Wogen der Liebe
ist kein großer Kämpfer.«
Viviane schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein, du darfst dich darauf nicht einlassen. Er wird nicht ehrlich kämpfen.«
Er blickte ihr tief in die Augen. »Es bleibt mir gar nichts anderes übrig, wenn ich Gerechtigkeit will. Gunnardviga hat recht, gegen Ragnvald haben wir keine Chance. Meine Männer sind müde von der Fahrt. Ich weiß, sie würden kämpfen und fürchten nicht den Tod, aber Ragnvald wäre uns überlegen. Er besitzt dreimal so viele Männer, zudem bessere Waffen. Wir müssten erst wieder Schwerter und Schilde, Speere und Messer herstellen. Das schaffen wir nicht. Ich will unnötiges Blutvergießen vermeiden. Es sind schon zu viele gestorben.«
»Wann soll es geschehen?«, fragte sie leise.
»Zum nächsten Vollmond auf dem Thingplatz.«
Schweigend trennten sie sich. Thoralf arbeitete weiter wie besessen am Aufbau der Holzburg. Er ließ eine Wachbrücke über dem Tor errichten, während Oleif mit Yngvars Hilfe das Schmiedefeuer in Gang brachte. Er wollte neue Torangeln schmieden.
Viviane konnte sich nur schwer auf ihre Arbeit konzentrieren. Nicht nur, weil Thoralfs Schwestern wieder da waren. Sie wünschte beiden nichts Böses, aber Dalla konnte sich nicht darüber beruhigen, dass Viviane noch am Leben war und zudem Thoralfs Braut. Sie weigerte sich, mit Viviane unter einem Dach zu schlafen, und weder Astrids Vermittlungsversuche noch Thoralfs entschiedener Befehl, dass Viviane im Herrenhaus bleiben werde, änderten etwas an Dallas Haltung.
»Sie ist doch daran schuld, dass alles so gekommen ist«, behauptete sie steif und fest. Die Schmach, als Sklavin bei Gunnardviga gearbeitet zu haben, konnte sie nicht verwinden. Irgendwie verstand Viviane sie, doch Dallas Keifen war unerträglich.
»Lass es gut sein«, sagte sie zu Thoralf. »Ich ziehe einstweilen zum Gesinde. Raudaborsti wird sich freuen.«
»Ich nicht«, gab Thoralf knurrend zurück. »Ich dulde es nicht, dass meinen Befehlen nicht Folge geleistet wird. Dalla hat sich zu fügen, ob es ihr passt oder nicht. Es muss nun mal eine gewisse Ordnung herrschen, Ragnarök, der Kampf der Götter mit den Riesen beim Weltuntergang, kommt später.«
Viviane fand jedoch, dass es klüger war, Streitereien aus dem Weg zu gehen. Sie traute Dalla nicht. Wer wusste schon, ob sie in Rage nicht wieder zum Messer greifen würde. Halveig war bedeutend sanfter, lächelte Viviane sogar ab und zu freundlich an und war bestrebt, nicht Thoralfs Unwillen herauszufordern. Thoralf hatte gedroht, sie an die nächstbesten freien Männer zu verheiraten, wenn sie nicht endlich Frieden gäben. Und da sie keine Aussteuer besaßen, waren es auch arme Männer. Welch eine Schande!
Zudem hoffte Viviane, nachts besser schlafen zu können, wenn sie sich nicht in Thoralfs Nähe befand. Noch immer wäre sie am liebsten auf die andere Seite des Vorhangs gekrochen, um bei Thoralf liegen zu können. Doch nun passten nicht nur Astrid, sondern auch die beiden Schwestern mit Adleraugen auf sie auf.
Viviane half Astrid beim Nähen neuer Kleidung, ging Truud zur Hand beim Kochen der Fleischbrühe, lobte Raudaborsti für ihre gesammelten Vogeleier und suchte immer wieder einen Grund, um zur Schmiede zu gelangen. Noch wusste niemand, wer sie wirklich war, außer Raudaborsti. Und die hielt ihr gefährliches Wissen geheim. Aber was war gefährlich daran, wenn alle erfuhren, dass sie die Tochter eines Schmieds war? Jetzt war sie frei. Doch was nützte es auf der anderen Seite? Oleif brauchte ihre Hilfe sicher nicht.
Als sie das Zischen des Blasebalgs vernahm, das erste Eisen im Feuer erglühte und die Hammerschläge wie Musik erklangen, hielt sie es nicht mehr aus. Sie lief zur Schmiede und gesellte sich zu den Männern, die im Kreis standen und Oleifs Schläge mit begeisterten Rufen anfeuerten. Oleifs Gesicht war gerötet, glänzte von Schweiß und strahlte vor Stolz. Er warf Viviane immer wieder flackernde Blicke zu. Als er die erste Torangel ins zischende Wasser tauchte, fühlte auch sie Stolz. Die Schmiede, das Herzstück jeder festen Burg, funktionierte wieder. Und in Oleif besaßen sie einen fähigen Schmied.
»Toll, der Junge, was?« Raudaborsti hüpfte begeistert um Viviane herum. »Man könnte sich glatt in ihn verlieben.«
»Hast du dich etwa in ihn verliebt?«, wollte Viviane wissen.
»Nö, ich meine nur …« Raudaborstis knallrotes Gesicht strafte sie Lügen. »Außerdem ist er in dich verliebt. Da kann man nichts machen.«
»Wenn du dir
Weitere Kostenlose Bücher