Wogen der Liebe
Stein.
Alle beugten sich staunend darüber. »Was ist das?«
Viviane legte ihn in Oleifs Hände. Ehrfürchtig hielt er ihn fest und betrachtete ihn im Licht der Fackeln von allen Seiten. »Das ist … Nein, ich will es nicht glauben … Das ist ein Eisenstein aus dem Himmel. Mein Meister hat mir davon erzählt, aber ich wollte nicht glauben, dass es so etwas wirklich gibt. Schau, diese grauen Stellen, darin ist noch ein zweites Metall enthalten. Dieser Stein besitzt Zauberkräfte.« Schnell legte er ihn in Vivianes Hände zurück, als fürchtete er sich davor. »Das kann ich nicht.«
»Das brauchst du auch nicht. Du sollst mir helfen. Ich werde das Schwert schmieden.«
Ein Raunen ging durch die Menge der Umstehenden. »Das ist Zauberei!« – »Sie ist eine Hexe!« – »Eine Frau kann das niemals!« – »Loki hat ihren Geist verwirrt!«
Thoralfs Augen fixierten Viviane, sein Mienenspiel verriet Skepsis und eine große Frage. »Viviane, wer bist du?«
Ein Lächeln spielte um Vivianes Lippen. »Du hast mich nie danach gefragt, und ich hielt es nicht für wichtig. Erinnerst du dich an meine Insel, an mein Dorf? Ich bin die Tochter des Schmieds.«
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Der letzte Kampf
E s war dunkel, nur das Schmiedefeuer bildete eine rot glühende Insel in der Nacht. Als Oleif den Blasebalg betätigte, leuchtete es hell auf. »Zu viel«, rief Viviane. »Mehr mit Gefühl!« Zum Glück für Oleif konnte sie nicht sehen, wie er errötete.
»Es darf kein Licht auf das glühende Eisen fallen, damit ich an der Farbe des Metalls sehen kann, ob es die richtige Hitze hat.« Sie richtete sich kurz auf. In ihrem schweißglänzenden Gesicht spiegelte sich das Feuer. Sie hatte sich zum Schutz altes Leder um den Körper gebunden.
»Wenn es zu heiß wird, verzundert das Eisen und bildet eine Ockerkruste«, erklärte sie ihm. »Du siehst, es ist keine Zauberei.«
Oleif nickte stumm. Er war gleichzeitig verwirrt und begeistert. Sie hatte gesagt, allein könne sie es nicht bewältigen. Er war begierig darauf, ihr zu helfen, obwohl er sich fürchtete. So hatte er Viviane noch nie erlebt. Er spürte, dass ihr eigentlich die Kraft fehlte, um den schweren Schmiedehammer zu schwingen, und doch arbeitete sie mit zusammengepressten Lippen. Sie hatte den Eisenstein zum Schmelzen gebracht und in eine aus Sand gefertigte Rohlingsform fließen lassen. Nun wurde dieses Eisenpaket erhitzt, bis es glühte. Mit gleichmäßigen Hammerschlägen klopfte Viviane die längliche Eisenplatte dünn. Dann teilte sie sie in Längsrichtung. Die beiden Hälften legte sie sorgsam aufeinander. Sie gab Oleif kurze Anweisungen, wie er die Zange zu halten hatte. »Das ist eine Faltung. Die muss man ganz vorsichtig legen.«
Dann erhitzte sie einen Eisenrohling, den Thoralf mitgebracht hatte.
»Das Metall aus dem Himmelsstein ist weiches Eisen«, erklärte sie. »Dieser Rohling hier besteht aus hartem Eisen. Beides einzeln taugt nicht viel. Weiches Eisen verbiegt und wird schartig im Kampf, hartes Eisen ist spröde und kann brechen. Beides zusammen aber ergibt einen wunderbaren Stahl, der allen anderen überlegen ist.«
Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn und hinterließ einen dicken schwarzen Streifen. »Jetzt werden jeweils die harten und die weichen Eisenpakete aufeinandergeschmiedet.«
Das metallische Hämmern klang durch die Nacht.
Oleif hatte schnell begriffen. Viviane schmiedete eine Faltung weiches Eisen auf eine Faltung hartes Eisen. Die Kunst war, dass sich beide Faltungen verbanden. Dazu musste Viviane sehr stark schlagen.
Ungläubig stand Thoralf daneben, konnte nicht begreifen, was er dort sah. Sie schien übermenschliche Kräfte zu besitzen. Unverdrossen arbeitete sie weiter, benetzte den Amboss mit Wasser. Bei jedem Schlag spritzte das erhitzte Wasser auf und bildete eine dünne Schutzschicht zwischen Amboss und Schwert. Sie schmiedete die Klinge breit und flach aus.
Oleif staunte. Besser hätte es sein Meister auch nicht fertigen können. Nein, er hätte es nie so gut schmieden können wie Viviane. Und doch glaubte er, dass Zauberei im Spiel war. Dieser seltsame Stein aus dem Himmel schien magische Kräfte zu besitzen.
Immer wieder faltete Viviane eine neue Lage, schmiedete sie aneinander. Abkühlen, erhitzen, schlagen, abkühlen, erhitzen, schlagen. Sie arbeitete, bis der Morgen graute. Dann ließ sie entkräftet den Hammer fallen.
»Keiner darf die Klinge berühren«, mahnte sie. Oleif legte sie vorsichtig in den
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