich Hilfe bei der Hand. Man kann uns rasch herausholen.«
Sie schüttelte den Kopf und schloss die Augen, als eine Schmerzwoge ihren Arm durchzuckte.
» Das Wasser ist tückisch.«
» Auf geht’s!«
Er brachte sie für einen Landeanflug über einer jungen Fichtenschonung in Position, als hätte er eine Landebahn unter sich. Dann fuhr er die Landeklappen aus, worauf die Maschine reagierte, als hätte er die Bremsen gezogen. Ihre Rucksäcke verrutschten auf dem Rücksitz, und in Emmas Arm hämmerte es, als er gegen die Tür stieß und sie ein Stöhnen verschluckte.
» Einfach runter, Mikey.« Ihr Ton war ruhig, fast einschmeichelnd.
» Nimm das Gas raus. So ist es gut. Ganz ruhig. Es ist wie eine butterweiche Wasserlandung. Steuere die Maschine in die Bäume. Nase hoch, Mikey, fast bis zum Strömungsabriss. Recht so. Geschafft.«
Zuerst war es wie eine Landung auf einem großen Wattebausch, als die Schwimmer leicht über die Wipfel streiften. Als sie noch langsamer wurden und tiefer gingen, wurde das weiche Kissen dichter. Und härter. Wipfel knickten unter dem plötzlichen Ansturm, dann ging ein Beben durch die Maschine.
» Nase hoch, Mikey! Hoch!«
Die Maschine winselte schrill und protestierend. Die Überziehwarnung heulte. Die Schwimmer stießen an die dickeren Stämme, die Cessna geriet stark ins Schwanken, als Metall an Holz geriet. Das Geräusch aufgerissenen Aluminiums und einknickender Bäume war ohrenbetäubend. Ein Ast vollendete die Zerstörung des Fensters neben ihr, und ihr Körper wurde fast unerträglich in die Gurte gedrückt.
Es dauerte nur Sekunden.
Schließlich landeten sie mit den Köpfen nach unten.
Michael löste seinen Gürtel als Erster und schlug sich den Kopf an, als er gegen die Decke prallte. Er richtete sich auf und öffnete vorsichtig Emmas Gürtel. Dann nahm er sie in die Arme und ließ sie zu Boden gleiten. Er stieß mit dem Fuß seine Tür auf und zog sie hinaus, so behutsam wie ein Vater, der sein Kind zum ersten Mal in den Armen hält.
Emma lachte und lobte ihn und heulte die ganze Zeit über wie ein Baby. Er zog sie in sichere Entfernung von der Maschine und lehnte sie an eine der lebensrettenden Fichten, um sie zu untersuchen. Es fehlte nicht viel, und er hätte ihre Finger und Zehen gezählt. Dann zog er sein Hemd aus und hielt es an ihre Schulter.
» Du bist eine einzige große Katastrophe, Nemmy.« Er warf einen Blick zurück zum Flugzeug, dann sah er wieder sie an und grinste wie ein betrunkener Idiot.
» Aber wir haben es geschafft! Wir haben meinen ersten offiziellen Absturz überlebt!«
» Eine so geschickte Bruchlandung gelingt nicht vielen, Mikey. Gut gemacht, mein Großer. Heute hast du dir die Schwingen verdient.«
Seine Euphorie war wie weggeblasen.
» Jetzt heißt es nur noch Dad unter die Augen treten.«
Emma lächelte.
» Das bedeutet, dass du dir als Nächstes deine Sporen als Sohn verdienen kannst– weil du derjenige bist, der es ihm beibringt«, sagte sie, ehe es schwarz um sie wurde.
15
B en stand vor dem Zimmer in dem kleinen Landkrankenhaus, noch nicht bereit, sich dem zu stellen, was er drinnen antreffen würde. Erst wenn seine Hände nicht mehr zitterten. Erst wenn er sicher sein
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